Verdacht auf Mord
in der Hand dazustehen und auf ihre Aufmerksamkeit zu warten.
Sie saß an ihrem Schreibtisch und richtete sich nicht einmal auf, wenn er eintrat. Eine sehr beschäftigte Frau, die alle Hände voll zu tun hatte.
Er hatte immer versucht, den Frauen im Dezernat, Louise Jasinski und Erika Ljung, Rückhalt zu bieten. Und das war der Dank! Ljung verhielt sich weiterhin unauffällig, aber sie war auch noch recht neu. Aber Jasinski! Sie hatte zweifellos seine Abwesenheit genutzt, um ihr Revier zu vergrößern.
Er saß im Auto und wurde immer aufgebrachter. Eine ideale Methode, das Unbehagen zu vertreiben, das er der ihm bevorstehenden, schweren Aufgabe gegenüber empfand. Aber er brauchte schließlich nur abzuwarten. Sich mit ihr anzulegen war unter seiner Würde. Wahrscheinlich war ihm wohler, sobald er nicht mehr auf ihr Entgegenkommen angewiesen war, darauf, dass sie ihn weiterhin als Chef vertrat, bis er wieder voll arbeiten konnte.
Ohne nachdenken zu müssen, fuhr er Richtung Kolberga. Er kannte die Strecke wie im Schlaf. Seine Gedanken waren mit anderem beschäftigt.
Nina Bodén, dachte er. Er prägte sich den Namen ein, um einen Versprecher zu vermeiden. Bald würde sie Klarheit haben. Sie würde bald zumindest Gewissheit haben und alle Mutmaßungen hinter sich lassen können. Das würde nicht einfach sein.
Sie wohnte in seiner Straße, nur fünf Häuser von dem Einfamilienhaus entfernt, das er zusammen mit Veronika vor zwei Jahren gekauft hatte. Sie hatten es nicht bereut, jedenfalls nicht er, obwohl es teuer gewesen war und es einiges zu renovieren gegeben hatte. Bei pittoresken Holzhäusern mit Sprossenfenstern und Erkern war das häufig so.
Anschließend würde er Klara abholen und bei ICA einkaufen. Zu Hause wartete immer noch der ungemähte Rasen, der sicher wieder ein paar Millimeter gewachsen war. Solange er mit Klara allein war, konnte er ihn nicht mähen. Klara verlangte volle Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich musste er bald die Sense benutzen.
Die Begegnung, die ihm bevorstand, war schlimmer als die mit Louise Jasinski, die eigentlich eher wie ein kleines Kind wirkte, das sein Schmollen auskostete, bis es ihm verleidet war.
Glücklicherweise rief noch Veronika an, ehe er von der Ausfallstraße nach Kolberga abbog. Wenigstens eine fröhliche Stimme heute, dachte er. Es ging aufwärts. Cecilia hatte die Augen geöffnet, und nicht genug damit, sie hatte Veronika auch erkannt, dessen war sie sich vollkommen sicher.
Meine Frau kommt also hoffentlich bald nach Hause, dachte er mit einem Gefühl der Erleichterung, das sich nicht auf das Organisatorische mit Klara bezog. Das Haus war ohne Veronika leer. Ihm fehlte jemand, mit dem er über all die alltäglichen Dinge sprechen konnte, die eigentlich recht belanglos waren. Wieso hatte er früher eigentlich immer auf seinem Singledasein beharrt? Manchmal begriff man einfach nicht, was einem guttat.
Aber die Hauptsache war, dass es mit Cecilia aufwärts ging. Alles andere spielte eigentlich keine Rolle. Wenn es jetzt bloß so weitergeht, dachte er. Er parkte vor dem Haus. Sie konnte ihn sehen. Die Nachbarn auch. Die meisten wussten, wer er war. Es war ein idyllisches Wohnviertel mit wenig Verkehr. Im Großen und Ganzen fuhren nur Anlieger hier durch.
Das Wohnviertel war in den Dreißigerjahren entstanden. Die Straßen waren schmal, die Grundstücke groß und die Häuser, ursprünglich alle aus Holz, ebenfalls. Das Viertel war überschaubar und hübsch. Einzig ein Haus, das mit Betonsteinen verkleidet worden war, fiel aus der Reihe. Und dann Bodéns Grundstück, das als einziges parzelliert worden war. Das ursprüngliche Haus war abgerissen worden. Sozusagen mit dem Schuhlöffel war – vermutlich in den Sechzigern oder frühen Siebzigern – ein Doppelhaus auf das Grundstück gezwängt worden. Zwei Familien bewohnten den düsteren und fantasielosen Klotz, den Claesson jetzt vor sich hatte. Ein schweres Dach lastete auf dem Haus aus dunkelbraunen Ziegeln mit dunkel gebeizten Trauerrändern um die Fenster.
Er holte tief Luft.
Ein Plattenweg aus rotem Öland-Kalkstein führte zur Haustür. Ihm fiel auf, dass keinerlei Unkraut zwischen den Platten wuchs. Aber auch hier musste der Rasen dringend gemäht werden.
In seinem Privatleben war er nicht sonderlich aufmerksam. Vielleicht einfach nicht neugierig genug, wie zumindest Veronika behauptete. Aber er war sich sicher, Nina Bodén nie zuvor begegnet zu sein. Sie sah überhaupt nicht aus, wie er sie sich
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