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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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vorgestellt hatte, sondern wirkte jünger und weniger hektisch. Sie war schlank, geradezu zerbrechlich, trug glattes, halblanges Haar, einen weiß-blau gestreiften, hochgeschlossenen Pullover, Hosen aus Jeansstoff und Schollsandalen. Aber ihre Farben verrieten, dass sie wohl auf die sechzig zuging. Ihr Haar war von stumpfem Graublond und ihr Gesicht kreideweiß. Jedenfalls nachdem sie ihn erblickt hatte.
    Er kam nicht dazu, sich vorzustellen.
    »Sie haben ihn gefunden«, sagte sie bereits in der Diele und griff mit der Hand nach der Goldkette um ihren Hals.
    Das Wohnzimmer war hell, die Fenster gingen auf den Garten. Er wusste, dass Jan Bodén Lehrer gewesen war. Bücherregale standen an den Wänden, und über dem Sofa hingen große Kunstdrucke. Vielleicht war seine Frau ja auch Lehrerin? Grundschullehrerin. Sehr viel Kunsthandwerk, Selbstgewebtes und ein paar dilettantische Ölgemälde gab es auch.
    »Ich habe gespürt, dass er tot ist, wollte es aber nicht glauben«, sagte sie mit tonloser Stimme, ehe er noch etwas sagen konnte. »Ich hätte ihn begleiten sollen!«
    »Wir wissen immer noch nicht, ob es sich um Ihren Mann handelt, aber wir glauben, dass …«
    Er nahm auf einem blauen Sofa Platz. Hinter ihm lag ein mit grauem Schaffell bezogenes Kissen.
    »Sie glauben …?«
    »Ein Mann ist tot in einem Putzmittelraum der Uniklinik Lund aufgefunden worden.«
    »Mein Gott! Wie ist er da nur hingeraten?«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Das wissen wir nicht. Noch nicht.«
    »Aber Sie glauben, dass es sich um meinen Mann handelt?«
    »Einiges deutet darauf hin, aber wir benötigen Ihre Hilfe bei der Identifizierung.«
    Sie erhob sich rasch aus ihrem Sessel und trat ans Fenster. Ihr Rücken bebte, und sie ließ den Kopf an die Scheibe sinken.
    Mit ruhiger Stimme informierte er sie darüber, was nun geschehen würde. Danach schwieg er. Wartete einfach ab und fragte dann vorsichtig, ob es jemanden gäbe, der ihr Gesellschaft leisten könne, woraufhin sie entgegnete, darüber müsse er sich keine Gedanken machen. Auf dem Klavier standen Fotos von zwei jungen Leuten mit Abiturmützen und holdem Lächeln. Auf einer abgebeizten Anrichte befanden sich weitere Fotos der Kinder. Eine Tochter und ein Sohn.
    »Wo wohnen Ihre Kinder?«
    »In Stockholm und in Lund. Ich rufe sie nachher an. Sie …«
    Sie ging in die Küche, holte sich ein Stück Küchenkrepp und ließ sich dann wieder in den Sessel sinken.
    Claesson war sitzen geblieben. Ruhig, etwas vorgebeugt, abwartend.
    Das Schrillen des Telefons durchschnitt die Stille.
    Sie fuhr hoch. Er staunte über die unerwartete Kraft, mit der sie in die Diele stürzte und den Hörer an sich riss.
    »Hallo«, sagte sie mit belegter und gleichzeitig weicher Stimme.
    Eines der Kinder, dachte er.
    Er stellte sich ans Fenster und sah, dass das Unkraut in den Beeten der Bodéns auch nicht besser gejätet war als in seinen eigenen. Die Gartenmöbel aus weißem Plastik standen in einer sonnigen Ecke.
    Sie sprach jetzt leiser, flüsterte fast.
    »Ich komme zurecht … Nein, nicht jetzt … Aber ich weiß ja, dass du …«
    Die Stimme klang kindisch. Er verstand den Rest nicht, sondern dachte sich seinen Teil.
    Aber ich weiß ja, dass du da bist.

    »Hast du Karl gesehen?«
    Ganz außer Atem betrat Trissan Omas Café und legte ihr Handy und ihren Terminplaner auf den Tisch. Der Terminplaner war aus rotem Leder. Auf dem Deckel stand in goldenen Buchstaben »Therese-Marie Dalin«. Er platzte aus allen Nähten und enthielt Brieftasche, Kalender, Adressbuch und Fotos von ihren kleinen Geschwistern, ihrem Hund bei ihren Eltern und ihren Freunden.
    Emmy benutzte ein elektronisches Notizbuch. Ihr Palm Pilot lag in ihrer Tasche der Marke Mulberry aus ungefärbtem Leder, die sie zu Weihnachten bekommen hatte, nachdem es ihr gelungen war, ihre Mutter davon zu überzeugen, dass es sich um eine langfristige Investition handeln würde. Eine so teure Tasche hätte ihre Mutter niemals für sich gekauft. Das hatte sie mehrmals betont.
    Aber Emmy fand nicht, dass sie verwöhnt war. Jedenfalls nicht, wenn sie sich mit anderen verglich. Und erst ihre Mitstudenten: Autos, Reisen, teure Partys, Eigentumswohnungen am botanischen Garten oder an der Karl XI. oder der Karl XII. Gata. Nicht viele wären mit dem Örnvägen zufrieden gewesen. Sie hatte auch nicht vor, lange dort zu wohnen. Das Ende ließ sich bereits absehen.
    Trissan betrachtete Emmy, die ihrem Blick nicht auswich. Sie hatte nicht vor nachzugeben. Dieses Mal

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