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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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bemühe ich mich, froh auszusehen.
    Papa starrt mich an.
    »Danke«, sagt er.
    Er sagt danke! Dann hat es also funktioniert, denke ich.
    Obwohl man sich nie sicher sein kann.

    Nach dem Essen räumt Mama die Küche auf. Filippa sitzt mit ihren Puppen auf dem Küchenboden.
    Papa kommt in mein Zimmer. Dort ist alles sauber und aufgeräumt, es gibt also nichts, worüber er sich beklagen könnte. Sicherheitshalber werfe ich einen Blick aufs Bett und sehe, dass dort ein paar schmutzige Kleider liegen. Dann schaue ich aufs Regal. Ich will mich vergewissern, dass die Bücher ordentlich aufgereiht dastehen und auch die Spielsachen nicht durcheinanderliegen.
    »Ein Glück, dass ich dich habe«, sagt er.
    Betreten rutsche ich auf dem Schreibtischstuhl hin und her und schaue zu Papa hoch, der über mir ragt.
    »Wir sind uns ähnlich, du und ich«, sagt Papa. »Eines schönen Tages wirst du ein bedeutender Mann sein.«
    Wenn Papa das sagt, dann wird es auch so werden. Ein bedeutender Mann.
    »Aber da musst du dich auch ernsthaft ins Zeug legen, mein Sohn.«
    Ich nicke. »Ernsthaft« ist ein großes Wort.
    Vor dem Einschlafen liege ich lange da und denke darüber nach. Ich denke und denke, um Mama nicht hören zu müssen. Sie versucht, nicht zu schreien.
    Dann höre ich, was ich nicht hören will. Das dumpfe Geräusch, als Mamas Schädel gegen die Wand knallt.
    Ich werde einmal ein bedeutender Mann sein, genau wie Papa gesagt hat. Dann habe ich alles im Griff, denke ich in meinem Bett, in dem ich nichts unternehmen kann. Ich kann nicht einmal einschlafen.

Elftes Kapitel
Samstag, 14. September
    E mmy hatte sich auf die niedrige Mauer vor dem Bahnhof gesetzt, die die Radfahrer daran hindern sollte, die Fußgänger umzufahren, die sich auf dem Weg zum Tunnel zu den Gleisen befanden. Hinter ihr lag ein Fahrradparkplatz, so groß wie ein Fußballplatz. Die Räder standen so dicht, dass die Lenker ineinander verhakt waren.
    Emmy wartete. Die Sonne stand niedrig. Während sie wartete, wurde es Herbst.
    Es fröstelte sie. Abwechselnd betrachtete sie Leute und Zugverkehr. Der Pågazug Sten Stensson Stéen fuhr in den Bahnhof ein und wenig später nach Malmö weiter. Vermutlich kam er aus Eslöv. Zufälligerweise wusste sie, wer dieser Sten Stensson Stéen gewesen war. Einer der Dozenten versuchte ihnen zwischen den Paragrafen etwas schonische Allgemeinbildung beizubiegen. Sten Stensson Stéen aus Eslöv war eine fiktive Gestalt. Früher hatte man Filme über diesen ewigen Studenten gedreht, der das akademische Umfeld nie hatte verlassen wollen. Schreckliche Vorstellung! Sie selbst träumte nur noch davon, endlich fertig zu werden. Zu arbeiten und Geld zu verdienen. Irgendwie endlich wirklich zu werden.
    Ewige Studenten gab es nicht mehr, jedenfalls nicht, soweit sie wusste. Das verhinderte die Zentralstelle für Studiengeld. Es galt, die Semester zu nutzen. Keine Scheine, kein Geld. Sie hatten sechs Jahre Zeit, nicht mehr und nicht weniger. Das ist die krasse Wirklichkeit, und dieses Damoklesschwert hängt auch über mir, dachte sie und schaute auf die Uhr.
    Sie war rechtzeitig gekommen. Sogar mehr als rechtzeitig. Sie war früh erwacht und hatte sich ziemlich aufgeregt fertig gemacht. Dann hatte sie sich nicht gedulden können und war viel zu früh zum Bahnhof geradelt. Trotz ihrer Ungeduld machte es ihr Spaß, zu warten, sich umzusehen und sich langsam vorzubereiten.
    Sicherheitshalber hatte sie am Automaten zwei Fahrkarten gezogen. Damit sie den Zug nicht verpassen würden, falls er in letzter Sekunde auftauchen würde. Es gab Leute, die immer im letzten Moment kamen. Wie Trissan.
    Aber bei Karl war das natürlich etwas anderes. Sie stellte ihn sich als viel beschäftigten, seriösen Mann vor, der arbeitete und forschte. Langweiliger Typ, vergräbt sich ganz in die Arbeit und nimmt die Welt nicht mehr wahr, hätte Trissan gesagt.
    Aber er hat ein Ziel, dachte Emmy, und der Stolz über Karl leuchtete ihr regelrecht aus den Augen. Menschen, die Ziele hatten, fand sie attraktiv. Die nach oben wollten. Die es nicht zuließen, dass ihnen das Leben aus den Händen glitt. Das hatten sie ganz eindeutig gemeinsam, Karl und sie.
    Sie schaute wieder auf die Uhr. Sie saß da wie die ewig Wartende.
    Wahrscheinlich ist er noch mitten bei einem Experiment im biomedizinischen Zentrum, dachte sie, um ihn dafür zu entschuldigen, dass er nicht kam. Etwas Kompliziertes, was er nicht mal eben abbrechen kann.
    Zufälligerweise hatten sie nach dem Training

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