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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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zu behandeln, es mit Salben und Antibiotika versucht, aber nichts hatte geholfen. Die Patientinnen kamen immer wieder zurück, manchmal sogar mit akuten Beschwerden.
    Sie war rausgegangen, hatte eine Tasse Kaffee getrunken und war dann wieder in den Entbindungsraum zurückgekehrt. Jetzt schaute sie zwischen dem Streifen aus dem CTG und dem spitzen Bauch der Frau hin und her. Die Presswehen kamen in rascher Folge. Dieses kurze, jedoch regelmäßig wiederkehrende Zusammenziehen der Gebärmutter hatte allmählich doch Wirkung gezeitigt. Es war auch schonender für das Kind.
    Aber es dauerte. Und der zähe Schmerz zehrte an den Kräften, obwohl diese noch nicht ganz erschöpft waren. Die Hebamme tat ihr Möglichstes und feuerte die Mutter unermüdlich an. Ruhig und energisch machte sie ihr Mut.
    Bald kommt ein Kind zur Welt, und alles wird glatt gehen, dachte Christina. Sie war nicht besorgt. Sie überlegte nur, ob sie den Prozess vielleicht mit einer Saugglocke beschleunigen sollte.
    Aber bislang gab es noch keinen Grund, übereifrig zu sein und den Lauf der Natur zu stören. Der Raum war trotz der ständig wiederkehrenden Schmerzen der Mutter von einer optimistischen und gelassenen Stimmung erfüllt. Unzählige Male hatte sie auf diese Weise einer Geburt beigewohnt.
    Sie hatte das Privileg, bei der Arbeit einem der wichtigsten Augenblicke des Lebens beiwohnen zu dürfen, und dafür war sie dankbar. Sie betrachtete dies nie als etwas Selbstverständliches. Genau wie die Hebammen bauten diese Höhepunkte sie auf. Ein neuer, kleiner Mensch auf Erden. Die Hebammen klagten nur selten. Sie hatten ihren Beruf mit Bedacht gewählt.
    Sie richtete den Blick auf den Schoß, der zwischen den Beinstützen entblößt dalag. Das Becken war schon allein dadurch stark geweitet, dass die Beine schwer zur Seite geneigt waren.
    Der zukünftige Vater war inzwischen munterer geworden und hatte sich erhoben. Aber er trat nicht näher. Er verharrte abwartend in einem halben Meter Entfernung. Sie forderte ihn aber auch nicht dazu auf, näher zu kommen. Das überließ sie der Hebamme, die das Paar besser kannte. Vielleicht war er ja nicht erwünscht. Vielleicht wollte die Mutter die Distanz wahren. Vielleicht sollte sogar ein Vaterschaftstest durchgeführt werden, wenn das Kind erst einmal auf der Welt war.
    Die Wehen schienen jetzt etwas länger anzuhalten, und das Kind erholte sich weiterhin ordentlich in den Pausen. Dann kam die nächste Presswehe, wie eine Urkraft, verstärkt und verlängert durch die Begeisterung und Ermunterung der Hebamme. Das Gesicht der Frau war hochrot und geschwollen, der Mund geschlossen. Sie hielt die Luft an und drückte. Das ist ansteckend, dachte Christina. Es spielte keine Rolle, wie viele Geburten sie erlebt hatte; sie musste sich gegen den Impuls wehren, sich am Drücken zu beteiligen.
    Endlich hatte die Frau den richtigen Moment gefunden. Der Kopf des Kindes sank in den Geburtskanal. Nun war es fast überstanden.
    »Ich werde jetzt nicht mehr gebraucht«, flüsterte sie der Hebamme zu und verschwand nach draußen.
    Es genügt, dass Gustav Stjärne dort herumsteht, dachte sie.
    »Telefon für Sie«, sagte eine Schwester. Sie hatte den Hörer auf den Schreibtisch gelegt.
    Es war Veronika Lundborg.
    Ich habe eigentlich keine Zeit, dachte sie und bekam gleichzeitig ein schlechtes Gewissen. Für Veronika war es wirklich nicht leicht.
    Sie schlug gerade ihren Kalender auf, da baute sich Ester mit blutigem Kittel und gestikulierend vor ihr auf.
    »Hallo«, sprach Christina rasch in den Hörer.
    »Hallo«, war Veronikas Stimme matt und aus weiter Ferne zu vernehmen. »Störe ich?«
    »Kann ich dich später zurückrufen?«
    »Natürlich!«
    Sie knallte den Hörer auf die Gabel und folgte Ester in einen anderen Entbindungsraum. Die Plazenta saß fest.
    Die frisch entbundene Frau war blass, und ihr Mann war noch blasser, aber beide betrachteten ihr Kind mit glücklicher Miene. Christina band sich rasch eine Plastikschürze um und zog sterile Handschuhe an. Ihr fiel auf, dass nicht nur die Mutter bleich geworden war. Auch Ester wirkte blass. Vielleicht ist sie ja schwanger, dachte Christina.
    Christina schlang sich die Nabelschnur um die Hand, um nicht abzurutschen. Sie hatte sich darauf eingestellt, einen raschen Versuch zu unternehmen. Vermutlich hatte Ester bereits getan, was sich machen ließ. Die Mutter hatte stark geblutet und war kreidebleich. Die Uhr stand auf halb fünf, als sie langsam in verschiedene

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