Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
Vom Netzwerk:
verschaffen, in den sie zitiert worden war. Hatte der Vater Angst? Er wirkte so ernst. Wünschte er eine raschere Entbindung, vorzugsweise mit Kaiserschnitt, oder war er voller Zuversicht?
    »Sieht gut aus«, sagte sie nach einer Weile, nickte den anderen zu und verließ den Raum.
    Das Schwesternzimmer war leer. Gustav Stjärne begleitete gerade eine Hebamme in einen Entbindungsraum den Gang hinunter. Kurz darauf kam eine Hilfsschwester aus dem Raum.
    »Irgendwas los?«
    »Eine Blutung. Aber der Mutter tut nichts weh, und sie hat keine Wehen, obwohl es langsam an der Zeit wäre. Wir werden sie also wieder nach Hause schicken.«
    Der berühmte Schleimpfropf, dachte Christina. Diese schleimige Blutung, die die Mütter hoffen ließ, dass endlich etwas geschah. Aber Wehen waren eben auch vonnöten, sonst ging es nicht. Und die konnten auf sich warten lassen.
    Nichts Besonderes, damit kommt Gustav Stjärne schon allein klar, dachte sie und blieb sitzen. Sie überlegte immer noch, wie sie ihre Ausführungen bei der Abendbesprechung beginnen sollte. Sie hatte sonst eigentlich keine Probleme, aber sie war sich bewusst, dass ihr Thema wenig Status hatte, weil es nicht um Chirurgie ging, und auch wenig mit dem zu tun hatte, womit sich ihre Kollegen normalerweise befassten. Sie wollte sich auch nicht lächerlich machen. Inhalte, über die man sonst nur Witze machte, färbten auf die Referenten ab. Man machte auch lieber Witze über das Diffuse, Psychologische, schwer zu Deutende als über das Deutliche. Nur selten über Krebs und massive Blutungen. Sie wollte überzeugen. Die Kollegen wachrütteln.
    Körper und Seele als Einheit. Das war schwer.
    Sie wurde zu einem anderen Entbindungsraum gerufen. Die Gebärende lag still mit geschlossenen Augen und in sich selbst versunken da und wartete auf die nächste Wehe. Dann kam der Schmerz, die Kraft schien sie zu zerreißen, und sie warf sich mit durchgedrücktem Kreuz zurück und schrie laut.
    »Bleiben Sie liegen!«
    Die Ermahnung der Hebamme war barsch. Die Frau war jedoch nicht mehr ansprechbar.
    »Bleiben Sie liegen«, wiederholte die Hebamme. »Beugen Sie den Kopf vor und nicht zurück. Pressen Sie nach unten!«
    Die Hebamme zog die Schamlippen auseinander, um zu sehen, wie weit der Kopf schon zum Vorschein gekommen war. Christina sah auf dem Streifen des CTG, dass die Herztöne sich zwischen den Wehen stabilisierten. Es handelte sich jedoch um eine Erstgebärende und würde dauern. Der Kopf ragte bereits ein Stück hervor, und die Herztöne klangen nicht ganz einwandfrei.
    Sie ging Gustav Stjärne holen. Besser, wenn er dabei war, auch wenn es in vielerlei Hinsicht einfacher ohne ihn war. Die meiste Zeit stand er ohnehin nur im Weg.
    Jetzt waren Leute im Schwesternzimmer.
    »Wie ging es mit der Blutung?«, fragte sie.
    »Sie geht nach Hause«, antwortete die Hebamme, ehe Gustav Stjärne noch etwas sagen konnte. »Sie soll wiederkommen, wenn die Wehen einsetzen.«
    Gustav schwieg. Unbeholfen blätterte er in der Krankenakte und ging dann diktieren. Christina folgte ihm.
    »Irgendwelche Unklarheiten?«
    »Nein.«
    Er schaute auf die Papiere. Unterschrieb auf einer Diagnoseliste, die die Sekretärin bekommen würde, aber wartete damit, das Diktafon einzuschalten, solange sie in der Tür stand.
    Unsicher, dachte sie. Sie kannte die Symptome. Er braucht seine Ruhe zum Nachdenken und will nicht, dass jemand zuhört.
    »Die Herztöne werden schwächer. Können Sie jetzt kommen«, bat die Hebamme aus dem Entbindungsraum, den sie gerade verlassen hatte.
    Die Hebamme war noch recht neu und unsicher. Es war aber gut, dass sie Bescheid sagte.
    »Kommen Sie mit«, sagte Christina zu Gustav Stjärne, der das Diktafon weglegte.
    Sie traten in den Entbindungsraum, in dem die Unruhe vibrierte. Die Gebärende hatte gerade eine Wehe überstanden und ließ sich aufs Kissen zurücksinken. Sie hielt die Augen immer noch geschlossen und suchte mit der Hand nach der Lachgasmaske, drückte sie auf den Mund und atmete ein paar Mal tief und begierig ein. Sie hoffte, in dem Nebel verschwinden zu können. Aus der Maske kam jedoch kein Lachgas mehr, sondern nur noch reiner Sauerstoff, um es dem Kind leichter zu machen.
    Gustav Stjärne hatte sich schräg hinter Christina aufgebaut, als benötigte er sie als Schutzschild vor sich. Sie hatte keine Lust, ihn nach vorne zu schieben. Die Courage musste er schon von allein aufbringen.
    Noch hatte sie keine Veranlassung einzugreifen. Die Hebamme und die werdende

Weitere Kostenlose Bücher