Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
hören.« Kudo nickte und sah auf seine Armbanduhr. »Wo du schon einmal hier bist, könnten wir doch zusammen zu Abend essen. Ich kenne da ein Lokal, das köstliche Hähnchenspieße hat.«
»Tut mir leid, aber ich habe Misato nicht Bescheid gesagt.«
»Na dann, ich will dich ja nicht zwingen.« Kudo nahm die Rechnung und stand auf.
»Gehen wir?«
Während er bezahlte, schaute Yasuko sich noch einmal um. Keiner der Gäste sah aus, als wäre er von der Polizei. Sie schämte sich ein bisschen für diesen Gedanken, aber es war gut, dass man Kudo für ihren Komplizen hielt. Denn das hieß, dass die Polizei mit ihren Ermittlungen meilenweit von der Wahrheit entfernt läge. Sie fragte sich jedoch, ob ihre Beziehung zu Kudo sich nicht zu schnell entwickelte. Einerseits sehnte sie sich sogar nach größerer Intimität, andererseits fürchtete sie die Folgen. Vielleicht würde dann alles zusammenbrechen. Ishigamis ausdrucksloses Gesicht tauchte vor ihr auf.
»Ich fahre dich nach Hause«, sagte Kudo, nachdem er bezahlt hatte.
»Musst du nicht. Ich nehme die Bahn.«
»Kein Problem, ich bringe dich.«
»Nein, wirklich. Außerdem will ich noch einkaufen.«
»Hm«, brummte Kudo etwas enttäuscht. Aber dann lächelte er. »Also, das wär’s dann für heute. Ich rufe dich wieder an.«
»Vielen Dank für den Tee«, sagte Yasuko und machte sich auf den Weg.
Als sie gerade einen Zebrastreifen zum Bahnhof Shinagawa überquerte, klingelte ihr Handy. Im Gehen öffnete sie ihre Tasche. Auf dem Display stand Sayokos Nummer.
»Ja?«
»Yasuko? Ich bin’s, Sayoko. Kannst du sprechen?« Sayoko klang seltsam angespannt.
»Ja, was ist denn los?«
»Kaum warst du weg, war wieder die Polizei da. Sie haben ein paar komische Fragen gestellt, und ich finde, du solltest Bescheid wissen.«
Yasuko umklammerte ihr Telefon und schloss die Augen. Wieder die Polizei. Sie spann ihre Fäden wie eine Spinne ihr Netz.
»Was für komische Fragen?«, erkundigte sie sich verzagt.
»Sie haben nach diesem Nachbar von dir gefragt, dem Lehrer. Ishigami heißt er, oder?«
Yasuko fiel fast das Telefon aus der Hand. »Was ist mit ihm?«, fragte sie mit zittriger Stimme.
»Der Kommissar sagte, er habe gehört, wir hätten einen Kunden, der seine Bento nur bei uns kauft, um dich zu sehen. Wer das sei? Anscheinend hat er das von Kudo.«
»Kudo?« Wie kam der denn jetzt plötzlich darauf?
»Ich glaube, ich habe mal was in die Richtung zu ihm gesagt. Und er hat es dann wohl der Polizei erzählt.«
Jetzt wurde Yasuko alles klar. Der Kommissar, der bei Kudo gewesen war, hatte dessen Aussage im
Benten-tei
überprüft.
»Und was hast du geantwortet, Sayoko?«
»Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich wollte es nicht abstreiten. Sonst denkt der Kommissar womöglich, es steckt etwas dahinter. Aber ich habe nochmal betont, dass ich natürlich nicht genau weiß, ob dein Nachbar wirklich deshalb kommt.«
Yasukos Mund fühlte sich trocken an. Plötzlich hatte diePolizei Ishigami doch im Visier. Lag es an dem, was Kudo gesagt hatte? Oder gab es noch einen anderen Grund?
»Hallo? Yasuko, bist du noch da?«, rief Sayoko.
»Ja, natürlich.«
»So war es jedenfalls. Meinst du, es geht in Ordnung? Oder habe ich einen Fehler gemacht?«
Ja, genau einen Fehler, dachte Yasuko, aber sagen konnte sie das natürlich auf keinen Fall.
»Nein, kein Problem. Der Mathematiklehrer hat ganz bestimmt nichts damit zu tun.«
»Glaube ich auch nicht. Aber ich wollte es dir zumindest erzählen.«
»Danke, dass du extra angerufen hast.«
Yasuko legte auf. Ihr drehte sich der Magen um. Fast hätte sie sich übergeben müssen.
Auf dem ganzen Weg nach Hause war ihr übel. Unterwegs kaufte sie in einem Supermarkt ein, hätte aber hinterher nicht zu sagen gewusst, was.
Ishigami saß am Computer, als er hörte, wie die Tür nebenan geöffnet und wieder geschlossen wurde. Auf dem Bildschirm waren drei Fotos zu sehen. Zwei von Kudo und eins von Yasuko, wie sie das Hotel betrat. Er hätte die beiden gern zusammen auf einem Bild gehabt, aber vielleicht hätte Kudo ihn dann entdeckt, und wenn Yasuko ihn auch bemerkt hätte, wäre es peinlich geworden.
Ishigami bereitete sich auf den schlimmstmöglichen Fall vor. Dann würde er die Fotos brauchen. Natürlich wollte er dies unter allen Umständen vermeiden. Er warf einen Blick auf die Uhr und erhob sich. Es war kurz vor acht. Kudo und Yasuko hatten sich zwar getroffen, aber viel Zeit hatten sienicht miteinander verbracht. Ishigami
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