Verderbnis
netten jungen Sanitäterin da drüben gehen und ihr sagen, Sie möchten jetzt ins Krankenhaus, damit man Sie untersuchen und verbinden kann. Haben Sie das verstanden? Und dann werden Sie sich wieder entlassen und mich anrufen, mir sagen, dass Sie wieder fit sind.«
»Und Sie?«
»Ich?« Caffery richtete sich auf und klopfte sein Jackett und die Hosenbeine ab. »Ich werde wohl jetzt losfahren und mir seine verdammte Garage ansehen müssen. Nicht dass wir ihn da finden werden. Wie gesagt.«
»Zu clever?«
»Genau. Zu verdammt clever.«
52
D ie Gegend, gesprenkelt mit aus dem zuckerbraunen Stein der Gegend erbauten Cottages und Landhäusern, war ruhig, ländlich und sehr hübsch. Sie lag am Rande der Cotswolds. Der Schuppen, den Ted Moon gemietet hatte, befand sich in einem Erschließungsgebiet, das so wenig zu seiner Umgebung passte, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis der Abrissbagger anrollte. Die Anlage bestand aus fünf flachen Hohlblockgebäuden mit moosbedeckten Wellblechdächern. Früher hatten sie wahrscheinlich als Rinderstallungen gedient. Es gab keine Schilder irgendwelcher Betriebe und keinerlei Aktivität. Der Himmel allein wusste, wozu die Gebäude dienten.
Ted Moons Schuppen war der letzte am westlichen Rand der Anlage, wo das Ackerland begann. Wenn man ihn jetzt sah, dunkel und konturlos im funkelnden Licht der Herbstsonne, hätte man nicht vermutet, dass hier noch vor einer halben Stunde von der Polizei eine der gründlichsten Durchsuchungen der letzten Jahre durchgeführt worden war. Die Spezialteams hatten eine Seitentür aufgebrochen, und wenige Augenblicke später hatte es von Cops gewimmelt. Sie hatten alles komplett auseinandergenommen und nichts gefunden. Jetzt war es still und niemand mehr zu sehen. Aber die Cops waren noch da, irgendwo da draußen zwischen den Bäumen, ein Überwachungsteam, das das Gebäude observierte. Acht Augenpaare, wachsam und abwartend.
»Wie ist der Mobilfunkempfang drinnen?« In einer Ausweichbucht in der Nähe der Einfahrt, von der Straße aus nicht gleich auszumachen, saß Caffery vorn in einem der Sprinter-Vans der Unterstützungseinheit. Er hatte sich nach hinten gedreht und befragte den Sergeant des Teams. »Ist der Funkverkehr ausgefallen?«
»Nein. Warum?«
»Ich werde mich mal umschauen. Und ich möchte sichergehen, dass man mir Bescheid gibt, wenn er auftaucht.«
»Schön, aber Sie werden nichts finden. Sie haben die Asservatenliste gesehen. Zehn gestohlene Autos, fünf gestohlene Mopeds, ein Stapel geklaute Nummernschilder und der nagelneue Sony-Großbildfernseher eines achtbaren Bürgers, mit Blu-ray, alles noch in Originalverpackung.«
»Und der Mondeo des Dezernats?«
Der Sergeant nickte. »Und ein Mondeo, der mutmaßlich ohne Genehmigung vom Parkplatz der MCIU entfernt wurde. Da ist noch ein SUV , der – nach den Bremsscheiben zu urteilen – in den letzten vierundzwanzig Stunden gefahren worden ist, und darüber hinaus ein paar halb verrostete landwirtschaftliche Geräte in einer Ecke. Und die Tauben. Das Ding ist ein Riesentaubenschlag.«
»Sorgen Sie einfach dafür, dass das Überwachungsteam mich notfalls warnt.« Caffery sprang aus dem Van. Er vergewisserte sich, dass das Funkgerät an seinem Gürtel ein Signal empfing, schlüpfte in den Mantel und sah den Sergeant mit erhobener Hand an. »Okay?«
In der Sonne, die auf den holprigen Fahrweg schien, fühlte die Welt sich zum ersten Mal seit Tagen beinahe warm an. Sogar das Kreuzkraut, das aus dem Schotter wuchs, schien seine Stiele zum Himmel zu recken, als sehnte es sich nach dem Frühling. Caffery ging schnell und mit gesenktem Kopf; etwas drängte ihn zur Eile. Vor dem Fenster an der Seite des Gebäudes – nur eine Scheibe war säuberlich herausgebrochen, und kein polizeiliches Flatterband oder sonst etwas wies darauf hin, dass sie hier gewesen waren – schlang er den Mantelärmel um die Hand, schob den Arm durch das Loch und entriegelte das Fenster. Beim Hineinsteigen war er vorsichtig. In nur einem Jahr hatte er in Ausübung seines Berufs zwei gute Anzüge verschlissen, und er hatte nicht vor, jetzt noch einen zu ruinieren. Er schloss das Fenster, blieb stehen und sah sich um.
Innen wirkte die Halle eher wie ein Luftschutzbunker. Das wenige Licht fiel durch gesprungene, trübe Fenster herein und malte staubige Vierecke auf den Boden. Eine einzelne Glühbirne baumelte von einem Haken an der Decke, und die Spinnweben, die daran hingen, bildeten anmutige Regenbogen.
Weitere Kostenlose Bücher