Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)
Luzzo.«
Der Generalbevollmächtigte des Conte Colleoni kam auf Rudolf zu, der sich mittlerweile aus dem Wagen geschält hatte, und begrüßte ihn. Rudolf stellte fest, dass Luzzo wie schon bei ihrem ersten Treffen in Asolo erneut vorzüglich gekleidet war. Der Anzug war höchstwahrscheinlich von Zegna. Und die Krawatte von Armani.
»Herzlich willkommen auf der Azienda Agricola Mossina. Nun, darf ich die Tatsache, dass Sie diesen Besichtigungstermin wahrnehmen, als positives Zeichen Ihres Interesses werten?«
Rudolf nickte. »Wie ich Ihnen bereits am Telefon gesagt habe, bin ich durchaus interessiert. Ich habe das Exposé und die Geschäftsunterlagen, die Sie mir zur Verfügung gestellt haben, prüfen lassen. Insgesamt macht alles einen sehr ordentlichen Eindruck. Ich habe noch einige Fragen, so zum Beispiel zu dem Vertrag mit dem Importeur für den nordamerikanischen Markt, aber das können wir sicherlich später klären.«
»Aber gewiss doch. Ich habe ganz in der Nähe in einem vorzüglichen Restaurant einen Tisch reservieren lassen, so dass wir dann bei einem kleinen Mittagessen das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden können. Jetzt sollten Sie sich erst einmal in aller Ruhe umsehen. Wie erwartet, lässt sich der Conte entschuldigen. Der Verkauf seines Weinguts fällt ihm nicht leicht, er möchte nicht direkt damit konfrontiert werden. Aber er wünscht, dass Sie alle Informationen bekommen, die Sie benötigen. Und er hat mich gebeten, Ihnen auszurichten, dass es ihn sehr beruhigen würde, wenn Sie, sehr geehrter Herr Krobat, der Käufer wären. Er glaubt, dass Sie Mossina in seinem Sinne weiterführen würden.«
»Ich fühle mich geschmeichelt. Selbstverständlich würde ich die Tradition von Mossina respektieren und die hohe Qualität der Weine auch weiterhin pflegen. Alles andere wäre ja auch unsinnig. Allerdings könnte ich mir einige Modernisierungen zum Beispiel in der Verwaltung und im Marketing vorstellen.«
»Gegen etwas frischen Wind ist gewiss nichts einzuwenden, davon kann Mossina nur profitieren«, bestätigte Luzzo. »Abgesehen davon hätten Sie als neuer Eigner ohnehin freie Hand, zu tun und zu lassen, was Sie wollen. So, bitte begleiten Sie mich in das Büro, dort erwartet Sie bereits Fabrizio Scalmozzi, unser Chefönologe und Kellermeister.«
»Ich freue mich, ich habe Signor Scalmozzi vor einigen Jahren mal auf der Vinitaly in Verona kennen gelernt.«
»Na, umso besser. Bitte folgen Sie mir. Ach ja, noch etwas. Der Conte hat Fabrizio Scalmozzi noch nicht erzählt, dass er das Weingut verkaufen möchte. Wir wollen ihn erst ins Bild setzen, wenn der Verkauf perfekt ist. Wobei wir sehr hoffen, dass der Käufer unseren Chefönologen auch weiterhin beschäftigen wird. Er ist ja der eigentliche Garant für die herausragende Qualität unserer Tropfen.«
»Da kann ich Sie beruhigen. Natürlich würde ich Signor Scalmozzi übernehmen. Ein Mann mit seiner Erfahrung und internationalen Reputation ist nicht so leicht zu finden.«
»Da haben Sie Recht. Scalmozzi hat im Bordeaux gelernt und lange im kalifornischen Napa Valley gearbeitet. Unser viel gerühmter Chardonnay Volaia ist ja sozusagen seine Erfindung.«
Die nächsten Stunden vergingen mit einer ausführlichen Besichtigung der Weinberge und der Kellerei. Scalmozzi erklärte, dass das Lesegut streng selektioniert werde. Auf große Mengen verzichte man zu Gunsten der Qualität. Manche Rebstöcke seien zwanzig Jahre alt und älter. Vergoren werde der Most nach alter Tradition ohne Kühlaggregate. Rudolf dachte, dass man hier einiges ändern könnte, eine kontrollierte Gärtemperatur wäre nur von Vorteil. Einige Weine würden in modernen Edelstahltanks ausgebaut werden, berichtete Scalmozzi, die meisten aber in Kastanienfässern und in Barriques aus französischer Eiche. Vier bis fünf Jahre reife der Cabernet-Sauvignon Mossicaia im Holz, länger als vorgeschrieben. Und bevor er verkauft werde, lagere er noch einige Monate in der Flasche. »Um seine Ruhe zu finden«, wie Scalmozzi erklärte. Im Natursteingewölbe des unterirdischen Gär- und Flaschenkellers verkosteten sie einige Tropfen, auch den Collolaia aus der Weinernte des letzten Jahres, der zu den größten Hoffnungen berechtigte. Die Tannine waren unaufdringlich, der Körper präsentierte sich geschmeidig und weich, und das Aroma erinnerte zart an Vanille. Rudolf versuchte seiner Begeisterung nicht allzu heftig Ausdruck zu verleihen. Dabei sah er sich schon in der großen Halle
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