Vereist (German Edition)
er hier draußen achten muss.«
»Schwamm drüber«, blaffte Alex. Er wollte nicht, dass über ihn geredet wurde, als wäre er ein hilfloser Waschlappen. Dass Brynn versucht hatte, seine Hose zu säubern, war schon schlimm genug. »Los, weiter.« Er zog die teuren Handschuhe aus und überlegte, ob er etwas von seinem Trinkwasser opfern sollte, um sie abzuwaschen. Er mochte diese Handschuhe. Am Morgen war ihm beim Blick auf das Preisschild fast die Luft weggeblieben. Doch inzwischen verstand er, wie wichtig und wertvoll eine gute Ausrüstung in dieser eisigen Hölle war.
Die anderen marschierten wieder los. Nur Thomas blieb stehen. Er hielt Alex seine Wasserflasche hin. »Der Dreck müsste leicht abzuwaschen sein. Die Dinger sind wasserdicht.«
»Ich weiß«, murmelte Alex. Er nahm die Flasche und reinigte die Handschuhe ohne Gewissensbisse mit Thomas’ Trinkwasser. Innerlich fluchte er über seine zitternden Hände. Damit Thomas dies nicht sah, drehte er sich ein wenig zur Seite. Er verbrauchte mehr von dem Wasser als nötig war, dann gab er die Flasche zurück. Thomas verstaute sie wortlos in seinem Rucksack und stapfte hinter den anderen her. Alex folgte.
Er nahm an, dass das Thomas’ Art gewesen war, sich zu entschuldigen. Mehr konnte er von dem Riesen vermutlich nicht erwarten.
Brynn hörte den Fluss als Erste. Aber außer ihr hatte in den letzten zwei Stunden auch niemand mit gespitzten Ohren gelauscht, ob irgendwo ein Wildwasser rauschte. Entschlossen setzte sie einen Fuß vor den anderen. Schritt für Schritt. Seit Alex die Böschung hinuntergerutscht war, herrschte missmutiges Schweigen. Spannungen zwischen den Männern mochte sie nicht. Aber sie hatte die Erfahrung gemacht, dass Reden nicht die Lösung war. Diese Kerle hatten ihre eigene Art, damit umzugehen. Sie machten finstere Gesichter,pressten die Lippen zusammen und schossen wortlos mit vernichtenden Blicken um sich. Und irgendwann war es vorbei. Sie betrachtete die breiten Schultern vor ihr. Alex sah selbst von hinten sauer aus.
Dass Thomas Alex auf diese unfaire Art auf die Probe gestellt hatte, war nicht in Ordnung.
Sie wollte es Thomas sagen, wusste aber, dass er sich einfach taub stellen würde. In den letzten drei Jahren hatte sie Thomas, Jim und Ryan bei rund einem Dutzend Einsätze begleitet. Ihre Zusammenarbeit funktionierte gut, es gab keine größeren Reibereien. Jeder schätzte die Fähigkeiten des anderen. Jim führte das Kommando, Ryan war für die Orientierung zuständig, sie für alles Medizinische. Und Thomas für … alles Mögliche. Er konnte klettern und wusste, wie man unter widrigsten Bedingungen in der Wildnis zurechtkam. Wenn er jetzt auch noch so etwas wie Ausstrahlung und Persönlichkeit gehabt hätte, hätte er seine eigene Sendung auf Discovery haben können.
Ryan wandte sich um und sah Brynn an Alex vorbei mit einem ernsten Blick in die Augen. Er hatte das Wasser gehört. Sie antwortete ihm mit einem tapferen Lächeln und schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. Auf keinen Fall wollte sie die entsetzliche Angst zeigen, die ihr Herz wie wild wummern ließ.
Sie gingen seit einer halben Stunde bergab. Der Weg war rutschig und mit zahlreichen abgerissenen Ästen vom letzten Sturm bedeckt. Aber immerhin gab es einen erkennbaren Pfad. Auf der anderen Seite des Flusses würden sie ihn verlassen und sich ihren eigenen Weg nach Norden suchen.
Doch erst mal mussten sie den Fluss überqueren.
Dann war bis zum nächsten breiten Gewässer alles gut.
Das Schneegestöber hatte gerade aufgehört. Brynn setzte die Kapuze ab und spürte den eisigen Windhauch im Nacken. Der Himmel war immer noch dunkelgrau. Mit zurückgelegtem Kopf atmete sie die frische Luft ein und sah zu, wie der Wind die vielen Schichten unterschiedlich gefärbter Wolken über den düsteren Himmel trieb. Ihre Farbschattierungen reichten von strahlendemWeiß über Schiefergrau bis zu dem tiefen dunklen Blaugrau schwerer Schneewolken. Sie schätzte, dass der nächste Schneeschauer keine zehn Minuten auf sich warten lassen würde. Ausnahmsweise war die Sicht auf den Himmel gerade nicht durch turmhohe Tannen versperrt. Der Wald gab die Gruppe ein paar Sekunden lang frei.
Kiana schoss rechts von Brynn aus dem Unterholz und marschierte neben ihr her. Sie passte ihre schnellen Hundetapser an Brynns Schritte an. Leise fiepend drückte sie die Schnauze an Brynns Bein. Brynn schaute überrascht in kluge, ergebene blaue Augen.
Wusste ihr Hund, wie sie sich
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