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Verfehlung: Thriller (German Edition)

Verfehlung: Thriller (German Edition)

Titel: Verfehlung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: GJ Moffat
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am Morgen extra aus der Kantine geholt haben, normalerweise gab es in solchen Räumen keine Möbel – jedenfalls keine, die man hochheben und über seinem Kopf schwingen konnte.
    Man wollte ihn verunsichern – so viel wurde ihm langsam klar. Irvine konnte nicht dahinterstecken, dazu war sie
auf der Straße viel zu zuvorkommend gewesen. Wenn sie ihm hätte zeigen wollen, wer hier das Sagen hatte, hätte ihr breitschultriger Kollege ihn gar nicht erst bis zur Straßenmitte kommen lassen. Also musste jemand anderes dafür verantwortlich sein. Wieder klickte das Schloss, und die Tür öffnete sich.
    Der Vernehmungsbeamte war noch größer als der Uniformierte. Irvine verschwand förmlich hinter seinem gewaltigen Körper. Logans Schreck musste ihm am Gesichtsausdruck abzulesen sein, denn der Mann setzte ein breites Grinsen auf. Dann wartete er, bis auch seine Kollegin ins Zimmer getreten war, und zog die Tür mit einem solchen Krachen ins Schloss, dass das Geräusch von den Wänden wider- und in Logans Ohren nachhallte. Na gut, dachte er. Ihn wollten sie also auf ihn loslassen. Keine Frage.
    Irvine zog einen der Stühle unter dem Tisch hervor und setzte sich ihm gegenüber. Der Bär verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich in eine der Ecken, die er vollkommen auszufüllen schien. Logan konnte den Blick kaum von den dicken Unterarmen des Mannes losreißen.
    Irvine ergriff als Erste das Wort.
    »Mr. Finch«, sagte sie, »dies ist Detective Superintendent Liam Moore. Er leitet die Ermittlungen im Mordfall Penelope Grant.«
    In Anbetracht dessen, wie Penny auf dem Foto ausgesehen hatte, kam Logan der Ausdruck »Ermittlungen« irgendwie steril vor. Er räusperte sich, versuchte zu schlucken, doch sein Mund war vollkommen ausgetrocknet. Moore nickte ihm zu, sagte aber nichts. Auch Irvine saß schweigend da und sah ihn an. Logan kannte die Vernehmungstechnik: Man ließ dem Redefluss des Verdächtigen zunächst freien Lauf, ohne ihn durch gezielte Fragen in
eine bestimmte Richtung oder zu gewünschten Aussagen zu lenken. Eigentlich stellte man ihm gar keine Fragen. In seiner Zeit als Strafverteidiger hatte er das oft genug beobachten können. Er würde sich nichts vergeben, wenn er ihr Spiel mitspielte.
    »Also gut«, sagte er. »Was möchten Sie von mir hören?«
    »Haben Sie Kinder, Mr. Finch?«, fragte Moore. Seine Augen glühten finster unter seinem grauen Bürstenhaarschnitt.
    Logan merkte, wie sich seine Stirn in Falten legte. Schon mit der ersten Frage hatten sie ihn in Verlegenheit gebracht. Genau wie beabsichtigt.
    »Also?«, hakte Moore nach.
    Logan hatte lange genug mit der Antwort gezögert, um den Mann ungeduldig werden zu lassen, und merkte nun, dass sich die Stimmung im Raum verändert hatte – nicht zu seinen Gunsten.
    »Äh – nein. Keine Kinder.«
    »Sind Sie sich ganz sicher? Ein junger Mann wie Sie versprengt doch gerne mal seinen Samen, oder?«
    »Sie müssen mich mit jemandem verwechseln. Das ist nicht mein Stil.«
    »Was ist denn Ihr Stil, Mr. Finch?«, wollte Moore wissen.
    Logan sah Irvine an und wurde das Gefühl nicht los, dass ihr Moores Gesprächseinstieg nicht behagte.
    »Ich verstehe nicht, wohin das führen soll oder worauf Sie hinauswollen. Ich bin nicht schwul, falls es das ist, was Sie wissen möchten.«
    »Also mögen Sie Frauen?«, brachte Moore es auf den Punkt.
    »Ja.«
    »Sie mochten Miss Grant?«
    »Ja. Wir waren damals an der Uni zusammen. Aber das wissen Sie bereits.«
    »Das wissen wir«, bestätigte Moore. »Aber ansonsten sind Sie nicht allzu offen uns gegenüber gewesen. Warum mussten Sie sich letztes Mal hinter Ihrem Kumpel verstecken, Mr. Finch?«
    »Ich stand irgendwie unter Schock. Es hat sich so ergeben.«
    »Es war die Idee von diesem Amerikaner, nicht wahr?«
    »Dafür möchte ich mich entschuldigen. Es war nicht meine Absicht, den Eindruck zu erwecken, als wollte ich Ihren Fragen ausweichen. Ich habe nichts zu verbergen.«
    »Das ist alles, was wir hier festzustellen versuchen«, schaltete sich Irvine ein.
    Logan beschlich zunehmend ein unangenehmes Gefühl, was Moore betraf. Der Superintendent lehnte noch immer mit vor der Brust verschränkten Armen in der Ecke und versuchte ihn mit Blicken zu durchbohren. Logan spürte, dass beide irgendetwas zurückhielten, irgendetwas, wovon sie glaubten, dass es ihn verdächtig machte, etwas mit Pennys Ermordung zu tun zu haben. Er ahnte, dass sie wollten, er würde weiterreden, und wusste sich selbst keinen besseren Rat.

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