Verflixt, diese Flirts
mir und miteinander. Sie wollen, dass ich lerne, statt mit ihm auszugehen.«
»Du Ärmste! Sicher wollen sie nur, dass du dein Bestes gibst, aber es ist ja nicht gerade so, als hättest du schlechte Noten oder so was«, sagte ich.
Andy sah Maya an und nickte heftig. »Ich weiß, wie das ist. Es ist schwer, wenn man versucht, eine Beziehung aufzubauen, und die Eltern kein Verständnis dafür haben.«
Mein Gewissen meldete sich und ich musste schlucken. »Oder deine Freunde«, sagte ich kleinlaut.
Andy umarmte mich. »Das ist längst passé. Jetzt läuft es ja besser.« Sie hielt inne. »Außerdem haben wir jetzt alle einen Tanzpartner für den Schulball und können zusammen hingehen. Ist das nicht cool?«
Wir redeten noch ein paar Minuten über den Schulball. Maya erzählte uns von dem wunderschönen schwarzen Ballkleid, das sie am vergangenen Wochenende ergattert hatte. Ich hatte mein rotes Traumkleid schon so gut wie aufgegeben; es war also an der Zeit, mich nach einem billigeren Kleid umzusehen. Ich hatte erst rund hundert Dollar von meinem Gehalt zusammengespart, und selbst wenn ich für meine letzten Pärchen, die sich als dauerhaft erwiesen hatten, Boni bekommen würde, konnte ich mir das Kleid und die Schuhe immer noch nicht rechtzeitig kaufen. Außerdem waren mit dem Schulball noch mehr Kosten verbunden: das Essen, die Einsteckblume im Knopfloch für Derek und so weiter.
Während wir uns unterhielten, sah ich mich auf dem Korridor um. Die Atmosphäre hatte sich deutlich verändert. Jetzt himmelte niemand mehr Derek an.
Es war sogar ungewöhnlich still. Es lag nur ein allgemeines Flüstern in der Luft. Die Leute suchten nicht mehr die Gänge nach ihm ab, sondern liefen mit gesenktem Kopf vorbei, als wäre es ihnen peinlich, gesehen zu werden.
Ich hörte, wie ein Junge vor seinem Schließfach murmelte: »Derek ist zwar cool, aber doch nicht so cool, wie ich dachte.«
Eine Brünette namens Caren, die ich aus dem Englischunterricht im letzten Schuljahr kannte, nickte nachdenklich. Sie sah ihn flüchtig an. Dann wandte sie ihm nochmals den Kopf zu und betrachtete ihn, als würde sie ihn zum ersten Mal richtig wahrnehmen.
Sie holte tief Luft, wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger und streckte die Brust heraus, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.
Oh wow, sie flirtete ja richtig mit ihm! Und dabei hatte ich sie noch nicht einmal mit jemandem verkuppelt. Sie war von sich aus über Derek hinweggekommen.
Es funktionierte also! Der Liebeszauber war weg.
Ich musterte Andy verstohlen von der Seite. Bei ihr schien sich nichts geändert zu haben, wenn man bedachte, wie oft sie Tyler heute früh erwähnt hatte. Sie war also immer noch in ihn verknallt, obwohl die Wirkung ihres Liebeszaubers heute vorbei sein musste. Ihre Beziehung zu Tyler war also von Dauer.
Ich schluckte meine Enttäuschung herunter. Wenn ich sie als Freundin behalten wollte, dann musste ich mich auch wie eine echte Freundin verhalten und zu ihr stehen, selbst wenn sie weiterhin so nervig verliebt war.
Maya und ich trennten uns von Andy und gingen in den Englischunterricht. Wir setzten uns auf unsere Plätze und schlugen unsere Ausgaben des Scharlachroten Buchstabens auf, mit dem wir uns heute wieder befassten.
»Ruhe!«, herrschte Mrs Kendel die Klasse an und musterte uns streng. Dann schloss sie die Tür mit einem lauten Schlag.
Alle machten den Mund zu. Sie hatte offensichtlich schlechte Laune, und wenn Mrs Kendel sauer war, war man am besten still.
»Also, lasst uns unsere Diskussion über den Scharlachroten Buchstabe zu Ende bringen. Es findet sich eine Passage im Buch«, sagte Mrs Kendel und blätterte in ihrer schon etwas zerfledderten Romanausgabe, »in der Hesters Tochter Pearl sie fragt, ob sie ihren eigenen scharlachroten Buchstaben bekommt, wenn sie älter ist. Was ist wohl der Grund für ihre Frage? Was hat diese Szene zu bedeuten?«
Alle sahen Mrs Kendel stumm an. Ja, es war Montagmorgen, keine Frage.
Maya meldete sich.
»Miss Takahashi«, sagte Mrs Kendel, »bitte sehr.«
Maya räusperte sich. »Hm, ich denke, da der Buchstabe Sünde symbolisiert, fragt sich Pearl vielleicht, ob sie als Erwachsene wie ihre Mutter sündigen wird?«
Mrs Kendel blinzelte verwundert. »Das trifft es genau.«
»Obwohl … Pearl könnte damit auch meinen, dass man sich kein Urteil über andere bilden sollte«, fuhr Maya fort und wurde immer hitziger. »Und dass in Wirklichkeit keiner besser ist als andere. Und dass es anderen
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