Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
schwarze Lederjacke an. Mit ihren schwarzen Lippen erinnert sie mich an einen gefährlichen Panther. Ohne mit der Wimper zu zucken, rammt sie ihr rechtes Knie in meine linke Seite.
Ich stoße vor Schmerz die Luft aus und röchle dabei wie ein verstopfter Staubsauger. „Und ob ich das verstehe“, japse ich. „Ihr müsst zu fünft kommen, um eine Zwölfjährige fertigzumachen!“
„Du willst es ja so!“, ruft Ricky und stößt mit ihrem Fuß so fest zu, dass ich endgültig auf den Boden segle.
Tannenzapfen zieht mich an den Haaren hoch und der Fünfte in der Runde tritt grinsend vor. Seine Oberlippe ist aufgerissen und die Zähne stehen schief im Mund herum. (4) „Entschuldige dich gefälligst bei Ricky!“
„Oh, ja! Natürlich! Sofort!“, seufze ich. Bietet die Bande schon vor aller Augen ein solches Schauspiel, dann soll es auch ein großes werden. Nur schade, dass ich die Hauptperson bin. „War mir ein Vergnügen, Katzenauge!“
Schiefzahn versetzt mir einen Schlag in den Magen, dass ich denke, seine Faust kommt auf der anderen Seite meines Körpers wieder heraus. Ein paar Sterne kreisen um meine Augen und verzweifelt versuche ich, den Brechreiz zurückzudrängen.
Zu spät. Ich spucke mein Frühstück auf Rickys Stiefel. Schade um das Müsli und die Rosinen.
„Hast du einen an der Klatsche? Kotz gefälligst woanders hin, Dummkopf!“, brüllt Ricky und macht einen Satz zurück.
„Beim nächsten Mal ziel ich höher“, keuche ich. Ich kann es einfach nicht lassen, mich noch tiefer in die Kuhscheiße hineinzureiten. Jeder, der nur kurz den Verstand einschaltet, hält sofort die Klappe oder zieht sich zurück, falls es noch irgendwie geht. Aber ich stelle mit einer brutalen Klarheit im Kopf fest, dass es mir Spaß macht, Ricky zu reizen. (5) Dabei mag ich das Mädchen in gewisser Weise, wenn sie nicht – wie gerade jetzt – in meinen Bauch boxt.
Ricky schleudert mich gegen die Mauer und Tannenzapfen und Schiefzahn schlagen mir wieder in den Magen. Ein paar Mal kann ich ihre Schläge abfangen, aber meistens landen sie Treffer. Schwarzer Panther zielt zur Abwechslung gegen meine Schienbeine.
Inzwischen haben sich natürlich Schaulustige eingefunden, die uns umringen. Ich höre einige gut gemeinte Ratschläge von Schülern, die ich noch nie gesehen habe, andere aber feuern Ricky und ihre Clique an, als wäre es ein legaler Boxkampf im Fernsehen.
„Weg hier!“, zischt Ted plötzlich.
Es ist wie eine Sirene, die plötzlich über den Schulhof hallt. Augenblicklich lässt mich Tannenzapfen fallen und rennt mit den anderen um die Ecke des Schulgebäudes.
Ich raffe mich auf und wische mit dem Handrücken über meine Lippe. Sie blutet. Aber die Wunde ist nur klein, dagegen brennen die Schläge im Magen und mein rechtes Schienbein noch immer. Kein Mitleid, bitte schön! Ich habe mir das selbst eingebrockt. Legt man sich mit so einer Bande an, muss man mit solchen Konsequenzen rechnen, mach das also bitte schön nicht nach. (6)
Ich stecke die Hand in die Jackentasche, um die Energie des Kristalls zu spüren. „Du lässt mich doch nicht im Stich, kleiner Freund?“, frage ich leise meine Hosentasche. Natürlich bekomme ich keine Antwort, doch ich spüre, wie eine angenehme Wärme durch meinen Körper zieht. Bisher hat der Kristall jeden Kratzer geheilt, ich war niemals krank – bis auf die ersten Tage auf dieser Welt. So eine kleine Prügelei ist vielleicht eine Sache von fünf Sekunden. Sicher werden alle darüber reden, dass die Neue dem Clan die Stirn geboten und dafür bezahlt hat. Aber sie ahnen nicht, dass ich auch davon profitiere: Jetzt weiß ich mehr über Ricky und ihre Freunde, jetzt kann ich die fünf an ihren Schwachstellen packen!
Als der Gong über den Schulhof dröhnt, recke ich mich. Die Schmerzen sind verschwunden, zurück bleiben nur ein paar blaue Flecken auf Wange, Oberschenkel und Schienbeinen. Ich denke an Labaido, an meine Heimatstadt. Dort sind die Heilkünste weitverbreitet. Aids, Krebs oder Rheuma sind schon seit Langem ausgemerzt. Es gibt zwar andere Krankheiten, aber unsere Heilmethoden liegen weit über dem Niveau, das hier auf der Erde zu finden ist. Allerdings – und darüber muss ich noch heute den Kopf schütteln – sind die Bewohner Labaidos besonders anfällig, sobald sie ihre Welt verlassen. Da in den Städten eine übertriebene Sauberkeit herrscht – und Labaido ist eigentlich nichts als eine einzige Stadt –, ist beinahe jeder anfällig und zieht sich auf
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