Verflixte Liebe
innerhalb der ersten drei Monate. Das ist viermal geschehen. Die Ärzte sagten, es sei ein genetischer Defekt.“
Christiane nickte. „Vielleicht ist sie ja vor Kummer verrückt geworden.“
„Sicher hat es mitgespielt.“ Alice trank von ihrem Wasser, dann sah sie Christiane fest an. „Gewiss, Roberta konnte einem leidtun. Aber Tommaso hatte doch auch ein Recht, endlich ein selbstbestimmtes Leben zu führen! Er wurde zu dieser Ehe gezwungen, wie Sie ja selbst am besten wissen. Roberta hat er nie geliebt! Sein Herz gehörte immer nur Ihnen und später mir. Damals, vor sechs Jahren, da hätte er sie ohne einen Moment zu zögern geheiratet, wenn man ihn nur gelassen hätte. Er wollte der Vater seiner Tochter sein, er wäre sogar nach Deutschland gezogen. Aber erst 25 Jahre alt und in einer Familie aufgewachsen, in der nur einer bestimmte, was zu geschehen hatte, nämlich der Patriarch, war er einfach zu schwach, sich zu wehren.“
Christiane starrte ihre Hände an, doch im Gedanken sah sie Marcello Forell vor sich. Seit sie diesen Mann kannte, konnte sie Tommasos Verhalten besser verstehen. Nur ein großer Rundumschlag hätte ihn damals aus den Klauen seiner Familie befreien können, und dafür brauchte man schon verdammt viel Mut!
Sie sah auf und Alice an. „Und Sie glauben nun, Roberta hatte diesen Unfall absichtlich herbeigeführt?“
„Ich bin sicher. Sie sagte zu Tommaso: 'Du wirst mich nicht verlassen, ganz sicher nicht. Eher sterben wir beide!' Das erzählte er mir dort drüben an diesem Tisch! Doch am nächsten Tag rief er mich plötzlich an, um unsere Verabredung abzusagen. 'Roberta hat heute Nacht eingelenkt', sagte er. 'Sie will mit mir nach Erice fahren. Wir besichtigen die Villa, sie steht ja schon zwei Jahre leer, und dann besprechen wir alles Weitere.' Eine Stunde später waren beide tot. Das Fahrzeug, hieß es, sei ins Schleudern gekommen und mit überhöhter Geschwindigkeit an einen Baum gefahren. Ich habe das keine Sekunde geglaubt. Ich habe mir die Unfallstelle genau angesehen, es gab keine Bremsspuren!“
Eine Zeitlang schwiegen die beiden Frauen. Dann sagte Alice: „Als zwei Wochen später die Stelle der Haushälterin ausgeschrieben wurde, bewarb ich mich. Es gab zwei Gründe für mich, das zu tun: Ich brauchte etwas von Tommaso, um später einmal einen Vaterschaftstest machen lassen zu können. Haare zum Bespiel. Das war nicht schwer, ich fand seinen elektrischen Rasierapparat - er trägt sogar sein Monogramm, man wird schwerlich abstreiten können, dass er ihm gehört. Und der zweite Grund, ich suche sein Tagebuch.“
„Hat er denn Tagebuch geschrieben?“
„Heimlich, seit einem Jahren etwa. Er ahnte, dass es schwer sein würde, sich von Roberta zu trennen. Er sagte: 'Ich werde Beweise brauchen. Ich muss wissen, wann ich wo war, und was getan habe. Und vor allem muss ich mich erinnern können, was meine Frau wann und wo gesagt und getan hat.' Verstehen Sie, Signora Rosmann, wenn ich dieses Tagebuch finde, dann kann ich beweisen, dass es kein Unfall war, und ich kann beweisen, dass Tommaso mich liebte, und dass er mich heiraten wollte. Es geht mir nicht um das Geld der Forell, es geht mir darum, dass mein Kind einen Vater und einen Namen hat.“
Christiane sah Alice eindringlich an. „Und warum haben Sie mir das alles erzählt?“
„Es war das, was Sie vorhin zu Tommasos Bild sagten. Dass er das allerletzte sei! Sie haben ihm Unrecht getan! Ich möchte, dass sie ihn verstehen. Er ist tot, er kann sich nicht mehr verteidigen. Und außerdem: Sie und ich, uns verbindet doch so viel! Sie sind die Mutter seiner Tochter, ich bin die Mutter seines ungeborenen Sohnes. Unsere Kinder werden Halbgeschwister sein. Beide Kinder haben ihren Vater verloren, ohne ihn je gekannt zu haben.“ Sie griff nach Christianes Hand und sah sie eindringlich an. „Ich finde, wir sollten zusammenhalten! Und ich hatte außerdem den Eindruck, dass Sie sich hier sehr einsam fühlen, dass Sie, genau wie ich, jemanden brauchen, zu dem Sie vertrauen haben können.“
Christiane senkte den Blick. „Ich danke für Ihr Vertrauen. Doch das alles ist so ungeheuerlich, ich muss zuerst einmal in Ruhe nachdenken.“ Sie sah auf die Uhr. „Es ist spät, ich sollte gehen. Milena wird mich wohl schon sehnsüchtig erwarten. Sie wollte mit ihren Großeltern 'gioco dell'oca' spielen, ich glaube, das ist ein Würfelspiel, nicht wahr?“
Alice nickte. „Ja, mit kleinen Gänsefiguren, die diverse Hindernisse überwinden
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