Verflixte Liebe
müssen.“ Sie gab der Bedienung ein Zeichen und legte das abgezählte Geld auf den Tisch, sagte dann: „Ich müsste auch schon längst wieder im Palazzo sein; ich sagte Signora Forell, ich hätte einen Termin beim Arzt.“
Draußen verabschiedeten sie sich voneinander. „Ich nehme einen anderen Weg, so werde ich fünf Minuten nach Ihnen ankommen“, sagte Alice und wollte gehen, doch Christiane hielt sie fest. „Wann kommt er denn zur Welt, Ihr Junge?“
„In vier Monaten, wenn alles gut geht.“
„Ich halte Ihnen die Daumen. Und ich finde, wir sollten uns duzen.“
„Ja, das finde ich auch.“ Alice umarmte Christiane spontan, dann gingen sie beide in entgegengesetzter Richtung davon.
Milena erwartete ihre Mami mit glühenden Wangen. Sie hatte beim Spielen gewonnen und hielt Christiane stolz ein Buch hin, dass sie von Maria Forell geschenkt bekommen hatte. „Schau nur, auf der linken Seite steht etwas in Italienisch, und auf der rechten Seite steht dasselbe in Deutsch. Großmutter Forell meint, so kann ich ganz leicht italienisch lernen.“
Christiane las den Text: „Il cagnolino saltò avanti. Corse lungo la strada e Tina lo seguí.“
„Das heißt: Der kleine Hund sprang voraus. Er lief die Straße entlang, und Tina folgte ihm neugierig“, übersetzte Milena stolz.
Christiane strich ihr zärtlich übers Haar und rang sich ein Lächeln ab. „Du machst das wirklich wunderbar!“ Aber im Innersten nagte der Ärger an ihr. Milena sollte italienisch lernen, obwohl Maria und Marcello Forell bestens deutsch sprachen? Die Absicht, die dahinter steckte, war ja wohl deutlich.
Beim Abendessen versuchte Maria ein Gespräch mit Christiane anzufangen. „Hatten Sie einen schönen Nachmittag, Signora?“
„Danke“, antwortete sie einsilbig.
„Bestimmt haben Sie sich unsere schöne Stadt angesehen.“
„Ich bin nicht weit gekommen.“ Sie dachte an das Theatro Massimo, das sie auf der Herfahrt gesehen hatte und sagte: „Ich habe mir das Theater angesehen. Die Architektur ist interessant.“
Marcello Forell warf den Frauen einen rügenden Blick zu, und sie schwiegen wieder. Bei Tisch wurde nicht gesprochen! Umso besser, Christiane sollte es recht sein.
Nach dem Essen brachte Alice für die Damen einen Espresso und ein Glas Likör und für Milena ein Eis in den Rosa Salon, Marcello Forell zog sich in die Bibliothek zurück.
„Sie sollten sich ein wenig von unserem schönen Sizilien ansehen“, schlug Maria vor. „Cáccomo zum Beispiel, dort finden Sie eines der schönsten Kastelle Siziliens. Oder Palma di Montechiaro. Oder fahren Sie doch zum Ätna. Einen Vulkan zu sehen, das findet unsere kleine Milena bestimmt aufregend.“
„Ja, Mami!“ Milena war sofort begeistert. „Einen Vulkan würde ich wirklich gerne einmal sehen!“
„Na sehen Sie.“ Maria lächelte, dann sah sie Christiane wieder an. „Ich werde Raffaele bitten, Sie ein wenig herumzufahren.“
Christiane öffnete den Mund, um dankend abzulehnen, aber dann besann sie sich anders. Sie konnte sich nicht zwei Wochen hinter den Mauern des Palazzo verstecken. Und auch für Milena war es besser, sich nicht fortwährend im Wirkungskreis ihrer Großeltern aufzuhalten.
„Passt es Ihnen, wenn er Sie morgen Vormittag so gegen zehn Uhr abholt?“
„Ja, das ist mir recht“, war sie einverstanden.
Christiane schreckte auf. Sie hatte von einem Schatten geträumt, der sie verfolgte, und je schneller sie lief, desto schneller war auch er. Da stand plötzlich sie am Rande eines Vulkans und konnte nur noch in das Feuerloch springen.
Sie wischte sich über die schweißnasse Stirn und sah Milena an, die friedlich neben ihr schlummerte, dann versuchte sie, wieder einzuschlafen. Doch die Gedanken quälten sie zu sehr, sie wälzte sich im Bett, bis sie es nicht länger aushielt und beschloss, ein Glas Milch aus der Küche zu holen.
Leise stand sie auf, zog sich den Morgenmantel über und verließ das Zimmer. Das Licht im Flur brannte wie immer, auch die Diele im unteren Stockwerk war beleuchtet. Auf nackten Füßen ging sie zur Treppe und horchte auf Geräusche, aber alles war still.
Der Küchentrakt lag links neben dem Speisezimmer hinter einer schweren Eichentür. Christiane war nie dort gewesen, aber sie hatte beobachtet, dass Alice, wenn sie das Essen servierte oder abtrug, die Tür mit den Fuß öffnete. Dazu trat sie auf einen goldenen Knopf, der in den Boden eingelassen war, und die Tür schwang wie von Zauberhand geführt ganz von
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