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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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hatte er sich ordentlich wehgetan. Als er sich erholt hatte, verschwand er aufs Klo (ob er diesmal mehr Glück mit dem Toilettenpapier hatte?), kehrte angewidert zurück, setzte sich auf meinen Schreibtisch und schwieg den Rest des Tages.
    Ich nutzte den Frieden, um Mama dazu zu überreden, mich morgen in die Schule gehen zu lassen (erfolgreich!), meine E-Mails zu checken (keine Nachricht von Guiseppe – ob er mein Video tatsächlich abgeschickt hatte?) und meinen Rucksack zu packen. Nach dem Abendessen versuchte ich vorsichtig ein paar Situps. Ich musste dringend wieder damit anfangen. Normalerweise machte ich vor dem Schlafengehen mindestens zwanzig Sit-ups und zwanzig Liegestützen, an guten Tagen auch dreißig.
    Doch schon bei der zweiten Wiederholung packte Leander mich um die Hüfte, hievte mich hoch und warf mich unsanft aufs Bett. Ich japste erschrocken nach Luft.
    »Bist du wahnsinnig?«, fuhr er mich an. »Hör auf mit der Scheiße!«
    »Das ist keine Scheiße!«
    »Ist es wohl. Leg dich hin und schlaf. Los! Allez, hop!« Hysterisch schüttelte er mein Bettzeug aus, schlug es zurück und deutete auf die Matratze. »Hinlegen!«
    Mann, hatte der eine Laune. Ich hatte das schon kommen sehen. In den vergangenen Stunden hatte er fast ununterbrochen sein Gesicht geknetet und einen neuen Rekord im Dauerseufzen erstellt. Ihn plagte etwas. Doch vor allem plagte er mich.
    »So. Mir reicht es jetzt. Wer und was bist du? Und warum hängst du dich an mich dran wie eine nervtötende Klette? Mein Zimmer ist nicht dein Zuhause, falls du das vergessen hast. Du hast hier nichts verloren.«
    Leander verschränkte die Arme, blickte zur Decke und schwieg.
    »Leander …«, sagte ich drohend. »Ich mache wieder Sit-ups.«
    Er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern.
    »Okay …« Ich legte mich auf den Boden, klemmte meine Füße unter den Lattenrost meines Bettes und zog mich hoch. Autsch. Das tat ja wirklich noch weh. Und Leander rührte nicht einen Finger, um mich wegzuholen. Nach dem zehnten Sit-up, bei dem mir vor Schmerzen der kalte Schweiß auf die Stirn trat, gab ich auf und setzte mich zurück aufs Bett.
    »Willst du oder kannst du es mir nicht sagen?«
    »Ich darf nicht«, antwortete er gedehnt und streifte mich mit einem unheilvollen Blick, bevor er wieder die Decke anstarrte.
    »Ganz ehrlich, Leander«, giftete ich. »Es ist mir scheißegal, was du darfst und was du nicht darfst. Ich will es wissen und ich werde nicht eher Ruhe geben, bis du redest.«
    Meine Ansage beeindruckte ihn nicht. Und das machte mich wiederum fuchsteufelswild.
    »Gut!«, zischte ich und hüpfte einer plötzlichen Eingebung folgend auf die Fensterbank. Zwei Sekunden später hatte ich die Fenster sperrangelweit geöffnet. Ein kalter Windstoß fuhr ins Zimmer. Leander hörte abrupt auf, an die Decke zu starren. Entsetzt sah er mich an.
    »Wenn du es mir nicht sagst, springe ich von hier auf das Dach vom Haus nebenan, ja, genau, das mit den glitschigen Ziegeln – oder, viel besser, auf die Straßenlampe schräg gegenüber, die ist zwar klatschnass vom Regen und schwankt im Wind, aber das macht es nur spannender, finde ich, und vor allem gefährlicher, also, überleg es dir …« Ich ging in die Knie und tat so, als ob ich Schwung holen wollte. Leander sagte immer noch nichts. Ich musste es drauf ankommen lassen. Ich wippte auf und ab, beugte mich nach vorn und …
    »Luzie, nein!« Er riss mich mit voller Wucht nach hinten. Zusammen polterten wir auf den Boden und stießen dabei den Rest des kalten Kaffees um. Die Tasse zerbrach. Sofort wurde mein Ärmel nass. Ich versuchte, ihn aus der Pfütze zu ziehen, doch Leander lag schwer und warm auf mir und guckte mich so intensiv an, dass ich mich nicht rühren konnte. Sein rechtes Auge war verdammt blau und hell. Es blendete mich.
    »Oh Gott, Luzie, du Ausgeburt der Hölle …«, stöhnte er und drückte meine Arme fest auf den Teppich. Ich hob meine Knie an, um sie ihm in den Bauch zu rammen. Er keuchte auf, ließ mich aber nicht los. Seine Haare kitzelten meine Nase und ich musste niesen.
    »Ich kann das noch einmal machen«, warnte ich ihn. »Ewig kannst du mich nicht festhalten. Irgendwann musst du schlafen. Das kriegst du gar nicht mit, wenn ich es wieder versuche … Du hast jetzt einen Körper und Körper brauchen Schlaf. Pech gehabt.« Plötzlich kam mir mein Geistesblitz von heute Nacht in den Sinn. »Du kannst nicht immerzu auf mich aufpassen.«
    »Du weißt es also schon«, flüsterte

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