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Verflucht himmlisch

Verflucht himmlisch

Titel: Verflucht himmlisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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in den Keller trug, doch mir kam die Wochenendschicht meiner Eltern äußerst gelegen. Niemand würde auf mich achten bei all der Arbeit. Ich konnte den ganzen Tag im Bett liegen und Kraft für heute Abend sammeln.
    Mama hatte mir schon vor Tagen erlaubt auszugehen. Beim Überreden hatte ich einen Zwischenweg gewählt. Meine Version lautete, dass ich mit Sofie und Seppo in New Moon ging (keine Ahnung, was das für ein Film war, aber Sofie faselte seit Wochen davon – es musste also was für Mädchen sein). Dabei ließ ich durchklingen, dass Sofie in Seppo verknallt war. Mama mochte Sofie, Seppo vertraute sie wie einem eigenen Sohn und ich war das fünfte Rad am Wagen – wunderbar. Ich musste nur versprechen, mich von Seppo im Anschluss an den Film nach Hause bringen zu lassen. Das war kein Problem, wir hatten ja sowieso den gleichen Weg.
    Bis gestern hatte ich mir einen Spaß daraus gemacht, mir diesen gemeinsamen Heimweg auszumalen, und es war mir sogar gelungen, Leander dabei zu verdrängen (denn er würde uns sicher begleiten). Doch jetzt funktionierte das nicht mehr. Meine Gedanken wirbelten chaotisch durcheinander und der Schmerz in meinem Ohr machte jede schöne Träumerei zunichte. Irgendwann tauchten Leanders Huskyaugen vor mir auf und ich hörte ihn sagen: »Wenn du mit Seppo allein bist, kann ich machen, wozu ich Lust habe. Seppo hat keinen Sky Patrol mehr.« Das Blöde war, dass das stimmte. Diese Worte hatte Leander zu mir gesagt und ich hielt sie nicht für gelogen. Seppo war fast sechzehn und er war beim Parkour immer vorsichtig. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er jemals böse gestürzt war oder sich so verletzt hatte, dass er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Er wusste, wo seine Grenzen waren. Das war ja auch genau das, was er an mir auszusetzen hatte – dass ich nicht wusste, wo meine Grenzen waren. Na, kein Wunder bei einem so miserablen, stinkfaulen Schutzengel, dachte ich und versuchte, eine kühle Stelle auf meinem Kopfkissen zu finden, denn meine Wangen brannten wie Feuer.
    Leander versank den ganzen Nachmittag in bleiernes Schweigen. Als es draußen dämmerte, trat er plötzlich zu mir, hielt mir meine Wasserflasche an den Mund und sagte barsch: »Trink!« Meine Kehle war so trocken, dass ich gehorchte. Hunger hatte ich jedoch keinen.
    Gegen Abend taumelte ich benommen ins Bad, schluckte eine von Mamas Aspirintabletten und zog mich um. Ein paar Minuten lang stand ich ratlos vor dem Spiegel und überlegte, ob ich irgendetwas an mir verändern sollte. Doch ich wusste nicht, was. Ich fand mich okay so, wie ich war. Ich mochte meine grünen Augen und meine dunkelroten Haare. Was ich nicht mochte, waren die Fieberbacken, durch die meine Stirn und Nase blasser wirkten, als sie es ohnehin waren, aber daran konnte ich nichts ändern.
    Okay – wenn ich die S-Bahn zur Walzmühle nicht verpassen wollte, musste ich jetzt das Haus verlassen. Leander verhielt sich ungewöhnlich desinteressiert. Im Abstand von mindestens zwei Metern folgte er mir, die Lider gesenkt, das Gesicht starr, obwohl weit und breit weder Kinder noch andere Jugendliche zu sehen waren. Im ersten Moment tat die Kälte mir gut. Aber dann begann sie, unter meine Jacke zu kriechen und sich in meinen Knochen einzunisten. Mein Ohr schmerzte so stark, dass ich mir die Kapuze über den Kopf zog.
    Ich sehnte mich nach der Wärme der S-Bahn und freute mich darauf, mich hinsetzen zu können. Meine Knie waren wie aus Gummi und ich hatte das Gefühl, auf Watte zu laufen. Doch ich wollte zu Seppo. Jetzt erst wurde mir klar, wie sehr ich mich die ganze Zeit schon danach gesehnt hatte: einen Abend mit Seppo zu verbringen, wir zwei ganz allein. Immer waren Serdan und Billy dabei gewesen, wenn ich ihn gesehen hatte. Und in der Pizzeria war ständig seine Mutter in der Nähe oder seine Geschwister tanzten um ihn herum. Sollte der Abend heute gut laufen, würde er außerdem bestimmt den Gedanken begraben, mich aus der Gruppe zu verbannen.
    Ich beeilte mich, denn ich war spät dran, weil ich zu allem mehr Zeit gebraucht hatte als sonst. Außer mir war niemand mehr unterwegs. Der Asphalt glänzte feucht unter meinen Füßen und aus den Kanaldeckeln stieg die warme Luft in Schwaden auf. Der Himmel war so dunstig, dass sein Grau fast lila schimmerte. In der Ferne sah ich, wie sich die Abgaswolken der BASF kerzengerade in die Luft schoben.
    An der Kurve vor mir tauchten die Lichter der S-Bahn auf. Ich wollte losrennen, doch plötzlich schien

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