Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
reagierte sie wohl neuerdings so gereizt auf ihre Mutter.
Mika setzte sich auf und schwang die Füße aus dem Bett. Auf dem Teppich lag der Block. Zwei neue Worte standen darauf und erinnerten sie daran, was zu tun war.
Isa ist tot. Sie hat sich umgebracht. Zuerst hatte sie das nicht verstanden. Isa? Tot? Zwei Worte, die nicht zusammenpassten. Das konnte einfach nicht sein. Lukas erlaubte sich einen Scherz. Doch mit so etwas scherzte man nicht. Schon gar nicht Lukas.
Erst ein unsagbarer Schmerz, unendliche Trauer, dann Wut. Warum hast du nicht angerufen, Isa? Warum hast du dein Leben weggeworfen? Du hattest Pläne. Amerika. Studium. Warum tust du mir das an? Lässt mich allein, Isa! Wie kannst du nur? Warum? Wegen Sascha? Doch nicht wegen Sascha! Wegen dieses Idioten! Lachen! Du hättest darüber lachen sollen. Okay, erst weinen. Das verstehe ich ja. Dieser Arsch. Er hat dich vorgeführt, er hat sich über dich lustig gemacht, er hat dich gedemütigt. Und seine ebenso zahlreichen wie doofen Kumpels haben ins selbe Horn gestoßen und sich bepisst vor Lachen. Na klar, was sonst? Herdentrieb. Eine Herde blökender Hammel. Lauter Idioten. Wegen denen bringt man sich doch nicht um. Isa!
Sie fehlte ihr so. Und nun Daniel! Was war los? Was lief schief? Ein dunkler Sog. Sie spürte ihn. Wann hatte das angefangen? Wie würde es enden?
Diese düsteren Gedanken. Mika schüttelte den Kopf und reckte sich. Mit einem Griff zog sie die Jalousie ganz hoch. Die Sonne knallte zum Fenster rein, fuhr ihr blendend in die Augen. Blinzelnd wandte sie sich ab.
Der Block lag auf dem Teppich neben dem Bett. Seit Isas Selbstmord lag er da, denn vorm Einschlafen und beim Aufwachen fielen ihr oft Worte ein. Worte, die passen konnten. Hunderte, wenn nicht Tausende hatte sie schon ausprobiert. Doch sie würde nicht aufgeben, bis sie endlich das eine gefunden hatte, mit dem sie sich auf Isas Facebook-Seite einloggen konnte. Und dann würde sie ihn enttarnen, diesen Sascha, den niemand kannte und der nach Isas Selbstmord in den Weiten des Netzes verschwunden war.
Er hatte Isa auf Facebook eine Freundschaftsanfrage geschickt, und sie hatte sich in ihn verliebt. Und er sich in sie. Hunderte Mails hatten sie getauscht. Doch nie telefoniert. Nie geskypt. Eigentlich hätte mir sofort auffallen müssen, wie seltsam das ist, dachte Mika. Sie bückte sich und hob den Block auf.
Julius Cäsar. Izzibizzi. Das waren die beiden Worte, die ihr in der vergangenen Nacht eingefallen waren.
Sie setzte sich an den Schreibtisch, startete ihr MacBook und trank den Vitaminsaft, während es hochfuhr.
Julius Cäsar, so hatte Isas Goldhamster geheißen, den sie von einer Tante zum achten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Und Izzibizzi war ein alter Schlager, den Isa in der fünften oder sechsten Klasse toll gefunden und ständig geträllert hatte.
Mika startete den Browser und ging auf die Facebook-Seite. Um sich einzuloggen, musste man seine E-Mail-Adresse angeben und ein Passwort. Mika tippte Isas Mailadi ins Eingabefeld und wechselte mit dem Cursor in das Feld fürs Passwort. Sie probierte Julius Cäsar in verschiedenen Varianten. Ohne Leerzeichen, mit Unterstrich, statt ä, mit ae ohne Großbuchstaben. Nichts führte zum Erfolg. Es gelang ihr nicht, sich als Isa einzuloggen. Dieselbe Prozedur mit Izzibizzi . Zwischendurch musste sie mehrmals den Browser neu starten, denn Facebook schlug nach einigen Fehlversuchen vor, sich ein neues Passwort schicken zu lassen. Doch das nutzte natürlich nichts, denn das neue Passwort würde an Isas Mailadi geschickt werden, und auch dafür kannte Mika das Login nicht. Warum war Isa nicht so leichtsinnig gewesen wie Mam? Mam verwendete nur ein einziges Passwort für all ihre Webaktivitäten und posaunte das auch noch in der Familie herum. SaasFee. Ihr bevorzugter Skiort in der Schweiz.
Mika seufzte. Heute würde das wohl wieder nichts werden. Noch einmal tippte sie eine Variante von Izzibizzi ein, doch es klappte nicht. Izzibizzi. Was war das überhaupt für ein Schlager?
Mika googelte ihn und fand auf YouTube ein Video. Total witzig gemacht, im Look der Fünfziger. Der Text wurde Zeile für Zeile in Comicschrift eingeblendet. Es war ihr Itsy-bitsy-Teenie-Weenie-Honolulu-Strandbikini.
Sie hatte es falsch geschrieben! Mika probierte es noch einmal. Doch es klappte nicht. Verdammt! Wieder nichts. Sie wollte den Laptop schon schließen, als sie eine Idee hatte. Vielleicht funktionierte es ja damit. Sie tippte
Weitere Kostenlose Bücher