Verfluchte Seelen
das heißen, dass sie im Sterben liegt?«
»Ja.«
Bastien starrte Melanie an.
Das war das größte Problem mit diesem verdammten Virus. Selbst wenn sie ein Heilmittel fanden, das ihn abtötete und Unsterbliche und Vampire in Sterbliche zurückverwandelte – die Sterblichen hatten kein Immunsystem mehr und starben dennoch. Das Erste, was das Virus in einem frisch infizierten Körper tat, war, das Immunsystem zu zerstören, um es zu ersetzen.
Bastien musste sich zwingen, einen Fuß vor den anderen zu setzen, bis er schließlich neben dem Bett stehen blieb. Eine Infusionsnadel war an Melanies Hand befestigt.
Er nahm ihre andere Hand. Ihre weiche Haut war kalt, und die langen, zarten Finger hingen schlaff herunter. »Richart.«
»Ja.«
»Hol Roland.«
»Was?«
»Roland kann ihr nicht helfen, Sebastien«, sagte Linda sanft. »Ebenso wenig wie Seth und David. Keiner der Heiler kann etwas für sie tun. Das ist nun einmal die Natur des Virus. Das ist eins der vielen Dinge, die diesen Virus von allen anderen auf der Erde existierenden unterscheidet.«
Bastien sah zu Richart. »Such Roland und bring ihn her. Jetzt.«
Richart warf Linda einen Blick zu und verschwand.
Weder Bastien noch Linda sagten ein Wort, während sie warteten.
Sekunden später tauchte Richart wieder auf; er hatte sowohl Roland als auch Sarah dabei. Er ließ ihre Schultern los und machte einen unsicheren Schritt zur Seite.
Bastien suchte seinen Blick. »Und jetzt Étienne und Lisette.«
Richart warf ihm einen prüfenden Blick zu, nickte dann und löste sich in Luft auf.
Roland zog ein finsteres Gesicht und wollte gerade den Mund öffnen, um mit seiner Schimpftirade loszulegen, aber Bastien schnitt ihm das Wort ab und drehte sich zu Linda um. »Ich muss Sie bitten, das Zimmer zu verlassen.«
Ihr nervöser Blick schweifte von Roland zu Sarah und wieder zurück zu ihm. »Bei allem Respekt – nein. Ich gehe nicht.«
»Ich fürchte, Sie haben keine Wahl.«
Trotzig schob sie das Kinn vor. »Lanie ist meine Freundin. Ich lasse sie nicht allein.«
»Sie brauchen keine Angst zu haben«, versprach Roland, der wie immer grimmig dreinschaute. »Wir lassen nicht zu, dass er ihr etwas tut.«
Sarah lächelte beruhigend. »Wir müssen uns nur mal kurz unterhalten. Wir sagen Ihnen Bescheid, wenn wir fertig sind.«
Linda sah zu Roland. »Bitte rufen Sie mich, falls Sie versuchen sollten, sie zu heilen.«
»Wie Sie wünschen.«
Mit offensichtlichem Widerwillen ging Linda hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Richart kehrte mit Lisette zurück und verschwand dann wieder.
Lisette bedachte Sarah mit einem matten Lächeln und nickte Roland zu.
Dieser bemerkte es nicht einmal. Er war bereits in voller Fahrt mit seiner Strafpredigt.
»Also, zuerst einmal«, schnarrte er, »wage es nicht noch einmal, Richart ohne Vorwarnung zu mir nach Hause zu schicken. Ich hätte ihn beinahe umgebracht! Und wage es nicht, mich hierher zu bestellen. Wenn du derjenige bist, der meine Heilkräfte benötigt – dann versuch dein Glück woanders! Wenn jemand anders meine Heilkräfte braucht, dann nimm dein verdammtes Handy und ruf mich an! Und wenn nicht genug Zeit bleibt, um den Wagen zu nehmen –
dann
darfst du Richart zur mir nach Hause schicken. Aber wage es ja
nie
wieder …«
»Schon verstanden«, unterbrach ihn Bastien, als Richart zusammen mit seinem Zwillingsbruder wieder im Zimmer auftauchte.
Étienne griff nach dem Arm seines Bruders, damit Richart das Gleichgewicht wiederfand, als er leicht zur Seite sackte. »Richart sagte uns, dass Dr. Lipton im Sterben liegt.«
»Es tut mir so leid, Bastien«, sagte Sarah.
»Sie wird nicht sterben«, widersprach er.
Roland wirkte nicht mehr ganz so wütend. »Du weißt, dass ich sie nicht heilen kann.« In seiner Miene spiegelte sich Anteilnahme wider. »Ich habe nicht die Macht, das Virus oder die Schäden, die es angerichtet hat, zu heilen.«
»Ich will nicht, dass du sie heilst. Ich will, dass du sie verwandelst.«
Die Unsterblichen zuckten zusammen. Augen wurden aufgerissen, Blicke gewechselt.
»Nein«, sagte Roland schließlich.
»Sie wird sich nicht in einen Vampir verwandeln.«
»Doch, das wird sie. Du willst es vielleicht nicht, aber …«
»Sie ist eine
Begabte
.«
»Blödsinn.«
»Bei so etwas würde ich nicht lügen.«
»Du würdest bei allem lügen, wenn du dir einen Vorteil davon versprechen würdest.«
»Aber nicht bei dieser Sache. Ich würde nicht wollen, dass sie ein Vampir
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