Verfluchte Seelen
Mord an seiner Schwester nicht mehr gekannt hatte, senkte sich über ihn, während er wie ein Schwamm Melanies Wärme und Zufriedenheit aufsaugte. Sie atmete jetzt tiefer und regelmäßiger.
Er schloss die Augen und ließ zu, dass der Schlaf von ihm Besitz ergriff.
Die Stimmen der Unsterblichen und ihrer sterblichen Freunde drangen aus dem Haus zu Zach herauf. Er saß schweigend auf dem eisigen Dach direkt über ihren Köpfen und achtete sorgfältig darauf, seine Körpertemperatur zu regulieren. Wenn er vor Kälte gezittert hätte, dann hätte das die Schmerzen, die ihm seine Verletzungen bereiteten, noch verstärkt.
Verdammt, tat das weh.
Mondlicht drang durch die dünnen Wolkenschleier. Die üblichen zwielichtigen Nachtgestalten trieben ihr Unwesen in der Dunkelheit zu seinen Füßen und in den dunklen Schatten außerhalb seines Gesichtsfelds.
Gelächter drang zu ihm herauf. Wie unbeschwert und sorglos es klang.
Zach versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal so unbeschwert gelacht hatte, und konnte es nicht.
Die Hintertür des Hauses öffnete sich und wurde kurz darauf wieder geschlossen. Jemand ging über die Veranda, die Treppe hinunter und eilte dann über den Rasen neben dem Haus, wobei das vertrocknete, winterbraune Gras unter den Schritten raschelte. Metall schepperte.
Zach sah nach rechts.
Das obere Ende einer Aluminiumleiter tauchte in seinem Blickfeld auf und wurde behutsam gegen die Kante des schrägen Dachs gelehnt.
Er seufzte. Wie wollten sie ihn dieses Mal quälen?
Eigentlich hätte niemand wissen sollen, dass er hier oben war. Selbst Seth schien seine Anwesenheit nicht bemerkt zu haben. Der arme Kerl musste sich zurzeit mit so vielen Problemen herumschlagen, dass Zach nicht begriff, warum er nicht einfach das Handtuch warf, um sich aus purer Erschöpfung zu Zach und den anderen zu gesellen.
Auf der Leiter waren Schritte zu hören. Hände glitten an den Längsseiten entlang.
Er öffnete die Flügel, bereit zum Abflug, und schnappte unwillkürlich nach Luft. Ein scharfer Schmerz schoss durch seinen Körper. Er ballte die Hände zu Fäusten und wartete geduldig, bis der Schmerz abebbte.
Alles in Ordnung bei Ihnen
?
Es war eine weibliche Stimme. Sie war sanft und leise und versetzte ihm einen solchen Schock, dass er seine Schmerzen vergaß.
Er sah zu der Leiter.
Ein feuerroter Lockenkopf war über der Dachkante aufgetaucht, dicht gefolgt von einem Paar smaragdgrüner Augen.
Wortlos starrte Zach die Unbekannte an. Es war die Frau, die Seth vor ein oder zwei Jahren aus den Händen der Söldner befreit hatte.
Die Frau, die von einem anderen Planeten kam.
Als er keine Anstalten machte abzuhauen, verstand sie das offenbar als Einladung, denn sie erklomm die letzte Sprosse und kletterte auf das Dach.
Zach machte sich bereit, notfalls hinter ihr herzuhechten, falls sie stolperte und vom Dach fiel. Seth würde garantiert ihm die Schuld geben, wenn sie abstürzte, und Zach hatte absolut keine Lust, sich noch mehr Ärger einzuhandeln.
Für eine Sterbliche war sie erstaunlich trittsicher. Ihre kleinen Füße steckten in Turnschuhen, und sie kletterte behände wie eine Gazelle das Dach hinauf und marschierte dann über den Dachfirst auf ihn zu, bis sie neben ihm stand.
Ihre Flügel gefallen mir.
Eine Telepathin also.
Darf ich mich zu Ihnen setzen?
Ihm fiel auf, dass sie diese Frage erst stellte,
nachdem
sie sich neben ihn gesetzt hatte. Fast hätte er gelächelt. Vielleicht, wenn er nicht solche Schmerzen gehabt hätte …
Okay
.
Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir auf diese Weise miteinander reden, statt uns laut zu unterhalten? Ich habe das Gefühl, dass Sie nicht wollen, dass die anderen merken, dass Sie hier sind und zu uns stoßen – zumindest mit Seth und Marcus müssten wir rechnen.
Mir wäre es tatsächlich lieber, nicht noch mehr Gesellschaft zu bekommen. Also einverstanden.
Gut.
Woher wussten Sie, dass ich hier bin?
Ich habe gespürt, dass Sie Schmerzen haben. Sind Sie in Ordnung? Kann ich etwas für Sie tun?
Verdammt. Kein Wunder, dass Seth und die anderen sie so gern mochten. Sie kannte ihn nicht einmal und bot ihm trotzdem ihre Hilfe an.
Mir geht es gut.
Warum bitten Sie nicht Seth oder David, Sie zu heilen?
Er schüttelte den Kopf.
Dann wüssten alle, dass ich hier bin.
Sie nickte.
Haben Sie keine Angst vor mir?
Wenn man ihre Vorgeschichte bedachte, wäre es verständlich gewesen, wenn sie Angst vor ihm gehabt hätte. Er wusste, dass sie sich
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