Verfluchte Seelen
»Hey.«
Genau wie bei Sarah war der Wunsch der Unsterblichen, dass sie sich unter ihnen willkommen fühlte, so ausgeprägt, dass Bastien sie nicht erst berühren musste, um ihn zu spüren. Keine
Begabte
hatte sich jemals freiwillig verwandeln lassen … jedenfalls nicht, bis Sarah und Melanie sich dafür entschieden hatten. Allerdings hatte Melanie keine große Wahl gehabt: Verwandlung oder Tod. Sie hatte sich für Ersteres entschieden. Aber eine alarmierend große Anzahl von
Begabten
hatte sich im Laufe der Jahrhunderte für den Tod entschieden.
Bastiens Sorge, dass ihre Abneigung gegen ihn dazu führen könnte, dass die anderen sie weniger herzlich in der Familie der Unsterblichen aufnehmen würden, war offenbar unbegründet gewesen. Alle im Zimmer, die Sekundanten inbegriffen, schienen verhindern zu wollen, dass sie ihre Entscheidung bereute.
Er verschaffte sich rasch einen Überblick. Seth, David und Darnell. Marcus und Ami. Roland und Sarah. Reordon. Richart und Sheldon. Lisette und ihre Sekundantin, Tracy. Étienne und sein Sekundant Cameron. Ethan, Edward, Yuri, Stanislav und ihre Sekundanten.
Seth begrüßte Melanie und fragte sie, wie sie sich fühlte.
»Gut, vielen Dank.«
»Dr. Lipton …«
»Melanie«, korrigierte sie ihn mit einem Lächeln, das er erwiderte.
»Melanie, keiner der Anwesenden wird schlecht von dir denken, wenn du heute Nacht lieber hierbleiben möchtest. Deine Kampferfahrungen sind begrenzt, und die Söldner, mit denen wir es heute Nacht zu tun haben werden, haben sich als sehr gefährliche Feinde erwiesen.«
»Ich komme mit«, erklärte sie mit fester Stimme und entschlossenem Gesichtsausdruck, obwohl Bastien spürte, dass ihr durchaus etwas mulmig zumute war.
Das konnte man ihr nicht vorwerfen. Er selbst war höllisch nervös gewesen, als er zum ersten Mal als Unsterblicher an einem Kampf teilgenommen hatte.
»Das hier wird nicht der letzte Kampf sein«, fügte David hinzu.
Sarahs Eintritt in die Welt der Unsterblichen war für sie eine qualvolle Erfahrung gewesen. Bastien nahm an, dass die beiden Älteren es lieber gesehen hätten, wenn bei Melanie alles etwas problemloser verlief.
Aber Melanie ließ nicht zu, dass man sie schonte. »Ich habe in den letzten zwei Jahren mehr Zeit mit Cliff und Joe verbracht als jeder andere hier im Zimmer. Ich möchte gern vor Ort sein, wenn ihr sie findet. Von dem ausgehend, was ich über Emrys weiß, bin ich überzeugt, dass sie mich brauchen werden. Das gilt insbesondere für Joe. Falls sich sein psychischer Zustand verschlimmert hat, bin ich höchstwahrscheinlich die einzige Person, die er nicht als Bedrohung betrachtet.«
»Wie du möchtest. Wir freuen uns, wenn du uns begleitest.« Seth wandte sich an alle im Zimmer. »Für diejenigen unter euch, die es noch nicht wissen – in den vergangenen Tagen war ich mit Ami unterwegs, um nach den vermissten Vampiren zu suchen. Heute Nachmittag ist es uns endlich gelungen, ihren ungefähren Aufenthaltsort zu bestimmen. In ein paar Minuten geht es los. Wir werden alle zusammen dorthin gehen, inklusive der Sekundanten, und zwar zu einem Stützpunkt, der ein paar Kilometer vom tatsächlichen Aufenthaltsort der Vampire entfernt liegt. Die Unsterblichen werden dann unter meinem Kommando weiter vorrücken.«
Die Anwesenden nickten.
»Lasst niemanden entkommen. Und egal, was passiert – lasst auf keinen Fall zu, dass Emrys Ami in die Finger bekommt. Es ist mir gleich, was ihr dafür tun müsst. Tut es einfach.«
Ami biss sich auf die Unterlippe und warf Marcus einen ernsten Blick zu.
Bastien nahm sich vor, in ihrer Nähe zu bleiben und ihr und Marcus den Rücken freizuhalten, wann immer er die Möglichkeit dazu hatte.
»Wissen alle, wie der Plan aussieht? Als Erstes kümmern wir uns um die Sterblichen. Dann vergewissern wir uns, dass auf dem Gelände keine Fallen oder Landminen sind, von denen wir ein paar auf dem kleineren Grundstück gefunden haben. Als Nächstes holen wir die Sekundanten mit dazu. Wenn wir die Hilfe derjenigen brauchen, die die gepanzerten Mannschaftstransporter bedienen können, dann werde ich sie zu unserer Unterstützung herbeordern.«
Nun ergriff David das Wort. »Seid besonders vorsichtig, wenn ihr auf die gefangenen Vampire trefft. Wie Melanie bereits sagte – die Qualen, die sie durch Emrys’ Leute erleiden mussten, könnten dazu geführt haben, dass ihre Paranoia und ihr Wahnsinn zugenommen haben, und Melanie ist möglicherweise die Einzige, der es gelingt, sie
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