Verfolgt im Mondlicht
beschützen – null, nada? Du konntest dir doch nicht einmal sicher sein, dass die E-Mail wirklich von ihm war.«
»Ich war mir aber sicher«, entgegnete Kylie.
»Wie denn?« Holiday lehnte sich nach vorn.
Kylie kaute unbehaglich auf ihrer Lippe. »Er war der Nebel.«
»Er war was?«
»Mein Großvater und meine Großtante – sie waren der Nebel. Irgendwie haben sie sich in Nebel verwandelt.«
»Wie …« Holiday seufzte schwer und versuchte offenbar, sich zu sammeln. »Du kannst trotzdem nicht einfach die Regeln missachten.«
»Die wichtigste Regel hab ich doch befolgt. Das, was du mir schon so oft gesagt hast.« Sie hielt inne. »Dass ich meinem Herzen folgen soll.«
Holiday starrte Kylie an, als überlegte sie, wie sie darauf reagieren sollte. »Du hättest auch jemanden bitten können, mit dir mitzugehen.«
»Dann hätten sie sich nicht mit mir getroffen.«
»Das weißt du doch gar nicht.«
»Doch. Als Lucas aufgetaucht ist, waren sie sofort weg.«
»Moment mal, Lucas war bei dir? Er wusste davon?« Holidays Stimme klang vorwurfsvoll.
»Nein. Er und Perry sind mir gefolgt, aber ich … hab sie abgehängt. Als Lucas mich wieder gefunden hatte, sind mein Großvater und meine Großtante sofort verschwunden. Sie vertrauen niemandem hier, weil die FRU mit dem Camp zu tun hat. Und nach allem, was ihnen passiert ist, kann man ihnen das wohl kaum verübeln.«
»Aber ich kann ihnen verübeln, dass sie dich dazu ermutigen, dein Leben in Gefahr zu bringen.« Holiday ließ sich frustriert in ihrem Stuhl zurückfallen.
»Sie wissen nicht einmal was von Mario. Und schau mich an. Mir ist nichts passiert. Ich musste es tun. Ich musste die Wahrheit erfahren.«
Holiday schloss die Augen und verharrte einen Moment so. Als ihre Lider sich schließlich langsam wieder öffneten, konnte Kylie sehen, dass der meiste Ärger aus ihren Augen verschwunden war.
Ihre Schultern entspannten sich. »Und was ist die Wahrheit, Kylie? Was haben sie dir erzählt?«
»Mein Dad hatte recht. Ich bin ein Chamäleon.«
»Und was genau ist das?«
»Ich hab von allen Übernatürlichen etwas in mir, die DNS von allen.«
Holiday schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein.«
»Anscheinend ja doch.«
Holiday schaute nachdenklich an die Decke. »Das ist … unglaublich.« Sie warf einen Blick auf Kylies Stirn und zuckte mit den Augenbrauen. »Also, wie entscheidet sich, welches Muster du hast?«
»Ich weiß es nicht … genau. Er hat gesagt, dass es Jahre dauern kann, bis ein Chamäleon das mit dem wechselnden Muster richtig beherrscht. Man muss es erst lernen. Aber dann hat er noch was gesagt, woraus ich geschlossen habe, dass es sich immer ändert, wenn ich bestimmte Kräfte brauche.«
»Also, hat er dich in einen Vampir verwandelt?«
»Nein, ich … er meinte, ich hätte es instinktiv getan. Als ich vor Lucas und Perry weggelaufen bin, hab ich mir innerlich die ganze Zeit gesagt, dass ich noch schneller laufen muss. Und so ist es vielleicht passiert.«
»Hast du mal versucht, es wieder zu ändern?« Holiday hob neugierig eine Augenbraue.
»Nein.« Kylie schüttelte den Kopf. »Das letzte Mal, als ich etwas ausprobiert hab, was ich noch nicht konnte, wäre Burnett fast kastriert worden.«
Holiday kicherte. Es tat so gut, die Campleiterin wieder lachen zu sehen, dass Kylie unwillkürlich mitlachen musste.
»Was hat dein Großvater denn noch gesagt?«, fragte Holiday.
Kylie musste schlucken. Wenn Holiday ein Vampir wäre, würde sie die Lüge, die ihr auf der Zunge lag, sofort enttarnen. Holiday zu sagen, dass ihr Großvater wollte, dass sie Shadow Falls verließ, würde der Campleiterin nur einen Grund liefern, ihn nicht zu mögen – und einen Grund, wieso Kylie ihn nicht mehr treffen sollte. Und das konnte sie nicht riskieren.
Sie atmete tief ein und kämpfte gegen das schlechte Gewissen an. Holiday konnte vielleicht nicht ihren Herzschlag hören, aber sie konnte ihre Emotionen lesen. Kylie straffte die Schultern und begegnete Holidays Blick. »Nicht viel. Lucas ist aufgetaucht, und … sie sind verschwunden.«
»Wer ist verschwunden?«, fragte Burnett hinter ihr.
Kylie fuhr zusammen. Sie hatte sich so darauf konzentriert, sich nicht schlecht zu fühlen, dass sie ihn gar nicht hatte kommen hören.
»Hast du ihn gefunden?« Holiday richtete sich erwartungsvoll auf.
Kylie hatte erwartet, dass Burnett losgegangen war, um Blake zu suchen, aber sie war doch überrascht, dass er Holiday davon erzählt hatte. »Wen denn
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