Verfolgt im Mondlicht
mehr sauer?«
Sie lächelte, und es war ein Lächeln, das von Herzen kam. Innerlich jubelte sie, dass ihr Großvater nicht aufgegeben hatte, sie zu sehen. Sie schielte kurz zum Computer und schaute dann Lucas in die Augen. »Es hat mich verletzt, dass ich immer die zweite Geige bei allem gespielt habe, aber …«
»Du spielst nicht die zweite Geige. Wenn ich mal im Rat bin, hab ich die Macht, den ganzen Scheiß zu ändern. Die jüngeren Werwölfe schreien danach, jemanden im Rat zu haben, der ihre Meinung vertritt. Sie werden mich unterstützen, und dann können die Alten uns nicht mehr vorschreiben, wen wir treffen dürfen und mit wem wir unser Leben teilen sollen. Bitte, gib mir ein bisschen Zeit.«
»Das werde ich. Und es tut mir leid, dass ich so eine Zicke war.«
»Ich hab nie gesagt, dass du eine Zicke bist.« Er zog sie näher zu sich ran. So nah, dass seine Körperwärme eine Welle der Erregung durch ihren Körper schickte.
»Ich weiß. Und ich verstehe es jetzt … Hast du nicht was von küssen gesagt?«
Er zog die Augenbrauen hoch und grinste. »Ich glaub, ich werde Mädchen nie verstehen.«
»Dann hör auf, es zu versuchen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, Lucas so zu küssen, dass ihm Hören und Sehen verging und ihn dann wegzuschicken, damit sie sich der E-Mail ihres Großvaters widmen konnte. Doch in dem Moment, als Lucas’ Lippen ihren Mund berührten und sie seinen warmen Körper spürte, seine Hand unter ihr Shirt schlüpfte und die Kurve ihrer Taille nachfuhr, beschloss sie kurzerhand, dass die E-Mails noch warten mussten.
Das … das war Magie. Die Art von Magie, die sie nicht vermasselte.
An diesem Abend lag Kylie auf ihrem Bett und wartete darauf, dass Miranda von ihrem allabendlichen Date mit Perry zurückkam. Bei den beiden wurde es jeden Abend später. Und Kylie konnte es ihnen nicht verübeln. Ihr war es auch extrem schwergefallen, sich von Lucas zu trennen – obwohl sie noch etwas Wichtiges zu tun gehabt hatte.
Lucas hatte vor Verlangen vibriert, und Kylie hatte sich selbst danach gefühlt. Die Fähigkeit der männlichen Werwölfe, ihre Partnerin zu verführen, hatte Kylie voll erwischt. Seine Berührung fühlte sich so unglaublich gut an, dass sie nicht wollte, dass er aufhörte. Es wurde immer schwerer, nicht weiter zu gehen. Und doch … hörte sie auf.
Vielleicht wegen der E-Mails.
Vielleicht, weil sie bei ihrem ersten Mal nicht noch irgendwelche ungeklärten Dinge im Hinterkopf haben wollte. Und obwohl sie jetzt verstand, dass Lucas nur sein Ziel verfolgte, tat es ihr irgendwie immer noch weh.
Andererseits, wahrscheinlich war der Hauptgrund, dass sie sich nicht hatte hinreißen lassen, die Tatsache, dass Della und Miranda die ganze Zeit auf der Veranda saßen. Ja, das war mit Sicherheit der wichtigste Grund dafür gewesen, dass sie die Willensstärke aufgebracht hatte, nicht weiter zu gehen.
Der Gedanke daran, dass sie und Lucas knutschend auf dem Sofa gelegen hatten, während ihre zwei besten Freundinnen draußen auf der Veranda saßen, trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht, als die beiden später wieder reinkamen. Noch schlimmer war, dass Della Hormone in der Luft riechen konnte.
Wenigstens halfen ihr die Hormone vielleicht bei der Umsetzung ihres Plans für die Nacht – sie könnten Della ablenken. Des Plans, den Kylie sich ausgedacht hatte, nachdem sie die E-Mails ihres Großvaters gelesen hatte. Er wollte sie treffen – allein. Auf dem Friedhof von Fallen.
Hatte er vielleicht die Wahrheit herausgefunden? Dass dort bis vor kurzem seine Frau, Kylies Großmutter, im Grab einer anderen Frau versteckt war?
Ihre Antwort-Mail war kurz und knapp gewesen: Ich geb mein Bestes. 1 Uhr könnte klappen. Die Tatsache, dass sie seither von ihm nichts mehr gehört hatte, bereitete ihr kein Kopfzerbrechen. Er hatte sie gefragt. Sie hatte geantwortet. Was gab es da noch zu sagen? Trotzdem checkte sie alle halbe Stunde ihre Mails – man konnte ja nie wissen.
Das größte Problem an der Sache war, dass sie ihre Mitbewohnerinnen anlügen musste. Was nur funktionieren konnte, wenn Della Kylies Herzschlag nicht checken würde. Aber wenn Kylie so überzeugend klang, dass Della keine Veranlassung hatte, ihren Herzschlag zu prüfen, könnte es klappen. Zumindest hoffte Kylie es.
Ein paar Minuten später hörte sie Miranda und Perry auf der Veranda. Kylie schwang die Beine aus dem Bett. Sie schlich ins Wohnzimmer und wartete, bis Miranda
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