Verfuehre niemals einen Highlander
England besucht und dein Gälisch verlernt. Komm, wir müssen weiter.“
„Wann denkst du, hören sie auf, nach uns zu suchen?“
Er zuckte die Achseln. „Nach dir? Bis du ihnen Nachricht gibst, dass du wohlauf bist, schätze ich.“ Er hielt ihr die verschränkten Hände hin, damit sie aufsteigen konnte, und hievte sie hoch.
„Und nach dir?“
„Ohne Beweise hat es keinen Sinn, nach mir zu suchen.“
Wieder musste sie sich an Ians Taille festhalten. In ihrem Kopf kreisten die Gedanken. Wenn sie nur sicher sein könnte, dass es richtig war, mit Ian davonzulaufen, anstatt zu ihrem Vater zu gehen und einfach alles abzustreiten. Unglücklicherweise waren dreiste Lügen nicht gerade ihre Stärke. Wenn ihr doch nur eine plausible Erklärung einfiele, warum sie sich mitten in der Nacht davongestohlen hatte. Einen Grund, der nicht den Verdacht offen ließ, dass sie vertrauliche Informationen verraten hatte. Obwohl – sie war ja nicht ausdrücklich gebeten worden, darüber zu schweigen.
Leider hatte McIver recht – dass sie verschwunden war und gleichzeitig die Schmuggler entkommen konnten, war doch ein zu großer Zufall. Und sie war sich nicht einmal sicher, ob Hawkhurst ihr das benötigte Alibi geben könnte, geben wollte.
Andererseits war sie von niemandem als den Schmugglern gesehen worden. Sie starrte auf Ians Rücken. Einer seiner eigenen Männer hatte ihn verraten; wenn diese Person sie gesehen hatte, nützte ihr kein Alibi mehr, dann gab es einen Zeugen.
Ging es darum, als McIver Ian beiseite genommen hatte? Wusste er, wer der Verräter war?
Sie biss sich auf die Unterlippe. Vielleicht war es besser, es nicht zu wissen. Bei dem Gedanken drehte sich ihr Magen. Bestimmt würde Ian doch nicht … Bekanntlich konnten Schmuggler sehr gefährlich werden, wenn man ihnen in die Quere kam.
Oh je, war sie vom Regen in die Traufe geraten? Sie konnte und wollte nicht glauben, dass Ian ihr etwas antun würde. Er versuchte nur, sie vor den Folgen ihrer Torheit zu bewahren – die darin bestanden hatte, ihm helfen zu wollen. Das war alles.
„Hast du eine Ahnung, wer euch verraten hat?“
Er versteifte sich. „Darüber denke ich schon die ganze Zeit nach, ohne Erfolg.“ Er lachte abfällig. „Ohne Zweifel war derjenige ein Opfer der Umstände.“
„Wie meinst du das?“
Er zuckte die Schultern. „Wer weiß, was die Leute so verheimlichen. Schulden. Eine Krankheit. Die Furcht, die Arbeit zu verlieren. Man kann aus vielen Gründen treulos werden.“
Aber es hing davon ab, wie man Treue definierte. „Was heißt, dass wir niemandem in deinem Clan vertrauen können.“
Eine ganze Weile antwortete er nicht. „Lass es mich so sagen: Es gibt Leute, denen ich vertrauen kann, und Leute, bei denen ich mir nicht sicher bin.“
„Was ist mit mir?“ Sie verzog das Gesicht. Musste sie fragen? Wie konnte er einer Albright trauen. Einer Engländerin .
„Dir vertraue ich.“ Es klang beinahe überrascht. „Aber ehrlich gesagt glaube ich auch, dass du dich zuallererst deinem Vater verpflichtet fühlst.“
Das konnte sie nicht leugnen, obwohl ihr Vater das zu diesem Zeitpunkt vermutlich anders sah.
Den ganzen Tag über zogen sie dahin, mal zu Pferde, mal zu Fuß, und von Stunde zu Stunde wurden die Hügel höher und steiler. Sie schwiegen, sparten ihren Atem für den Weg. Die ganze Zeit spürte sie, dass er es eilig hatte. Obwohl er auch nicht ein Mal andeutete, dass sie ihn aufhalten könnte. Sie wusste, es war so. Oft hatte sie das Gefühl, dass er nur innehielt, weil er glaubte, sie brauche eine Rast.
Je weiter sie sich von Dunross Keep entfernten, desto stärker wurde ihre Furcht, dass dieses Davonlaufen der falsche Weg war. Bestimmt hätte sie sich irgendwie herausreden können. Indem sie ihre schönen Wimpern schlagen ließ, wie Ian gesagt hatte.
Er fand ihre Augen schön. Als er es gesagt hatte, war sie zu besorgt gewesen, um die Worte richtig aufzunehmen. Seltsamerweise erfüllten seine Worte sie nun mit einer angenehmen Wärme.
Während sie wieder einmal zu Fuß weiterzogen, hob sie den Blick und nahm ihre Umgebung endlich wahr. Sie sah wilde Schönheit. Ringsum erstreckten sich in Dunst gehüllte Hügel, die Konturen hier weich vom Heidekraut und dort durchschnitten durch hartes Felsgestein. Schon in jenem längst vergessenen Sommer war sie davon bezaubert gewesen, als ihr Vater sie nach dem Tod ihrer Mutter hierher gebracht hatte. In seiner tiefen Trauer hatte es ihn an den Ort zurückgezogen, wo
Weitere Kostenlose Bücher