Verfuehre niemals einen Highlander
ihr hinüber und streckte ihr seine Hand entgegen. „Zeit gewinnen. Halt deinen Kopf unten, bis wir über den Hügelkamm sind.“
Und dann rannten sie. Zuerst gebückt, dann, als es wieder bergab ging, rannten sie aufrecht so schnell sie konnten.
Ihr Herz raste, sie keuchte laut und rutschte und schlitterte im Heidekraut, immer Ian nach, zog immer wieder den Kopf ein und erwartete jeden Moment, eine Kugel im Rücken zu spüren. Sie merkte, dass sie für Ian nicht schnell genug rannte. Ihr Atem rasselte. Ihre Beine, die sowieso schon müde waren, fühlen sich an wie Blei. Sie konnte einfach nicht mehr.
Sie ließ seine Hand los und sank nach Luft schnappend zu Boden. „Lauf! Lass mich hier liegen.“
Der wilde Blick, den er ihr unter düsteren Brauen zuwarf, duldete kein Aufgeben. Ehe sie wusste, was geschah, hatte er sie hochgehoben und warf sie sich über die Schulter, dann rannte er wieder los.
Mit jedem seiner Schritte grub sich seine Schulter in ihren Magen und drückte ihr die Luft ab, außerdem stieg ihr in dieser Lage das Blut in den Kopf, doch sie ertrug es stumm, erleichtert, dass er sie nicht im Stich gelassen hatte, um seine Haut zu retten. Er schien ihr Gewicht kaum zu spüren. Er war so geschmeidig und trat so sicher auf wie das Wild in diesem Landstrich, doch nach einer Weile begann selbst er schwer und angestrengt zu atmen.
Erst nachdem sie zwei weitere Hügelkuppen hinter sich gebracht hatten, blieb er stehen. „Lass bloß den Kopf unten.“ Er setzte sie ab und warf sich neben sie auf den Boden. Nach Luft ringend lagen sie im Heidekraut.
„Wenn ich ‚Jetzt‘ sage, springst du auf und rennst zu dem Bach unten in der Senke“, keuchte er. Er kroch zur Hügelspitze, die sie gerade überquert hatten. Auf dem Bauch liegend spähte er hinunter. Auch Selina lauschte angestrengt, konnte aber nichts hören als das Blut, das ihr in den Ohren rauschte. Angestrengt starrte sie zu Ian. Sie würde rennen, sobald er das Signal gab. Obwohl sie nicht sicher war, ob sie noch einen einzigen Schritt zuwege bringen würde.
Grinsend robbte er zu ihr zurück. Er sah tatsächlich aus, als machte ihm das Ganze höllischen Spaß. Am liebsten hätte sie ihn geschüttelt. Sie richtete sich auf. „Ich nehme an, sie haben den Köder geschluckt?“
„Und wie.“ Er grinste noch breiter. „Mit ein bisschen Glück führt Beau sie nach Dunross Keep zurück.“
Ohne Absicht erwiderte sie sein triumphierendes Grinsen.
Doch er wurde ernst. „Noch sind wir nicht aus der Patsche. Bestimmt haben sie ein Fernglas. Wenn sie erst merken, dass er ohne Reiter unterwegs ist, kehren sie um. Beeilen wir uns also.“
„Wohin denn so schnell?“
Wieder grinste er. Seine blauen Augen funkelten. „Da hinüber.“ Dieses Mal führte er sie die Hügelflanke entlang, nicht ins Tal. Er schien etwas am Boden zu suchen. Was, konnte sie sich nicht vorstellen. Hier gab es nichts.
Vor einem großen Felsbrocken ging er schließlich in die Hocke und teilte das Gestrüpp davor mit den Händen. „Ah, da!“ Er zerrte an großen Büscheln welken Heidekrauts, und bald trat ein tiefer Einschnitt im Fels zutage, den das Gestrüpp überdeckte wie Reet ein Hausdach.
„Rein mit dir.“
Noch einmal sog sie tief die frische Luft ein, dann krabbelte sie ins Innere. Ein seltsamer Geruch stieg ihr in die Nase. Torfrauch und noch etwas anderes. Im Vertrauen darauf, dass er wusste, was er tat, wandte sie sich um und wartete auf ihn.
Er folgte ihr hinein, zog aber vorher das Gestrüpp wieder über die Öffnung. Trotzdem wurde es drinnen nicht völlig dunkel. Als ihre Augen sich eingewöhnt hatten, stellte sie fest, dass sie in einer Art Erdhöhle mit einem Dach aus dichtem Unterholz und Gezweig waren, durch das hier und da das Tageslicht schimmerte.
Darin gab es zwei Schemel, ein verrottetes Strohlager in einer Ecke und ein rostiges, metallenes Etwas, das auf den Resten einer Feuerstelle stand. An dessen Rauchrohr hing ein spiralförmiges Metallteil. „Was ist das hier?“
Er zog sie an sich und legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Horch.“
Das laute Klopfen ihres Herzens wurde übertönt von einem anderen dumpfen Klang. Pferde. Der Hufschlag vibrierte ihr bis in die Zehen. Sie mussten sehr nahe sein. Würden sie über dieses dünne Dachgebilde rasen und auf sie stürzen? Ihr Herzschlag und ihr Atem dröhnten ihr in den Ohren.
In ihrer Vorstellung malte sie sich alles Mögliche aus, und instinktiv rückte sie näher an Ians große,
Weitere Kostenlose Bücher