Verfuehre niemals einen Highlander
umgeben, die er wie Glas durchschauen konnte. Genau die gleiche Sprödigkeit, mit der sie auf Carricks Ball und damals, als sie vom Pferd gefallen war, die Welt auf Distanz gehalten hatte. Sprödigkeit, die blendete, wie ihre Schönheit.
Und ihn ehrfürchtig machte, sodass er sich plump und ungeschickt vorkam. Genau so hatte er sich damals als junger Bursche gefühlt, als er sie stoisch hatte nach Hause humpeln sah, nachdem sie sich in jenem bewussten Kaninchenloch den Fuß verstaucht hatte.
Nie zuvor hatte er ein so hübsches Mädchen getroffen. Oder solche kühne Reden von ihm gehört. Unfähig, ihren vollen roten Lippen zu widerstehen, hatte er ihr einen Kuss gestohlen. Wie oft hatten sie sich in jenem Sommer getroffen? Viermal? Fünfmal? Alle diese Treffen flossen zu einer einzigen glücklichen Erinnerung zusammen, die er längst vergessen geglaubt hatte. Und als sie ihm wegen Drew schrieb, war all das wieder vor seinem geistigen Auge erschienen, zusammen mit den Schuldgefühlen.
Denn als ihnen seine Brüder zufällig am Strand begegnet waren, hatte er sich geschämt, in Gesellschaft der Feindin seiner Familie erwischt zu werden. Er hatte ziemlich grausame Worte gesagt, doch wenigstens hatte er seine Brüder davon abgehalten, sie mit Steinen zu bewerfen, als sie davonlief.
Unversehens überkam ihn der Drang, ihr zu sagen, dass sie hierher gehörte, zu ihm. Zornig über sich und darüber, dass er nicht klar denken konnte, sobald es um diese Frau ging, verdrängte er seine Gefühle und konzentrierte sich nur auf das, was nötig war, um sich als der Laird zu erweisen, zu dem er erzogen wurde.
Er öffnete die Tür und streckte Selina seine Hand entgegen. Keine Handschuhe. Ihre Hand schmiegte sich in die seine wie ein Vögelchen mit gebrochenen Flügeln. Er hatte sie gebrochen. Er sah es in ihrem Gesicht, in ihren verschatteten Augen. Er hatte ihr die Freiheit genommen, selbst zu wählen, und nun sollte er froh sein, ihr das wieder zurückzugeben. Stattdessen fühlte er sich, als hätte jemand in seine Brust gegriffen und ihm das Herz herausgerissen.
Und dann durchzuckte ihn grell wie ein Blitz die Erkenntnis.
Während er eifrig beschäftigt gewesen war, sie zu gewinnen, hatte er sich in sie verliebt. Nicht in ihre Schönheit, obwohl er auch die von Herzen liebte, sondern in ihren Mut, ihre feurige Seele, ihr liebevolles, sorgendes Herz.
Liebe. War das die Ursache für den Aufruhr in seiner Brust? Offensichtlich war sie ein harter Meister, da sie einen vernünftigen Mann in einen Narren verwandelte und ihm Wünsche eingab, die nicht erfüllt werden konnten. Wie den, dass seine Frau seine Liebe erwidern möge.
Wie sollte sie? Er hatte ihre Träume zerstört, um seine wahr zu machen. Nun, damit war nun Schluss, gelobte er sich.
Und so schloss er die Tür hinter ihr, so sehr es seinem Gefühl widerstrebte – in der Tat zitterten ihm die Hände, als er ihr in den Wagen half.
Sie lehnte sich gegen die Polster.
Plötzlich rannte ein Mann die Stufen der Burg hinab. Angus. „Feuer!“, schrie er. Atemlos, mit bebender Brust, kämpfte er um Worte. „In der Mühle!“, keuchte er. „Ich war oben auf der Brustwehr, um nach der Kutsche Ausschau zu halten, als ich die Rauchwolken sah. Es kann nur dort sein! Schick Männer hin! Sofort!“
Aller Blicke richteten sich auf Ian.
„Ich reite zum Barleycorn und rufe so viele Männer zusammen, wie ich erreichen kann. Du, Niall, nimm die Kutsche, fahr zur Mühle! Nimm Logan mit! Tut, was ihr könnt, bis ich mit den anderen nachkomme.“
Noch während er sprach, sprangen seine Brüder aufs Dach der Kutsche, und der Kutscher wendete sie. Ian rannte zum Stall. Er schaute über die Schulter zurück. Verdammt, Selina saß da drin! Und musste sich auf eine wilde Fahrt gefasst machen. Er konnte nur hoffen, dass sie einsah, wie wichtig das hier war.
Als die Kutsche holpernd zum Stehen kam und die drei Männer absprangen, spähte Selina durch das Fenster zur Mühle hinüber. Gebannt sah sie, wie dicker Qualm unter den Traufen hervorquoll und ein Stück aufstieg, bis der Wind ihn zerstreute.
Zwei Gestalten, eine klein, eine groß, kamen vom Fluss herbeigelaufen und gossen mit Schwung den Inhalt zweier Ledereimer durch eine Tür ins Herz der Flammen. Rote, gierige Flammen.
Der Kutscher riss die Wagentür auf und sofort eilten Niall und Logan ihr zur Hilfe. „Raus mit Ihnen, Mylady! Die Pferde könnten durchgehen.“
Mit wild klopfendem Herzen sprang sie hinaus. „Geht
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