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Verführer der Nacht

Titel: Verführer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Unterstand, der dazu diente, die Pferde vor der Hitze zu schützen, war solide gebaut und schützte bei Sonnenaufgang auch Colbys Haut. Sie musste ständig an Rafael denken. Ihr Körper verlangte schmerzlich nach ihm, und ihr Geist lehnte es ab, an jemand oder etwas anderes zu denken. Colby hatte keine Chance, irgendwelche Probleme zu lösen, weil sie nur daran denken konnte, wie sehr sie sich danach sehnte, Rafael zu sehen, ihn zu spüren und zu wissen, dass er am Leben war. Sie ärgerte sich über sich selbst, aber das verhinderte nicht, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen oder immer wieder ein furchtbarer Schmerz in ihr wach wurde, der sie bis ins Mark erschütterte. Sie arbeitete zügig und in der Hoffnung, ihre Alltagspflichten würden ihr ein Gefühl von Normalität vermitteln. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Als sie fertig war und gerade zur Futterwiese gehen wollte, hörte sie wieder die Küchentür. Diesmal waren es Pauls stetige Schritte, die über den Hof auf sie zukamen.
    Colby schüttelte das plötzliche Grauen, das sie befiel, energisch ab. Sie brauchte ein paar Stunden für sich, ohne sich darüber Sorgen zu machen, ob sich ihr Bruder vor ihren Augen in ein Monster verwandeln würde. Sie wollte ihn nicht jede Minute beobachten. Froh über ihr scharfes Gehör, drehte sie sich mit einem entschlossenen Lächeln zu ihm um.
    »Du hast geweint«, stellte er sofort fest.
    »Ich habe mich nur ein bisschen selbst bemitleidet, mehr nicht«, erklärte sie. »Was ist mit dir? Du solltest noch im Bett sein. Kannst du nicht schlafen? Du hast doch keine Schmerzen, oder?« Colby strich ihr Haar zurück. Paul sah ganz normal aus, aber der Gedanke, dass der Vampir ihn immer noch benutzen konnte, machte sie nervös. Es war schwer, die Erinnerung daran zu verdrängen, wie sich sein junges Gesicht vor Hass verzerrt hatte, als er sie mitten in die Herde geschleudert hatte. Was sagte man zu einem Jungen, der von einem Vampir gebissen worden war und versucht hatte, seine eigene Schwester umzubringen? Wie konnte man ihn trösten? Sie hatte keine Ahnung.
    »Mir geht's gut, doch ich hatte furchtbare Albträume. Ich will nicht schlafen, obwohl ich müde bin.« Er gab ihr ein Stück Papier. »Ginny macht einen Spaziergang. Sie hat King mitgenommen. Sie schreibt, dass sie die Pflanzen im Garten gießt und das Frühstück zubereitet, wenn sie wieder da ist. Es ist schwer, an so alltägliche Dinge wie Frühstück und Gartenarbeit zu denken.«
    »Ich habe King wegflitzen sehen und dachte, sie hätte ihn nur rausgelassen und sich wieder ins Bett gelegt. Sie pflückt gern Beeren fürs Frühstück, aber bei allem, was hier vorgeht, gefällt es mir gar nicht, wenn sie sich so weit vom Haus entfernt.«
    »Ich könnte ihr nachgehen«, bot Paul an. »Mir gefällt es auch nicht.«
    Colby wollte Paul lieber in Blickweite behalten. »Wir lassen sie einfach einen kurzen Spaziergang unternehmen, und wenn sie in einer halben Stunde nicht zurück ist, gehen wir sie unauffällig suchen, damit sie nicht denkt, irgendetwas wäre nicht in Ordnung.«
    »Was ist mit dem Vampir?«, fragte Paul beunruhigt.
    »Um diese Tageszeit kann er nicht unterwegs sein; er verträgt das Morgenlicht nicht. Wir müssten alle in Sicherheit sein.« Und Paul war bei ihr; er konnte also nicht unwissentlich benutzt werden. Die Sonne war gerade erst aufgegangen, doch ihre Haut spürte schon das Licht. Sie rieb sich die Arme. Zwischen ihrem Bruder und ihr herrschte eine Befangenheit, die es früher nie gegeben hatte.
    Paul tätschelte einige der Pferde, die sich unruhig bewegten. »Ich habe gestern Seans Leuten und Juan und Julio geholfen, den Unterstand aufzubauen.« Er klang sehr stolz.
    »Das ist ganz toll.« Die Kosten erwähnte sie nicht. Paul brauchte etwas, worüber er sich freuen konnte.
    »Wie geht es den Pferden?«
    »Sie scheinen sich schnell zu erholen. Ich schaue Juan und Julio gern dabei zu, wie sie mit ihnen arbeiten und ihnen etwas zuflüstern, so wie Dad es immer getan hat.« Colby wechselte ein Lächeln mit ihrem Bruder. »Das sehe ich einfach zu gern.«
    »Ich auch«, gab er zu. »Sind sie wieder bei den Everetts, um ein bisschen Schlaf zu bekommen?«
    »Nein, sie sind beide hier im Haus. Ich habe Juan in Dads Zimmer und Julio im Gästezimmer untergebracht.« Sie lächelte ihn an.
    »Nicht zu fassen, dass es den Pferden schon so viel besser geht. Wie haben sie das gemacht?«
    »Ich glaube, es war Rafael«, sagte Colby. »Es geht ihnen jedes Mal besser,

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