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Verführer der Nacht

Titel: Verführer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Körper unter der nächsten furchtbaren Schmerzattacke. Sie fegte durch sie hindurch und versengte alles auf ihrem Weg.
    Furcht lebte und atmete in ihr. Sie stemmte sich hoch und versuchte, wie ein verwundetes Tier von Rafael wegzukriechen. Er hielt sie fest. Bittere Galle stieg ihm in den Mund. Das hatte er ihr in seiner Anmaßung angetan! Er hatte nicht geahnt, welche Leiden die Umwandlung beinhaltete, und es nun mit anzusehen, machte ihn krank.
    Die Schmerzen waren unerträglich. Colbys Augen wurden glasig, und ihr Körper krümmte sich. »Hast du das mit mir gemacht, damit du Ginny und Paul mitnehmen kannst?« Sie klang hysterisch. »Du unterscheidest dich eigentlich nicht besonders von dem Vampir, der Paul beherrscht.«
    Der Ausdruck in ihren Augen, der verriet, wie sehr sein Verrat sie verletzte, erschütterte ihn bis ins Mark. Sah sie ihn wirklich so? Glaubte sie ernsthaft, dass er ihr so etwas antun könnte, um ihr die Geschwister zu nehmen? Seine Seele schrie auf vor Entsetzen über sein eigenes unverzeihliches Handeln. Er spürte etwas Feuchtes auf seinem Gesicht und wusste, dass es Tränen waren. Er weinte, weil er sich so schämte. Colby war im Begriff gewesen, zu ihm zu finden, aber sein Mangel an Geduld könnte die zerbrechliche Beziehung zwischen ihnen endgültig zerstört haben.
    Er beugte sich über sie, damit sie sehen konnte, dass er die Wahrheit sagte. »Ich liebe dich mehr als mein Leben, mehr als irgendetwas auf der Welt. Ich hatte keine Ahnung, dass es so sein würde. Ich schwöre, das ist wahr. Ich bereue mehr, als du jemals wissen wirst, dass ich dich ohne deine Einwilligung in meine Welt holen musste.«
    Sie starrte in sein gequältes Gesicht, sah die blutroten Tränen, die aus seinen Augen liefen, und einen kurzen Moment lang regte sich so etwas wie Vergebung in ihrem Herzen. Dann schlug die nächste Welle des Schmerzes über ihr zusammen, und sie wandte sich heftig von ihm ab, hilflos dem Feuer ausgeliefert, das sie von innen heraus verzehrte.
    Rafael konnte nur an ihrer Seite bleiben und tatenlos zuschauen, wie die Umwandlung voranschritt und ihren Körper zwang, alle Giftstoffe und alles, was menschlich war, von sich zu geben. Angesichts solcher Qualen bedeutete seine Macht wenig. Er versuchte, Colby die Schmerzen zu nehmen, aber es war nicht möglich. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als es gemeinsam über sich ergehen zu lassen. Rafael versuchte, ihr zu helfen, indem er sie in die Arme nahm, sie tröstete, wusch und sanft in seinen Armen wiegte. Dabei raunte er ihr so viele ermutigende Worte zu, wie er konnte. Die ganze Zeit hatte er das Gefühl, innerlich zu sterben. Rafael konnte seiner Gefährtin die Schmerzen nicht nehmen. Er konnte nichts von dem, was passiert war, rückgängig machen. Jetzt musste er weitermachen, was es auch kostete, und er befürchtete, der Preis würde sehr hoch sein – vielleicht zu hoch für ihn.
    Sowie es ohne Risiko möglich war, öffnete er die mineralienreiche Erde und ließ sich mit Colby in seinen Armen in die Tiefen des Erdreichs sinken. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten ertappte er sich dabei zu weinen. Er fühlte sich verloren und schämte sich seiner Handlungsweise.

Kapitel 18
    P aul krümmte sich auf dem Bett. Er war schweißgebadet, und die Decke hatte sich um seinen Körper geschlungen. »Nein, ich will das nicht. Colby! Colby!« Er hielt sich die Ohren zu und schrie nach seiner Schwester. »Das mache ich nicht. Du kannst mich nicht dazu bringen, das zu tun.«
    Ginny setzte sich auf und schaute sich in der ungewohnten Umgebung um. Sie schlief in einem Zimmer mit ihrer Freundin Tanya. Ginny konnte ihren Bruder undeutlich reden und manchmal nach Colby rufen hören. Sie sprang sofort auf, eilte nach einem raschen Blick zu der schlafenden Tanya aus dem Zimmer und lief den Flur hinunter zu dem Raum, in dem ihr Bruder untergebracht war. Juan und Julio waren auch schon auf und kamen aus ihren Zimmern. Julio streckte mit einem warmherzigen Lächeln seine Hand aus. Ginny zögerte einen Moment, bevor sie sie ergriff. »Ich glaube, Paul hat Albträume«, flüsterte sie.
    »Hat er oft welche?«, fragte Julio und wechselte einen kurzen Blick mit seinem Bruder.
    Ginny schüttelte den Kopf. »Nein, Paul nicht.« Sie klopfte ein Mal an und stieß die Tür auf. Ihr Bruder kniete mit nacktem Oberkörper, nur mit seiner Pyjamahose bekleidet, auf seinem Bett und warf wilde Blicke um sich. Die Bettdecke lag, an mehreren Stellen zerrissen, auf dem Fußboden.

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