Verführer der Nacht
hatte, Paul könnte mit einem Gewehr in der Hand hereingestürzt kommen, wenn er sie hörte.
Du hast mich gerufen. Rafael, der entschlossen war, das Band zwischen ihnen zu festigen, gebrauchte bewusst den intimeren Weg der telepathischen Kommunikation. Ich habe deinen Ruf gehört und deine Tränen gespürt. Warum bist du heute Nacht so traurig?
Rafael De La Cruz schien den vergleichsweise engen Rahmen ihres Schlafzimmers zu sprengen. Sein männlicher Duft hing in den Ecken des Raumes, und seine Stimme strich wie schwarzer Samt über ihre Haut und über ihr Inneres. Es waren nicht nur die Worte, es war buchstäblich der Klang seiner Stimme. Reine Verführung, eine in der Nacht gestohlene Intimität. Er schien sie mit seiner Gegenwart so sehr zu umhüllen, ihr Äußeres ebenso wie ihr Inneres, dass sie überwältigt war. Noch nie hatte ihr ein Mann ihre Weiblichkeit so eindringlich bewusst gemacht.
Sie blinzelte, um ihn nicht aus dem Blickfeld zu verlieren. Als sie ihn berührte, konnte sie ihn spüren, aber in der Dunkelheit des Zimmers schien seine schattenhafte Gestalt zu verschwimmen, als wäre er ein Teil der Nacht selbst. Nicht wirklich vorhanden. Colby war vernünftig genug, Angst zu haben. Das Ganze erinnerte so sehr an eine Traumsequenz, dass sie ihre Fingernägel in ihre Handflächen bohrte, um sich zu vergewissern, dass sie wach war. »Wie sind Sie hier hereingekommen?« In dem Moment, in dem sie laut sprach, wünschte sie, sie hätte es nicht getan. Ihre Stimme war rau und belegt und schien nicht zu ihr zu gehören. Es klang wie eine Einladung. Ihr Herz hämmerte in einem schnellen Rhythmus. Die Hitze seines Körpers, der ihrem so nahe war, wärmte trotz der kühlen Brise ihre Haut. Sie hätte wütend werden und nach dem Gewehr greifen sollen, stattdessen war sie wie gebannt von ihm und seiner überwältigenden Sinnlichkeit.
Seine Hand legte sich so besitzergreifend auf ihren Nacken, als hätte er ein Anrecht auf sie. Ihr Körper sprach sofort auf seine Berührung an, indem er weich und anschmiegsam wurde. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie so stark auf einen Mann reagiert. Sie sehnte sich nach ihm und verspürte ein Verlangen, das sie nicht kontrollieren konnte. Colby saß hilflos da, wie gebannt von seinen schwarzen Augen. Sie versank in diesen Tiefen; sie war seine Gefangene, und in diesem Moment machte es ihr nicht einmal etwas aus. Sein dunkler Kopf neigte sich sehr langsam, aber unerbittlich zu ihr. Sie konnte seine unglaublich langen Wimpern sehen, seine verboten sinnlichen Lippen, den bläulichen Bartschatten auf seinem Kinn. Ihr Körper war schwer und tat weh und forderte Dinge, von denen sie kaum etwas wusste. Rafael De La Cruz und sie trennten Welten. Ein Mann wie er würde sie nehmen, sie benutzen und sie so vollständig erobern, dass es nie mehr einen anderen als ihn geben könnte. Sie sollte nach Paul und seiner Waffe rufen.
Stattdessen schloss sie die Augen und ließ zu, dass Rafaels Mund von ihrem Besitz ergriff. Unter ihr hob und senkte sich das Bett, als bebte darunter die Erde. Colby wurde in einen Strudel wilder Gefühle gerissen, in eine sinnliche Welt, die außerhalb ihres Erfahrungsbereichs lag. Ihr Körper gehörte nicht länger ihr, sondern ihm. Farben tanzten und wirbelten, und alles drehte sich vor ihren Augen. Und sie war lebendig. Es war nicht nur ihr Körper, der nach ihm verlangte, auch ihr Geist und ihre Seele verzehrten sich nach ihm. Sie spürte eine seltsame Bewegung in ihrem Inneren, eine Vereinigung, als fügten sich zwei Hälften nahtlos ineinander. Seine Arme schlossen sich noch fester um sie, als etwas Wildes in ihm erwachte. Ihr wurde bewusst, dass er nicht nur im Begriff war, sie in Besitz zu nehmen, sondern auch, die Kontrolle über sie an sich zu reißen. Sie verlor sich selbst und wünschte sich nur noch, völlig mit ihm zu verschmelzen und das zu sein, was er wollte, was immer es sein mochte.
Rafael verlor sich in ihrem Zauber. Sie war wie köstlicher, warmer Honig, als sie sich ihm auslieferte und so tief in sein Herz eindrang, dass er wusste, ein Teil von ihr würde immer bei ihm sein. Seine Lippen glitten über ihre Mundwinkel zu ihrem Kinn und von dort zu ihrem verletzlichen Hals. Sie sehnte sich fast schmerzhaft nach ihm und stand genauso in Flammen wie er. Ihr Pulsschlag zog ihn unwiderstehlich an. Colby hielt ihn für einen erotischen Traum, und er verstärkte ihr Gefühl von Benommenheit, um die Illusion eines Traumes zu erhalten, auch wenn
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