Verführer der Nacht
Die Ranch ist auf meinen Namen eingetragen; sie hat meiner Mutter gehört. Hat die Familie Chevez das gewusst? Sie war seit hundert Jahren im Besitz der Familie meiner Mutter. Ich werde sie ihnen nicht überlassen. Armando hat all das Land, das im Lauf der Zeit verloren ging, zurückgekauft und es geschafft, aus einem heruntergekommenen Besitz einen florierenden Betrieb zu machen. Es ist sein Vermächtnis an seine Kinder, und ich habe vor, es für sie zu erhalten. Ich habe ihn geliebt. Er hätte etwas Besseres verdient als das, was er bekommen hat.«
Rafael nickte langsam, ohne den Blick von ihrem Gesicht zu wenden. »Genau wie Sie, querida. Die Familie Chevez möchte, dass Sie Ginny und Paul begleiten. Sie sind Verwandte, Colby, und Sie und die Kinder sind für die schreckliche Tragödie, die ihr avô über die Familie brachte, nicht verantwortlich. Sie tun ihr Möglichstes, um das wiedergutzumachen.« Ein Hauch von Tadel schwang in seiner Stimme mit. »Die Chevez' brauchen diese Ranch nicht, da sie selbst sehr wohlhabend sind. Jeder von ihnen hat Grundbesitz; außerdem verwalten sie unsere Ländereien.«
Colby fuhr sich durchs Haar. »Ich bin müde, und es war ein lausiger Tag. Ich gebe gern zu, dass Sie mir eine große Hilfe waren und mich von Petes Tod abgelenkt haben, aber jetzt sollten Sie wirklich gehen, Rafael.« Sie hatte einen Punkt erreicht, wo sie im Raum nichts anderes mehr als seinen durchtrainierten männlichen Körper wahrnahm. Ihr Blut schien vor Feuer und Hitze zu brodeln, und ihr ganzer Körper kam ihr rastlos und fremd vor. Sie wollte diese Seite an Rafael nicht kennenlernen, die freundliche und gütige Seite. Es war viel leichter, ihm zu widerstehen, wenn er ein Herz aus Eis hatte.
Er war in ihrer dunkelsten Stunde zu ihr gekommen, als sie allein, müde und verletzlich gewesen war, und hatte ihr mit seiner melodischen Stimme seine Hilfe angeboten. Seine Stimme allein konnte den tiefsten Schmerz lindern. Aber sie wollte ihn oder die Familie Chevez nicht mögen. Andernfalls müsste sie ihnen gegenüber nämlich vernünftig und fair sein.
Rafael konnte Colbys Müdigkeit spüren. Ihr Körper war wund und zerschlagen; ihre Muskeln schmerzten. Sie war sehr früh aufgestanden, um nach ihrem verlorenen Freund zu suchen, und der Tag hatte sich endlos dahingezogen. Sie hielt sich mit Mühe und Not aufrecht und wartete nur darauf, sich an irgendeinen Ort zu verkriechen, wo niemand sie sehen konnte. Er stand langsam auf und legte sorgfältig jedes Stück Zaumzeug an seinen Platz zurück.
Als er sich zu ihr umwandte und sie anschaute, stockte Colby der Atem. Seine Augen waren schwarz und hungrig und glühten vor Verlangen. Fast hilflos starrte sie ihn an, unfähig, sich zu rühren. Noch nie hatte sie so lebendige Augen gesehen, so heiß und hungrig und von einer Intensität, die sie gleichzeitig erschreckte und magisch anzog. Wie hatte sie ihn je für kalt halten können? Rafael streckte einen Arm aus, packte sie am Handgelenk und zog sie langsam, aber unerbittlich an seine Seite.
Sofort war sie da, die Elektrizität, sprühend und knisternd und heiß. Colby reichte ihm kaum bis zur Brust und musste den Kopf zurücklegen, weil sie so nahe bei ihm war. Er beugte sich einfach vor, ohne den Blick von ihrem schmalen, blassen Gesicht zu wenden, und kam immer näher und näher. Sie konnte seine langen, dichten Wimpern sehen, seinen verführerischen Mund. Ihr Herz fing an, in einem ziemlich hektischen Rhythmus zu schlagen, genau wie seines. Seine Hand glitt in einer langsamen Liebkosung an ihrem Rücken hinauf. Sie sah, wie sein Mund sich ihrem näherte.
»Das kann ich nicht machen«, flüsterte sie, obwohl sie sich bereits enger an seine verlockende Wärme schmiegte. Er war Feuer, sie war Eis wie die hohen Berge, die sie umgaben. Zwei Hälften eines Ganzen. »Das kann ich nicht machen«, wiederholte sie, mehr zu sich selbst als zu ihm. Es war ein letzter Versuch der Selbstverteidigung. Ihr Körper schien mit seinem zu verschmelzen, wurde weich und nachgiebig, obwohl sie es gerade jetzt so sehr brauchte, abweisend und kühl zu bleiben, die Eisprinzessin, als die einige der Cowboys sie gern bezeichneten.
Ich muss es tun. Die Worte schwebten durch ihren Kopf, schwebten zwischen ihnen, in seinem Herzen und seiner Seele genauso wie in ihrem Herzen und ihrer Seele. Er brauchte es mehr als die Luft, die sie atmeten, mehr als das Blut, das ihm Leben schenkte. Du musst es tun. Rafaels Hand schloss sich um ihren
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