Verführerische Fesseln (German Edition)
folgte Kai in den Flur. Alex griff nach meinem Arm und sah mich verblüfft an, ich zwinkterte ihm nur zu und ging die Treppe hinunter.
Mein Herz klopfte schneller bei dem Gedanken, was gewesen wäre, wenn Kai auch nur eine Minute früher gekommen wäre oder noch schlimmer, wenn meine Mutter mir hätte Bescheid sagen wollen.
Wir verabschiedeten uns und ich konnte es nicht erwarten, das Haus zu verlassen. Natürlich wusste niemand, was gerade in der Bibliothek vor sich gegangen war, aber ich hatte Angst, dass es mir auf der Stirn geschrieben stand.
Ich nahm auf Kais Beifahrersitz Platz und winkte meinen Eltern zu, ignorierte dabei wohlweislich die gerunzelte Stirn meines Bruders. Wir fuhren los und ich konnte sehen, wie Alex meinen Eltern die Hände schüttelte und meine Mutter ihn anstrahlte. Dann verschwanden sie alle aus dem Sichtfeld des Spiegels.
Wie versprochen hielt Kai zwei Straßen weiter am Seitenstreifen. Nur einen Augenblick später hielt Alex’ BMW hinter uns. Ich verabschiedete mich von Kai, dankte ihm für die Hilfe bei der Scharade und stieg aus.
Als ich mich angeschnallt hatte, war Kai schon mit einem Hupen davon gefahren und ich wartete darauf, dass auch Alex weiter fuhr. Schließlich sah ich ihn von der Seite fragend an.
„Es tut mir leid“, sagte er.
„Was tut dir leid?“
„Ich hatte mir es irgendwie lustiger vorgestellt, dich bei deinen Eltern zu überraschen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich es mit so viel Konkurrenz zu tun haben würde. Ich weiß auch nicht, wen ich gerade eher erwürgen möchte: Deine Mutter, deinen Bruder – oder Kai.“
Er seufzte und startete den Motor, ich lehnte mich zufrieden im Sitz zurück und grinste. Ich beschloss, erst einmal zu schweigen und mir zu überlegen, wie lange ich ihn jetzt schmoren lassen konnte.
Irgendwann hielt er vor meiner Haustür und ich sagte, während ich ausstieg: „Du kannst eben hier warten, ich bin sofort zurück.“
Er stellte den Motor ab und fügte sich seinem Schicksal. Ich guckte in den Briefkasten und war erstaunt, darin tatsächlich einen Brief zu finden. Ich sah auf den Absender und stöhnte leise auf – er war von Martin. Er hatte ihn offenbar sogar persönlich eingeworfen, denn eine Briefmarke war nicht darauf. Der Brief war ganz schön dick. Vielleicht hatte er die Scheidungspapiere unterschrieben und sie mir zurückgebracht? Der Gedanke löste gute Laune in mir aus.
In der Wohnung warf ich alles, was ich brauchte, in eine Tasche und griff noch schnell nach der Tüte von Pinke Perlen , dem Sexshop. Dabei fiel mir wieder ein, dass ich Rebecca unbedingt noch fragen wollte, was es mit dem Namen auf sich hatte.
Mit einem Blick vergewisserte ich mich, dass ich auch an alles gedacht hatte. Dann verließ ich die Wohnung und schloss hinter mir ab. Als er mich sah, zog Alex bereits eine Grimasse und hielt mein Handy hoch.
Er reichte es mir und sagte: „Da versucht aber jemand verzweifelt, dich zu erreichen.“
Ich sah auf das Display und erkannte, dass ich drei entgangene Anrufe von Martin hatte.
„Ich weiß nicht, ob es mir gefällt, dass ich dich anscheinend mit so vielen Männern teilen muss“, versuchte Alex zu witzeln.
Aber ich konnte sehen, wie angespannt sein Kiefer war. Ich beschloss, ihn von seinem Elend zu erlösen und sagte: „Musst du gar nicht.“
Sein nicht gerade überzeugendes „Hm“ sorgte dafür, dass ich lachen musste.
„Wirklich nicht. Um Kai brauchst du dich nicht zu sorgen. Mein Bruder hat uns leider durchschaut und deswegen eine nette, kleine Geschichte erfunden.“
„Was meinst du mit durchschaut?“
„Ich weiß zwar nicht, warum ihr Michael eingestellt habt, aber sicherlich nicht, weil er so dumm ist. Er hat aus unserem Verhalten geschlossen, dass da was läuft und dich dann ganz billig ins Messer laufen lassen, indem er von seinem Freund erzählt hat, der angeblich auf mich steht.“
„Und ich bin voll darauf reingefallen.“
„Könnte man so sagen. Was Martin hingegen will, ist mir recht egal. Aber ich denke, es hat mit diesem Brief hier zu tun. Das müssten die Scheidungspapiere sein, so dick wie der Umschlag ist.“
Alex konzentrierte sich aufs Fahren und ich konnte sehen, dass es hinter seiner Stirn arbeitete. „Zwischen uns läuft also etwas?“
„Den Eindruck hatte ich schon. Du nicht?“
„Was hast du deinem Bruder denn gesagt?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe es eigentlich nicht großartig ausgeführt und dann tauchte schon wieder meine Mutter
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