Verführerische Julia
gehabt. Aber manchmal überrollte einen das Leben mit so einer Wucht, dass man seine Regeln wohl oder übel über Bord werfen musste. „Viel Glück dabei“, sagte er aufmunternd, zwinkerte Adam aber gleichzeitig wissend zu.
„Ihr macht mich echt fertig“, brummte Brandon frustriert und trank sein Bier in einem Zug aus. „Heutzutage kann man sich wirklich auf niemanden mehr verlassen.“
„Warum erzählst du ihm nicht einfach, was du für ihn empfindest?“, fragte Karolyn, während sie die Kühlvitrine mit frischen Sandwichs aus der Cupcake-Küche füllte.
„Keine Ahnung, wovon du da redest“, sagte Julia ausweichend und schnappte sich einen feuchten Lappen. „Lynnie hat Pause, also räume ich mal eben die Tische am Fenster ab.“
„Du weichst mir aus“, erklärte Karolyn grinsend. „Also habe ich wohl recht.“
„Kann sein“, erwiderte Julia. „Vielleicht will ich aber auch einfach nur arbeiten.“
Doch ihre alte Freundin verdrehte einfach nur die Augen und faltete einige der schicken weißen Kartons zusammen, in denen die Kunden ihre Einkäufe nach Hause trugen. In die Deckel war in dunkelblauen Buchstaben das Wort „Cupcake“, eingeprägt. Darüber prangte das Emblem der Konditorei, ein stilisiertes Törtchen. In Dunsmuir Bay war das Markenzeichen inzwischen zu einem Inbegriff für echte Leckerbissen geworden.
Während Julia Gläser, Tassen und Teller stapelte, grüßte sie einige Stammkunden und empfahl ihnen das Sandwich des Tages. Dann wischte sie die Tische ab und warf einen prüfenden Blick auf den freundlich eingerichteten, blitzsauberen Cafébereich. Sie war stolz auf das, was sie hier aufgebaut hatte.
Als Julia das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine geräumt hatte, kam Lynnie aus der Pause wieder und übernahm den Tresen. Kaum hatte Julia den Küchenbereich betreten, packte Karolyn sie auch schon am Arm und drückte sie in einen Stuhl. „Setz dich hin“, befahl die junge Frau streng.
Julia versuchte, ihrem Blick auszuweichen. Doch als sie in Karolyns zusammengekniffene Augen sah, musste sie feststellen, dass sie um dieses Gespräch wohl nicht herumkommen würde. „Also gut. Was willst du?“
Karolyn setzte sich zu Julia und ergriff ihre Hand. „Ich mache mir Sorgen um dich.“
„Aber mir geht es hervorragend“, erwiderte Julia betont fröhlich. „Das Geschäft läuft blendend, ich habe einen tollen Mann geheiratet, der nebenbei auch noch ein fantastischer Vater ist! Cameron liebt Jake, und er behandelt mich wie eine Königin. Er ist sexy und aufmerksam und warmherzig, und ich bin … glücklich.“
Julia merkte selbst, wie kläglich und unsicher das letzte Wort geklungen hatte. Auch Karolyn schien die Veränderung in ihrem Tonfall nicht entgangen zu sein.
„Aber wenn er so ein Engel ist, hat er es dann nicht verdient zu wissen, dass du ihn liebst?“
„Ach, verdammt“, murmelte Julia frustriert und sank in sich zusammen. „Ich hätte dir nie erzählen dürfen, warum ich ihn geheiratet habe.“
„Ich bin deine beste Freundin und habe damit ein Recht darauf, deine düsteren Geheimnisse zu erfahren“, erwiderte Karolyn zwinkernd.
„Du hast ja recht. Aber warum glaubst du überhaupt, dass ich ihn liebe?“
„Ach, sagen wir einfach, dass es dir dick und fett ins Gesicht geschrieben steht. Sogar Lynnie ist es schon aufgefallen, und Lynnie ist im Moment eigentlich voll und ganz damit beschäftigt zu pubertieren.“
Julia lachte auf, wurde aber sofort wieder ernst. „Was genau ist Lynnie denn aufgefallen?“, fragte sie misstrauisch.
„Ach, nur dass du den ganzen Tag über vor dich hinsummst, dass du manchmal minutenlang verträumt aus dem Fenster siehst und dass du oft früher gehst.“ Karolyn beugte sich vor und flüsterte verschwörerisch: „Sie denkt, dass du bis über beide Ohren verknallt bist.“
„Aber natürlich gehe ich früher“, sagte Julia und zog einen Schmollmund. Es gefiel ihr überhaupt nicht, dass sie so durchschaubar war. „Schließlich habe ich ein Kind.“
„Was dich vor deiner Hochzeit mit Cameron Duke kein bisschen davon abgehalten hat, Überstunden zu schieben.“ Karolyn grinste. „Schließlich hast du ein super Kindermädchen.“
Julia atmete tief durch und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. „Wenn es selbst Lynnie aufgefallen ist, muss es wirklich schlimm um mich stehen“, flüsterte sie verzweifelt.
„Traurig, aber wahr.“
„Und was soll ich jetzt machen?“
„Nach Hause gehen und ihm sagen, dass du
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