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Verführerische Maskerade

Verführerische Maskerade

Titel: Verführerische Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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begegnet, und nichts deutete darauf hin, dass sie sich auf ein Rendezvous mit ungewissem Ausgang eingelassen hatte. Wie immer war er tadellos gekleidet, trug Reithosen aus Hirschleder, glänzende Stiefel, einen dunkelgrauen Mantel und einen schlicht gebundenen Krawattenschal aus weißem Leinen. Seine Erscheinung wirkte keinesfalls prahlerisch oder dandyhaft. Es war vielmehr so, dass er sie in seiner ausgesuchten Vollkommenheit beinahe einschüchterte. Plötzlich verspürte Livia das starke Bedürfnis, ihn wirr und zerrauft zu sehen, ungewaschen und durcheinander … sie hatte das Gefühl, dass sie sich erst dann wieder auf Augenhöhe auf ihrer Spielwiese begegnen konnten.
    Sie ergriff die Hand, die er ihr entgegenstreckte, und trat auf das Kopfsteinpflaster. Hinter dem Schleier blinzelte sie, als die helle Vormittagssonne ihr nach der Fahrt in der dämmrigen Kutsche grell in die Augen schien.
    »Ein wundervoller Morgen«, bemerkte sie und zog ihre Hand zurück, obwohl er nicht abgeneigt schien, sie noch ein wenig länger festzuhalten. Die banale Bemerkung passte kaum zu den verwirrenden Gefühlen in ihrem Innern. Ihre düsteren Befürchtungen mischten sich so stark in die angespannte Vorfreude, dass sie beinahe lachen musste, als sie zu ihm aufschaute - wenn man außer Acht ließ, dass ihr ganz und gar nicht zum Lachen zumute war.
    »Wie geschaffen für einen Ausritt«, bemerkte er im gleichen Tonfall.
    Seine Stimme klang ruhig und sachlich, aber der Blick, den er über sie schweifen ließ, war alles andere als sachlich. Gewöhnlich strahlten seine Augen in hellerem Blau; aber jetzt hatten sie sich beinahe violett verdunkelt und schienen förmlich zu glühen. Ungeduld, Hunger und sogar Lust konnte sie in seinem forschenden Blick lesen, und ihr Magen krampfte sich aufgeregt zusammen. Plötzlich kam es ihr vor, als wären all die heiklen Manöver, mit denen sie ihre wahren Gefühle wie hinter einem Schleier verborgen hatte, mit einem Schlag ausgelöscht worden. Die Etikette der konventionellen Gesellschaft, der sie beide unterworfen waren, existierte praktisch nicht mehr. Und Livia erhaschte einen Blick in die Tiefen des Abgrunds, über dem sie schwebte.
    Das Schweigen lastete schwer auf ihnen, als er wieder das Wort ergriff. »Möchten Sie sich im Gasthaus erfrischen, bevor wir uns auf den Weg machen? Ich habe einen privaten Salon gemietet, zusammen mit einem Dienstmädchen, das Ihnen zur Hand gehen kann.«
    Aus unbegreiflichen Gründen war sie über seine Weitsicht überrascht. Gleichzeitig beruhigte seine Freundlichkeit ihre Nerven, und der Abgrund verschwamm in weiter Ferne. »Vielen Dank, ja, ich würde mich gern erfrischen«, bestätigte sie.
    »Dann kommen Sie mit.« Alex streckte die Hand aus und lupfte ihren kleinen Schleier über die Krempe des hübschen schwarzen Hutes, den sie sich verwegen auf die dunklen Locken gedrückt hatte. »So ist es besser. Ich möchte Ihre Augen sehen.« Er selbst strahlte sie aus seinen tiefblauen Augen an, musterte sie so eindringlich, als wollte er sich jeden Zentimeter genau einprägen. Dann nickte er kurz, als ob er einverstanden war, schob ihre Hand unter seinen Arm und eilte mit ihr in das Gasthaus.
    Und sofort war es mit ihrer Ruhe vorbei. Sein eindringlicher Blick und seine besitzergreifenden Manieren widersprachen jeder Etikette, ganz zu schweigen von dem gebührenden Abstand, den zwei Menschen einzuhalten hatten, die sich erst vor ein paar Tagen kennen gelernt hatten. Wenn sie der Verabredung mit ihm schon zugestimmt hatte, warum hatte sie dann auch noch auf einer Geheimhaltung bestanden, die zutiefst unanständig war?
    Nicht dass Alexander Prokov jemals auf gebührendem Abstand bestanden hätte, erinnerte sie sich, noch nicht einmal bei unserer allerersten Begegnung … es war sogar so gewesen, dass er ihre erste Begegnung sorgfältig und rücksichtslos arrangiert hatte. Er hatte Livia niemals irgendwelche Illusionen gemacht. Und deshalb ist es jetzt ein bisschen spät für Vorwürfe, dachte Livia, ergab sich seiner Macht und erlaubte ihm, sie in das Gasthaus zu begleiten.
    Der Salon war bequem eingerichtet und sauber. Es gab Kaffee mit Brot und Butter, diskret versteckt hinter einem Wandschirm stand ein Waschtisch, und ein freundliches Dienstmädchen erwartete sie.
    »Wie lange werden Sie brauchen?« Alex blieb im Türrahmen stehen und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen, um zu prüfen, ob alles wie bestellt eingerichtet war.
    »Ungefähr eine Viertelstunde«,

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