Verführerische Maskerade
Schneiderin, lachte aber unterdrückt. Seit der Ankunft der drei Frauen in London kümmerte Miss Claire sich um deren Garderobe und hatte sich längst an den lockeren Umgangston gewöhnt.
»Es mag unschicklich sein, Claire, aber Gott wird mir beipflichten.« Cornelia lachte immer noch. »In zwei Wochen wird unsere jungfräuliche Freundin in die Glückseligkeiten des ehelichen Schlafgemaches eingeführt.«
»Oh, Nell, bitte halte doch den Mund«, protestierte Livia mit geröteten Wangen. »Sagt mir lieber, wie euch das Kleid gefällt.« Sie strich mit den Händen über die Taille und betrachtete sich im langen Spiegel.
»Es ist wunderschön«, verkündete Cornelia ernst. »In dieser altmodischen Elfenbeinfarbe siehst du wirklich ganz bezaubernd aus. Nichts könnte dein Haar und deine Augen besser zur Geltung bringen.«
»Mir gefallen die Stickereien am besten«, erklärte Livia und strich liebevoll über die Röcke, »sie sind unglaublich zart.«
»Ganz ausgezeichnet«, stimmte Aurelia zu, »das feine Leinen und der Seidenbesatz sollten verhindern, dass du in der Kirche erfrierst.«
»Ja. Dahinter steckt eine praktische, aber leider auch notwendige Überlegung, Lady Livia«, meinte die Schneiderin und zupfte an den gebauschten Ärmeln herum, die genau über den Ellbogen endeten. »Außerdem sollten die langen Handschuhe ihre Arme und Hände warm halten. Obwohl Sie den linken Handschuh natürlich abstreifen müssen. Wegen des Rings.« Sie griff nach dem bestickten Schleier, der über der Stuhllehne hing. »Ich möchte Sie gern in voller Ausstattung anschauen.« Miss Claire hob den Schleier hoch, ließ ihn leicht auf Livias Kopf schweben und arrangierte die Falten am Hinterkopf.
»Zauberhaft«, verkündete die Schneiderin, »finden Sie nicht auch, Ladys?«
Livia drehte sich zu ihren Freundinnen und schaute sie fragend an. Beide lächelten, und Aurelia zwinkerte eine unpassende Träne fort. Plötzlich brach die Erinnerung an ihre eigene Hochzeit über sie herein, und sie musste daran denken, wie nervös sie damals gewesen war, wie wenig sie über den Schritt Bescheid wusste, den sie zu tun im Begriff stand. Sie erinnerte sich daran, dass sie plötzlich von Panik erfüllt gewesen war, weil sie den Mann kaum kannte, der ihr Ehemann werden sollte, obwohl es sich um den Bruder ihrer besten Freundin handelte und sie zusammen im selben Dorf aufgewachsen waren. Wie anders es damals gewesen war, dachte sie unwillkürlich, denn Livia ist verliebt. Und Aurelia konnte beim besten Willen nicht behaupten, dass sie am Tag ihrer Hochzeit verliebt gewesen war.
Oh, mit der Zeit hatte sie natürlich gelernt, ihren Ehemann zu lieben. Sie hatten zu einem angenehmen Umgang miteinander gefunden, waren gute Freunde und stille Liebhaber. Aber die große Leidenschaft fehlte. Es gab kein überschäumendes Verlangen. Nie hatte sie erlebt, dass die Erde förmlich unter ihren Füßen bebte, wie Livia ihre Gefühle beschrieb. Livia strahlte vor Glück, und mit jeder Minute, die sie mit ihrem Bräutigam verbrachte, strahlte sie noch ein wenig heller.
»Oh, wie spät ist es eigentlich?«, platzte Livia heraus, »ich muss jetzt gehen. Ich bin mit dem Architekten am Cavendish Square verabredet.« Sie zog den Schleier von ihrem Gesicht fort. »Es gibt noch so viel zu tun. Dabei muss ich spätestens Freitag in Ringwood sein. Ich brauche mindestens noch eine Woche für die Vorbereitungen.« Livia reichte Cornelia den Schleier und drehte sich zu Claire, um das Kleid auszuziehen. »Wir sehen uns heute Abend beim Dinner.«
»Ich kann nur hoffen, dass Harry rechtzeitig fertig wird. Womit auch immer er sich dort oben beschäftigt«, meinte Cornelia bedauernd. »Er hat sich wieder in seine Dachkammer eingeschlossen. Aus dem Ministerium sind heute Vormittag Papiere geliefert worden, und seither ist er die Treppe hinauf verschwunden. Niemand weiß, wann er wieder auftauchen wird. Mein Mann hat keinerlei Interesse daran, den Gastgeber einer Dinnerparty zu spielen, wenn er sich in seinem Büro unter dem Dach eingeschlossen hat.«
Ihre Freundinnen nickten verständnisvoll. Viscount Bonham dechiffrierte geheime Botschaften für das Kriegsministerium, und wenn eine Nachricht eintraf, zog er sich manchmal tagelang aus dem geselligen Verkehr zurück. Er wollte unbedingt vermeiden, dass allgemein bekannt wurde, welche Arbeit er verrichtete; Cornelia war es inzwischen gewohnt, sich Entschuldigungen auszudenken, wenn die plötzliche Abwesenheit seinen
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