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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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Ihr Gatte war außergewöhnlich großzügig, vielleicht wegen Radwells bedachtem höflichem Verhalten. Also würden sie alle zusammen auf Haughleigh residieren? Umso besser, vielleicht konnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wenn alles wie geplant lief, wären die Brüder vielleicht noch vor dem Ende des Sommers wieder versöhnt.
    Und Esme würde auch einen Weg aus ihrer verzwickten Lage finden, denn wenn Miranda sich nicht allzu sehr irrte, gab es schon einen Bewerber, der deren Zustimmung fand, und er saß gerade mit ihnen in einem Raum.

4. KAPITEL

    Radwell drückte das Gesicht ins Kissen, um die Sonne, die durchs Fenster hereinschien, nicht sehen zu müssen. Seit seine Schwägerin auf Haughleigh das Regiment übernommen hatte, war vieles anders geworden. Zum Beispiel konnte er sich nicht erinnern, dass es überall so blendend hell gewesen war, als seine Mutter noch dem Haus vorstand. Er war mit der Vorstellung heimgekommen, in düsterer Umgebung seine düstere Stimmung pflegen zu können, aber wohin er sich auch wandte, gab es Licht und frische Luft. Das war sehr irritierend.
    Er setzte sich auf und nahm von dem Kammerdiener die Teetasse entgegen. Auch das Essen ließ nichts zu wünschen übrig; überhaupt machte man ihm alles so behaglich, dass er sehr auf der Hut war.
    Nicht, dass er seinen Bruder verdächtigte, ihm Fallen zu stellen, dazu war Marcus viel zu geradeheraus. Er würde im Affekt angreifen, nicht hinterrücks, nach ersten friedlichen Schritten und köstlich heißem Morgentee. Sein Bruder, der Duke, hatte ihn eingeladen, und das konnte er unbesehen annehmen. Vielleicht war mit dem Schlag unten in der Halle ihre Rechnung beglichen.
    Aber im Grunde zweifelte er daran. Dass er sich von ihm ohne Gegenwehr hatte schlagen lassen, war die Eintrittskarte ins Haus gewesen, aber wieder in die Familie aufgenommen zu werden, würde mehr kosten. Zeit, Geld und Entschuldigungen. Zeit hatte er mehr als genug, doch wie er den Rest bewerkstelligen sollte, war ihm noch nicht klar.
    Wenn er dafür eine Weile nach Mirandas Pfeife tanzen musste, indem er ihr half, die kleine Canville zu verehelichen, nun gut. Obwohl ihm die Methode abwegig erschien, passte sie doch immerhin in seine eigenen Pläne bezüglich der Versöhnung mit der Familie. Seine Reue konnte er hier, unter der Nase seines Bruders, viel besser zur Schau stellen. Heute würde die Familie anreisen, und bisher hatte er nichts angestellt, das irgendjemand hätte bemäkeln können. Wahrscheinlich würde Marcus die Dienerschaft unauffällig befragen, aber da er sich eines vorbildlichen Betragens befleißigt hatte, würde der Bericht sehr zu seinen Gunsten ausfallen.
    Als das Rattern der Kutsche aus der Ferne an sein Ohr drang, beeilte er sich mit seiner Morgentoilette, denn er wollte bereit sein, wenn sein Gastgeber eintraf.
    Während Radwell die Treppe hinabstieg, hörte er Marcus unten in der Halle mit dröhnender Stimme Befehle austeilen, die früher allerdings wesentlich bombastischer geklungen hatten. Sein Bruder hatte sich geändert, sein Wesen besaß eine Heiterkeit, die man früher nicht an ihm gekannt hatte. Auch Miranda wirkte froh und glücklich, wieder in ihrem Heim zu sein.
    Die nächsten Geräusche ließen ihn innehalten. Kinderla chen – ein Junge und ein Mädchen. Natürlich wusste er von ihrer Existenz, er hatte die Geburtsanzeigen in der Times gele sen, doch er hatte kaum geglaubt, dass man ihm je erlauben würde, mit ihnen zusammenzutreffen. Nun würde er sie bald kennenlernen, was ihn ein wenig erschütterte.
    Langsam schritt er die restlichen Stufen hinab, mitten hinein in das Durcheinander der Ankunft, das jedoch sofort zur Ruhe kam. Zumindest Miranda schien erfreut, ihn zu sehen.
    „Radwell.“ Das war Marcus, dessen Tonfall jedoch ganz neutral war. Doch er schien auf der Hut, und seine Augen lachten nicht mehr.
    „Marcus.“ Was sollte er erwidern? Er konnte seinen Bruder kaum in dessen eigenem Haus willkommen heißen. „Ich hoffe, ihr hattet eine geruhsam Reise?“
    Miranda überbrückte das Schweigen. „Mit Kindern reist man nie geruhsam. Unsere beiden kennst du ja noch nicht. Kommt, Kinder, begrüßt euren Onkel.“ Sie bedeutete den beiden, vorzutreten. Der Junge war, wenn er sich recht erinnerte, fünf, und das Mädchen beinahe vier Jahre. Er ging auf sie zu und neigte sich ein wenig, um die Hand des Jungen entgegenzunehmen. „Guten Tag, Johnny.“
    Der Junge, der das Ebenbild seines Vaters war, schenkte seinem

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