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Verführerische Unschuld

Verführerische Unschuld

Titel: Verführerische Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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denn einen Sekundanten finden kannst.“
    „Ich kann mich nicht mit dir duellieren.“ Und das stimmte, ein Duell wäre für sie beide katastrophal; es wäre viel einfacher, wenn sein Bruder ihm wieder sein Haus verbot. „Dies ist nur ein dummer Zufall, ich schwöre es! Es ist alles ganz anders, hör mir doch zu …“
    „Dir habe ich zum letzten Mal zugehört! Du verdrehst die Tatsachen, um mein Mitgefühl zu erlangen!“ Marcus stieß ihn zur Tür hinaus in den Korridor; das nachschleifende Laken wickelte sich um seine Beine und ließ ihn straucheln, sodass er abermals zu Boden fiel. Drohend, mit angewidertem Blick stand Marcus über ihm. „Nein, du elender Taugenichts, wieder einmal habe ich Narr dir geglaubt! Ich dachte wirklich, du hättest dich geändert. Ich habe dir vertraut. Ich dachte tatsächlich, du wolltest nur das Beste für Miss Canville, du würdest sie nicht entehren! Und dann verhältst du dich so unvorstellbar verachtenswert!“
    „Du glaubst doch nicht ernstlich, dass ich vorhatte …“ Mühsam stand Radwell auf.
    „Du wirst mein Heim nicht als Hurenhaus missbrauchen, du elender Schuft! Morgen, bei Sonnenaufgang, setze ich dem ein Ende! Und lass dir nicht einfallen, dich heimlich davonzustehlen, um dem Duell zu entgehen, sonst folge ich dir und erschieße dich wie einen tollwütigen Hund.“ Ohne ein weiteres Wort nahm Marcus einen der im Gang stehenden Stühle und platzierte sich als Wache vor Esmes Tür. Radwell blieb nichts anderes übrig, als in sein Zimmer zurückzukehren und auf den Morgen zu warten.
    Im Osten waren die ersten Sonnenstrahlen zu sehen, Tau bedeckte das Gras und machte es schlüpfrig. Noch war es angenehm kühl, obwohl kein Lüftchen wehte. Es war ein wunderschöner Morgen, aber Radwell war speiübel, da er gleich seinem Bruder zum Kampf gegenübertreten sollte.
    „Es ist alles ein Irrtum!“ Noch einmal versuchte er zu erklären, doch Marcus wollte nichts mehr hören. Er wirkte niedergeschlagen und müde. War er sich denn der Gefahr nicht bewusst, in der er schwebte? Für ihn konnte es nur übel enden, denn er war kein geübter Degenfechter. Um Marcus zu verschonen, hatte Radwell ernstlich überlegt, sich aus dem Staub zu machen, doch damit würde er auch Esme in dem Glauben zurücklassen, dass er ihr hatte zu nahe treten wollen. Außerdem sträubte sich etwas tief in ihm dagegen, vor einem Kampf zu kneifen. Wenn es keine Versöhnung gab, musste die Sache eben in Blutvergießen enden, wie Marcus es oft genug angedroht hatte.
    Zwei auf Verschwiegenheit eingeschworene Lakaien fungierten als Sekundanten, deshalb prüfte Radwell die Degen selbst. Als der Geforderte konnte er die Waffen wählen, und er hatte von Pistolen abgesehen. Einen schon lange schwelenden Streit mit einem einzigen Schuss aus der Welt zu schaffen, noch dazu mit einem unumkehrbaren tödlichen Ergebnis, erschien ihm nicht richtig. Also hatte Marcus die beiden Degen bringen lassen, die seit Großvaters Zeiten über dem Kamin im Arbeitszimmer hingen. Vorsichtig betastete Radwell die Klinge. Hätte er ernstlich kämpfen wollen, wäre sie ihm ein wenig zu stumpf gewesen; zu lange waren die Waffen nicht gepflegt worden. Aber die Spitze war scharf genug! Er würde sorgfältig vorgehen müssen.
    „Erinnerst du dich, Marcus? Als Kinder nahmen wir sie uns manchmal, um damit zu spielen.“
    „Ja, und Vater verprügelte uns und sagte, sie seien kein Spielzeug.“ Marcus sprach abweisend.
    „Das gilt immer noch.“ Radwell trat ein paar Schritte zurück, während sein Bruder den Degen hob. „Ich wollte nichts von dem Mädchen, auch wenn es anders aussah.“ Aufs Neue versuchte er, das Missverständnis auszuräumen.
    „Du warst splitternackt in Miss Canvilles Zimmer! Es spielt keine Rolle, ob du auf ihren Wunsch da warst oder nicht!“ Marcus ließ die Klinge durch die Luft sausen.
    „Verdammt, Marcus!“, zischte Radwell. Langsam wurde er wirklich ärgerlich. „Wenn dir so viel an Miss Canvilles Ruf liegt, dann nimmst du das zurück! Sie wusste von nichts, es trifft sie keine Schuld! Es war einfach ein unglücklicher Zufall, peinlich, ja, aber ich bin der Einzige, der dafür zahlen sollte.“
    „Und wenn dir an Miss Canville liegt, solltest du ihren Ruf auf andere Weise retten.“ Marcus salutierte und stellte sich in Position. Er wirkte steif und ungelenk.
    „Wie, willst du mich mit dem Degen vor den Altar treiben?“ Radwell lachte abfällig.
    „Der Gedanke war mir gekommen. Aber da ihr Vater gewiss

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