Verführerischer Weihnachtstraum
war sie in der seligen Überzeugung nach London gefahren, dass sie das Richtige tat. Und sich allein aus diesem Grund alles irgendwie ergeben würde.
Jetzt, da er sich mehr oder weniger gezwungen sah, bei ihrem Plan mitzumachen, würde es nicht lange dauern, bis er sie für ihre Einmischung in sein Leben zutiefst verabscheute. Wahrscheinlich mochte er sie schon jetzt weniger als je zuvor.
Georgie stellte sich Pierre unten im Arbeitszimmer vor, wie er mit düsterer Miene auf den Computerbildschirm starrte. Vielleicht telefonierte er ja auch mit seiner Freundin. So kaltblütig konnte er doch nicht sein, dass er die Frau völlig außen vor ließ, oder?
Und dann … was, um alles in der Welt, sollten sie Didi sagen, wenn das Ganze vorüber war? Daran hatte Georgie nun wirklich nie gedacht. In ihrer Sorge um Didis Verfassung war sie einfach mit den Füßen voraus ins kalte Wasser gesprungen. Und jetzt erst wurde ihr klar, dass sie direkt auf einem wirbelnden Strudel zutrieb. Viel zu spät – und ohne Rettungsring.
Als Georgie am nächsten Morgen aufwachte, fand sie das Haus leer vor. Was eine Erleichterung war.
Auf dem Küchentisch lag eine handgeschriebene Notiz von Pierre. Er wünschte ihr eine gute Heimreise nach Devonshire und bestellte alles Liebe für Didi. Georgie las den Zettel und zerknüllte ihn. Irgendetwas an dieser gestochen scharfen Handschrift jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
Auf der Rückreise musste sie feststellen, dass sie sich nicht auf ihr Buch konzentrieren konnte. Stattdessen starrte sie aus dem Zugfenster auf die vorbeifliegende Landschaft und fragte sich düster, worauf sie sich da eingelassen hatte.
Noch sehr viel beunruhigender war die Frage, was Pierre im Schilde führte.
Ihr mitfühlendes und gutherziges Wesen hatte sie mehr als einmal in Situationen gebracht, die sich dann ganz und gar nicht wie geplant entwickelt hatten. Georgie musste an die Gänse denken, die sie vor fünf Jahren adoptiert hatte. Die Tiere hatten den Briefträger derart terrorisiert, dass sie ihre Post selbst beim Amt hatte abholen müssen. Überhaupt hatte es im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von streunenden Tieren gegeben, die ihr etwaige ähnliche Erlebnisse eingebracht hatten. Jetzt waren ihr nur die Hühner geblieben. Gott sei Dank!
Allerdings hatte die jetzige Situation nichts mit streunenden Tieren zu tun. Langsam aber dämmerte Georgie, dass ihr die Kontrolle über die Situation entglitten war.
Sie konnte sich auch irren. Aber … endeten solche Dinge nicht grundsätzlich in einer Katastrophe?
4. KAPITEL
Normalerweise ließ Pierre sich chauffieren, wenn er seine Mutter besuchte – das letzte Mal war seiner Rechnung nach immerhin fünf Monate her. Während der Fahrt auf dem Rücksitz des Bentley bearbeitete er dann Akten und schaute erst auf, wenn der Wagen zu Didis Cottage einbog. Dieses Mal aber hatte er beschlossen, selbst zu fahren.
Seit diesem bizarren Treffen letzte Woche hatte er nicht mehr mit Georgie gesprochen. Ob unfreiwillig oder nicht: Er hatte sich zum Komplizen ihres hirnrissigen Plans gemacht. Ihres Betrugs. Sie mochte zwar nicht, dass er dieses Wort benutzte, aber es gab keinen anderen Ausdruck, der es besser beschreiben würde. Vor allem, nachdem er zweimal mit Didi telefoniert hatte und gezwungen gewesen war, sich geheimnisvoll zu geben.
Die seit Jahren bestehende und sorgsam gepflegte höfliche Zuneigung zwischen ihm und seiner Mutter hatte einen Riss bekommen. Pierre fühlte sich in die Enge getrieben. Er hatte keine Ahnung, wie er seiner Mutter begegnen sollte. Plötzlich hatte sie lebhaftes Interesse an ihm . Sie wollte wissen, was er denn alles so machte. Fand es schön, dass er Zeit gefunden habe, Georgie zu umwerben. Ließ ihn wissen, wie sehr sie sich doch immer um ihn gesorgt hatte, weil er zu hart arbeite und seine Prioritäten so falsch setzte. Teilte ihm mit, dass sie im mer Angst gehabt hatte, dass er nie die Richtige finden würde. Worunter Didi eine Frau verstand, die ihm zeigte, dass das Leben mehr zu bieten hatte als nur das Interieur seines Büros …
Seit wann las seine Mutter ihm die Leviten wegen seines Lebensstils? Wann hatte sie ihn je wissen lassen, was sie über das Leben dachte, das er führte? Natürlich hatte er immer vermutet, dass sie nicht einverstanden war, schließlich konnte er auch zwischen den Zeilen lesen.
Seine Hoffnung hatte sich schneller in Luft aufgelöst als Morgentau in der heißen Sommersonne: Es war ihm einfach nicht
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