Verführerischer Weihnachtstraum
Verstand.
Scham überrollte sie wie eine Flutwelle und gab ihr die Kraft, seinem Blick mit vernichtender Kälte zu begegnen. „Ein durchaus interessanter Gedanke, Pierre, aber ich fürchte, ich muss deinen Vorschlag ablehnen.“
Verdutzt fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar. „Wieso?“
„Das haben wir doch schon besprochen.“
„Ja. Bevor diese Anziehungskraft zwischen uns aufgeflammt ist.“
„Ich halte nichts von einem lässigen Schäferstündchen im Heu. Ob nun gegenseitige Anziehungskraft besteht oder nicht, ist unerheblich. Du bist für deine eigene Moral verantwortlich, so wie ich für meine Moral die Verantwortung trage.“
„Herrgott, Georgie! Wir reden doch nicht darüber, die Dorfschule in die Luft zu jagen! Wir sprechen hier von ein wenig Spaß.“ Hatte er in seinem Leben bisher jemals einen Korb erhalten?
„Du scheinst zu vergessen, worum es sich in Wirklichkeit handelt. Das Ganze ist nur Theater, Pierre! Ich bin kein Spielzeug, das du dir eben mal nehmen kannst, nur weil es dir gerade gefällt. Vermutlich findest du mich und das alles hier wahnsinnig amüsant, jetzt, da deine Freundin nicht länger zum Bild gehört. Und solange du hier bist … warum nicht, nicht wahr?“
„Heute Morgen habe ich aber keinen Protest von dir gehört. Wäre Didi nicht aufgetaucht, würde dieses Gespräch wahrscheinlich gar nicht mehr stattfinden müssen. Vermutlich lägen wir dann jetzt zusammen in deinem Bett.“
Georgie wünschte sich verzweifelt ein Schlupfloch. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte …“
„Ganz einfach: Ich habe dich berührt, und du bist in Flammen aufgegangen.“ Er verlor immer mehr an Boden. Unglaublich! In welchem Jahrhundert lebte diese Frau eigentlich?! „Das wird allgemein Spaß haben genannt. Einfach nur dazusitzen und auf den Richtigen zu warten, nennt man dagegen Zeitverschwendung.“
„Nein. Das nennt man: Prinzipien haben . Und wenn ich auf den Richtigen warte, dann ist das keine Zeitverschwendung, sondern heißt nur, dass ich an die Liebe glaube. Du bist ein Zyniker, Pierre.“
„Und du, Darling, bist eine Heuchlerin.“ Er ging zur Tür und blieb einen Moment davor stehen. „Aber …“, er zuckte mit den Schultern, „… wie du willst.“ Sein männlicher Stolz machte sich lautstark bemerkbar und überstimmte alles. „Nur ein gut gemeinter Rat“, bemerkte er voller Arroganz. „Diese Selbstverleugnung mag dir ja sehr nobel erscheinen. Aber Enthaltsamkeit ist kein besonders wärmender Bettgenosse.“
Wie immer in solchen Fällen, fiel Georgie die passende Erwiderung natürlich erst zehn Minuten später ein. Aber da hatte Pierre das Zimmer schon längst verlassen.
Georgie blieb also nichts anderes übrig, als sich all die Gründe in Erinnerung zu rufen, warum sie Pierre unsympathisch und widerwärtig fand. Daran würde sie unbedingt festhalten müssen!
7. KAPITEL
Im Stillen hoffte Georgie darauf, Pierre würde ihr einen Gefallen tun und irgendeinen Vorwand finden, um früher abzureisen als geplant. Sie musste wirklich jedes Quentchen Mitgefühl in sich zusammenklauben. Sie musste sich wieder und wieder vor Augen führen, wie sehr Didi jede Sekunde mit ihrem Sohn genoss. Auch wenn sie, Georgie, sich nichts Schlimmeres vorstellen konnte.
Aber zumindest war es Montag. Was hieß, dass sie zur Arbeit musste. Selbst Didi erwartete nicht, dass Georgie sich freinehmen würde, nur weil Pierre zufälligerweise in der Stadt war. Sie wusste ja, wie sehr Georgie die Arbeit mit den Kindern am Herzen lag.
Ganz abgesehen davon, dass Rechnungen bezahlt werden mussten und sie ein Dach über dem Kopf brauchte, liebte Georgie ihre Schüler. Sie waren eine aufgeweckte, lebenslustige kleine Truppe. Da Georgie selbst weder Eltern noch Geschwister noch eigene Kinder hatte, waren ihre Schüler viel mehr für sie als nur Kinder, denen sie lesen, schreiben und rechnen beibrachte. Sie legte viel Sorgfalt in die Vorbereitung, um ihren Unterricht so interessant wie möglich zu gestalten. Außerdem meldete sich meist als Aufsicht für Veranstaltungen außerhalb der Schulzeit; die meisten anderen Lehrer versuchten, sich darum zu drücken – vor allem im Winter. Georgie jedoch übernahm in der Vorweihnachtszeit die Organisation der Schulaufführung und den immer mit Spannung erwarteten Besuch des Weihnachtsmanns.
Im Moment war sie äußerst dankbar für die Ablenkung, die ihr die Arbeit bot. So kam sie heute auch als Erste in der Schule an. Nur ein wenig früher, und sie
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