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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Musselin gegossenes Hinterteil erschien ihm in einem aufreizenden Licht, und der Drang, ihr mit dem Stiefel hineinzutreten, wich einem bei weitem verwirrenderen, primitiveren Trieb.
    Er verbeugte sich knapp. »Zu Ihren Diensten, Miss.«
    Sie zeigte mit überzeugend zitterndem Finger auf etwas, das sich am anderen Ende der Polsterbank zu befinden schien. »Bitte, beeilen Sie sich! Sie macht mir entsetzliche Angst!«
    Gerard umrundete schnaubend die Polsterbank und sah sich die betreffende Stelle an. »Ich sehe nichts, verfl -« Er räusperte sich. »Nichts zu sehen, Miss.«
    »Aber natürlich sehen Sie sie! Sie ist ganz furchtbar! Ich wäre vor Schreck fast in Ohnmacht gefallen, und ich versichere Ihnen, ich bin keine Frau, die zu Ohnmachtsanfällen neigt.«
    Seufzend nahm Gerard die Augengläser ab und schaute noch einmal hin. Eine winzige Spinne, fürs bloße Auge fast unsichtbar, ließ sich wagemutig an zartem Faden das Polster hinunter. Gerard empfand nur Mitleid für das kleine Kerlchen. Die Spinne erinnerte ihn an sich selbst – über einem gefährlichen Abgrund hängend und nach Lucys Pfeife tanzend.
    Er schob die Augengläser zurück und bedachte Lucy mit einem nachsichtigen Blick. »Und was soll ich Ihrer Meinung nach tun, Miss Snow?«
    Sie griff sich nervös an die Kehle. »Sie sind mein Leibwächter . Man erwartet von Ihnen, dass Sie mich vor jeglicher Bedrohung beschützen.«
    Ihren Leibwächter überkam eine teuflische Gelassenheit. »Aber natürlich, Miss.« Er griff in seine Jackentasche, holte eine Pistole heraus und zielte auf die hilflose Kreatur.
    Lucys entsetzter Quietscher war echt. Ihre grauen Augen wurden kugelrund, als sie die glänzende Waffe sah. Sie hatte nicht ahnen können, dass er eine Pistole besaß und erst recht nicht, dass er sie immer bei sich trug, wenn er das Pförtnerhaus verließ.
    »Mr. Claremont, was haben Sie denn vor?«
    Er ließ die Pistole sinken. »Ich beschütze Sie, das war es doch, was Sie wollten.«
    »Aber Sie können die arme kleine Spinne doch nicht erschießen!«
    »Was denn sonst? Soll ich ihr etwa den Hintern versohlen? Sie nach Australien deportieren? Sie einfangen und Ihrem Vater übergeben?«
    Lucy sank auf die Polsterbank. Das Haar verdeckte ihr das Gesicht. »Sie könnten sie in den Garten bringen«, murmelte sie.
    In den Garten! Wo Lucy zweifelsohne bald wieder auf sie stieß.
    Ihr unerwarteter Anfall von Tierliebe irritierte ihn mehr als ihre Doppelzüngigkeit. Er steckte die Pistole weg und grinste boshaft. »Wäre es Ihnen nicht doch lieber, wenn ich sie mit dem Absatz in den Teppich trete.« Er hob drohend einen Fuß an.
    Lucy schüttelte sich die Haare aus dem Gesicht. »Oh nein! Das dürfen Sie nicht. Sie ist immer noch ein Geschöpf Gottes, und ich bin sicher, dass sie kein solches Spektakel verursachen wollte.«
    Sie lief zum Kaminsims und holte eine Schnupftabakdose aus Messing, die wohl nie benutzt worden war, so blank, wie sie war. Sie schubste, ohne mit der Wimper zu zucken, die Spinne hinein und gab die Dose Claremont.
    Der betrachtete die kleine Kreatur, die auf dem Dosenboden im Kreis lief, und fragte sich, ob sie sich genauso gefangen fühlte wie er.
    »Jetzt aber«, sagte sie und wedelte herrisch mit der Hand. »Sehen Sie zu, dass ihr nichts passiert und sie ein nettes Zuhause findet.«
    »Ich werde sie wie eine heilige Kuh behandeln.« Er verbeugte sich formvollendet mit schwungvoller Armbewegung. »Ganz zu Ihren Diensten, Mylady.«
     
    »Die Schlacht an der Chesapeake Bay ist das gewesen, im März einundachtzig, als diese verfluchten Franzosen eine Blockade hochgezogen haben, damit wir unsere Truppen bei Yorktown nicht mehr mit Nachschub versorgen können. Thomas Graves war damals Konteradmiral, und ich habe ihn gewarnt, dass er seine Zeit nicht damit verschwenden solle, seine Schiffe in perfekte Formationslinie zu bringen. ›Tommy, alter Junge‹, habe ich zu ihm gesagt …«
    Der Admiral dröhnte und dröhnte vor sich hin wie eine gigantische Hummel. Gerard hätte geschworen, dass der Sand im blank polierten Stundenglas am Rand des Bibliothekstischs schon vor Stunden mitten im Rieseln erstarrt war.
    Lucien Snow diktierte seine Memoiren, und Claremonts einzige Erkenntnis war, dass der Admiral zutiefst seine Verletzung bedauerte, die ihn, nachdem er sich ein Leben lang unbedeutende Scharmützel mit den Franzosen geliefert hatte, daran gehindert hatte, die englische Flotte zu ihren ruhmreichsten Siegen zu führen. Der Admiral glaubte,

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