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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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kehrtmachte und zum Pförtnerhaus zurückmarschierte.
    »Hab ich etwas Falsches gesagt?«, flüsterte Lucy.
    Sie legte die Wange an die raue Borke und suchte im Schutz der altehrwürdigen, unbeugsamen Eiche Trost. Der warme Schleier aus Tränen machte sie blind für den aufblitzenden Sonnenstrahl, den oben, an einem der Fenster im zweiten Stock, irgendetwas reflektierte.
     
    Als Smythe das Frühstückstablett und verschiedene Zeitungen mit der Gewandtheit eines professionellen Jongleurs in seinen privaten Salon balancierte, ließ der Admiral schnell den Feldstecher sinken.
    »Verdammt noch einmal, Mann«, geiferte der Admiral. »Wie oft habe ich Ihnen gesagt, dass Sie vorher anklopfen sollen?«
    »Entschuldigen Sie, Sir. Aber ich hatte keine Hand frei.«
    »Sie werden Ihre Hände bald für eine neue Anstellung frei haben, wenn Sie noch einmal derart unverschämt hereinplatzen.«
    Smythe stellte seine Last auf einem Gestell aus Eichenholz ab, während der Admiral ungerührt seine Spitzelei fortsetzte. Smythe tat so, als wolle er die Papiere seines Arbeitgebers arrangieren, und schlängelte sich zu einem der Fenster, von wo aus er Lucy entdeckte, die wie eine alte Frau über den Rasen zum Haus schlich, die Schritte schwer vor Trübsinn. Smythe legte die Stirn in Falten.
    »Der verfluchte Fratz ist noch mein Ruin, genau wie ihre verfluchte Mutter«, grummelte der Admiral und schob den Teleskophals des Feldstechers zusammen. »Hätte diesen Claremont nie einstellen dürfen. Dachte, er wäre aus härterem Holz. Manns genug, den Listen der Weiber zu widerstehen.«
    »Ich fand sein Betragen recht annehmbar, Sir. Ich konnte in seinem Betragen Miss Lucy gegenüber nichts Unschickliches erkennen.« Smythe betete, dass er sein Eintreten für Claremont später nicht bereute.
    »Ach! Aber Ihr Maßstab ist auch nicht so streng wie meiner, nicht wahr?« Der Admiral setzte sich in einen Ohrensessel und hob die silberne Haube vom Rechaud, worauf ein dampfendes Festmahl aus in Butter gebratenen Eiern und frischem Bückling zum Vorschein kam, das Snow jeden Tag einzunehmen pflegte, bevor er Lucy bei trockenem Toast und Tee im Speisesaal traf. Er zeigte auf die Zeitungen. »Irgendetwas über Doom?«
    »Gar nichts, Sir. Vielleicht hat er begriffen, dass es sinnlos ist, einen Mann mit Ihren Fähigkeiten und Ihrem Intellekt offen zu attackieren.«
    Zum Glück für Smythe hinderte das kolossale Ego seines Arbeitgebers diesen daran, die sarkastischen Untertöne herauszuhören.
    Der Admiral durchbohrte mit der Gabel einen Bückling. »Ich hätte diesen Wurm unterm Stiefel zerquetschen sollen, als ich die Gelegenheit hatte.« Die Gabel auf halbem Weg zum Mund, hielt er inne. »Geht Lucy heute Abend aus?«
    »Ja, Sir. Der Wintermaskenball bei den Howells.«
    »Exzellent!« Er kaute genüsslich, zermalmte den Fisch mit derben Zähnen. »Sehen Sie zu, dass die Uniform gebügelt ist. Ich werde mich kurz sehen lassen, dann gehe ich meinen eigenen Geschäften nach.«
    »Ja, Sir. Ich kümmere mich um alles.« Smythe wandte sich zum Gehen.
    »Smythe?«
    »Sir?«
    »Morgen früh, noch vor neun Uhr null, kontaktieren Sie Mr. Benson und kümmern sich um einen Ersatz für Mr. Claremont. Das Benehmen dieses Mannes gefällt mir nicht.«
    Smythe behielt seine unbedarfte Miene bei. »Und welchen Kündigungsgrund soll ich Mr. Claremont nennen, Sir?«
    Der Admiral wedelte mit der Gabel herum und kleckerte flüssiges Eigelb auf die Zeitung. »Sagen Sie ihm einfach, wir haben seine Dienste zu schätzen gewusst und wären hocherfreut, ihm eine angemessene Referenz auszustellen et cetera, et cetera.«
    »Wie Sie wünschen, Sir.«
    Smythe schlug die Hacken zusammen und grüßte zackig. Welch verfluchte Schande für ganz England, dachte er, dass ein Mann von Lucien Snows strategischem Talent mit dem fatalen Makel geschlagen war, seine Feinde zu unterschätzen.
     
    Der Wintermaskenball bei den Howells war sorgsam gepflegte Tradition. Lady Howell hatte den Ball vor über einem Jahrzehnt ins Leben gerufen, um die langen, öden Wintermonate aufzuhellen, in denen die Lustgärten der Stadt geschlossen blieben und sich viele aus der feinen Gesellschaft auf ihre Landgüter zurückzogen. Die, die dageblieben waren, erwarteten den Ball oft sehnsüchtiger als die Weihnachtstage.
    Als sie die flachen Stufen zum Ballsaal hinunterschritten, hängte sich Lucy mit behandschuhter Hand am exakt abgewinkelten Arm ihres Vaters unter und erwartete, die vertraute Mischung aus Liebe und

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