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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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war.«
    »Sie wurden gefangen genommen«, sagte Lucy entsetzt.
    »Man hat mich betrogen!«
    Das Brüllen ließ sie zusammenzucken. Während der Wochen auf Iona hatte sie ihn gegen sich aufgebracht, ihn wütend gemacht, ihn vielleicht sogar zur Weißglut getrieben, doch nie hatte er mit solcher Gewalt seine Stimme erhoben. Ihr Blick wanderte auf seine geballten Fäuste hinunter. Lucy selbst hatte miterlebt, welche Verwüstungen diese Fäuste anrichten konnten, wenn Claremont ihnen freien Lauf gab. Zum ersten Mal erwog sie die Möglichkeit, dass sie von diesem Mann vielleicht mehr zu befürchten hatte als ein gebrochenes Herz.
    Er folgte ihrem Blick, öffnete langsam die Finger und atmete tief aus. »Man hat mich gefangen genommen«, gestand er ein. »Vor der Küste von San Juan. Noch zwei Tage vorher hatte ein spanisches Handelsschiff sich kampflos ergeben. Ich ging an Bord, zeigte dem Kapitän meinen Kaperbrief und lud die Ladung um.« Die Erinnerung schärfte seinen Blick. »Dreitausend Goldstücke, Silberbarren, Baumwolle, Indigo, Zimt. Ein Schatz, der sogar dem vermoderten Captain Kidd das Herz gewärmt hätte.«
    »Mit Sicherheit aber das Herz Seiner Majestät.«
    »Das sollte ich nie herausfinden. Wir wurden von einem französischen Kriegsschiff aufgebracht und zu einer Festung auf Santo Domingo gebracht. Sogar als die Wachen mich in Eisen gelegt haben, habe ich ihnen noch ins Gesicht gelacht. Ich wusste ja, dass sie keine Handhabe hatten, uns wegen Piraterie zu verurteilen. Ich hatte schließlich den Kaperbrief des Lord High Admiral bei mir. Und ich war so vorausschauend gewesen, unsere Beute in San Juan zu verstecken.«
    »Ein vergrabener Schatz. Wie romantisch.« Doch ihr spaßhafter Tonfall war nicht echt.
    »Am nächsten Tag erschien ein Handlanger meines Gönners. Wir hatten uns geeinigt, dass er auf den Inseln bleiben sollte, um im Falle einer solchen Situation meine Verteidigung zu übernehmen. Er hat den Kaperbrief verlangt und nach dem Versteck der Beute gefragt.«
    Einen verblüfften Augenblick lang vergaß Lucy jeden Sarkasmus. »Und Sie haben es ihm gesagt?«
    Gerard dreht sich auf dem Absatz um und warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Sie müssen mir meine Naivität schon verzeihen. Damals hatte ich noch Vertrauen in die Menschheit.«
    Lucy hielt seinem Blick stand und sagte sanft: »Ich glaube mich zu erinnern, selbst einmal an dieser Krankheit gelitten zu haben.«
    Er sah als Erster weg. »Das war das Letzte, was ich von dem Schurken gesehen habe. Ohne den Kaperbrief konnte ich nicht mehr beweisen, dass ich Freibeuter war, und kein Pirat.« Sein Antlitz verdunkelte sich. »Am Tag darauf haben sie meine Mannschaft gehängt, bis hin zum Lehrjungen unseres Segelmachers, der gerade neun Jahre alt war. Mich hätten sie zweifelsohne auch gehängt, aber meine Prahlereien am Tag zuvor haben ihnen wohl genug Zweifel kommen lassen, einen Racheakt der britischen Regierung zu befürchten.« Mit kalter Freundlichkeit setzte er hinzu: »Lucy, wissen Sie eigentlich, was es für einen Kapitän bedeutet, seine eigene Mannschaft zu überleben?«
    Lucy erinnerte sich, wie sie auf dem nebligen Deck der Tiberius gestanden hatte und sich die geisterhaften Schreie betrogener Seeleute vorgestellt hatte, die Rache schworen. Die Vorstellung erschien ihr plötzlich gar nicht mehr so abwegig.
    Sie schauderte. »Es tut mir Leid.«
    »Ich will Ihr Mitleid nicht«, knurrte er.
    »Was wollen Sie dann?«, schrie sie aufgebracht. Sie ertrug sein rätselhaftes Verhalten nicht länger. Sie fühlte sich wie in den eleganten, aber dennoch todbringenden Pranken eines Leoparden.
    Er kam auf das Bett zu. Lucy bedurfte jeder Faser ihrer Willenskraft, um sich nicht verschreckt in die Kissen zu verkriechen. »Wollen Sie wissen, wie das Schiff hieß, das mein Gönner mir gegeben hat? Diese wieder in Dienst gestellte Schönheit, die die Franzosen vor der Küste Santo Domingos versenkt haben?«
    »Lieber nicht«, flüsterte sie mit trockenem Mund.
    Er ignorierte es. »Die Annemarie .«
    Lucy erbleichte. Ein ungutes Gefühl schlich sich in ihre Magengrube. »Meine Mutter hieß Annemarie. Aber von dem Schiff habe ich nie gehört.«
    Gerard zog eine Augenbraue hoch. »Mein Gönner hatte schon immer einen drolligen Sinn für Humor. Es war auch seine Idee, mich Captain Doom zu nennen.« Lucys Herzschlag beschleunigte sich, als Claremont sich übers Bett lehnte, die Hände aufs Kopfende hinter ihr stützte und sie zwischen seinen muskulösen

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