Verfuehrt, Verlobt - Verraten
dem Tod praktisch von der Schippe gesprungen bin.“
„Äh, Alberto …“
„Wenn man in mein Alter kommt, braucht man etwas, auf das man sich noch freuen kann. Ich glaube, nach all der Aufregung muss ich mich jetzt erst einmal ausruhen. Ihr hättet es mir sagen sollen, anstatt dass ich es auf diese Art herausfinde. Aber letztendlich bleibt das Resultat das gleiche, nicht wahr?“
„Wir haben nichts gesagt, weil wir dich nicht unnötig aufregen wollten.“ Giancarlo kam zu Caroline und legte ihr den Arm um die Schultern.
„Ich kann nur betonen, wie sehr ich mich freue.“ Alberto strahlte vor Zufriedenheit. „Du hast sicherlich gemerkt, Giancarlo, wie sehr ich deine Verlobte mag.“ Er wandte sich an Caroline. „Ich darf dich doch so nennen, nicht wahr, Liebes?“
Verlobte? Caroline fragte sich ernsthaft, ob sie vielleicht in ein Paralleluniversum transportiert worden war.
„Wir hätten es dir wohl heute beim Dinner eröffnet“, verkündete Giancarlo mit solcher Bestimmtheit, dass Caroline sich über seine schauspielerischen Fähigkeiten wunderte. Wie weit wollte er dieses Spiel noch treiben?
„Ihr beide braucht natürlich Zeit für euch allein, um all die üblichen Dinge zu erledigen – wie zum Beispiel Ringe kaufen. Aber“, fuhr Alberto hoffnungsvoll fort, „ich kann mir nichts vorstellen, das mir mehr Hoffnung und Zuversicht geben würde … einen Grund, weiterzumachen.“
„Weitermachen womit?“ Tessa kam auf die Gruppe zu. „Sie sind wie ein junges Hündchen, das sich ständig von der Leine reißt, Alberto! Ich hatte doch gesagt, Sie sollen auf mich warten, damit ich Ihnen helfen kann.“
„Sehe ich etwa aus, als brauchte ich Hilfe, Sie zänkisches Weib?“ Er wedelte mit dem Gehstock in der Luft. „Noch ein oder zwei Wochen, und dieses dumme Stück Holz ist auch nicht mehr nötig. Es geht Sie zwar nichts an, aber diese beiden jungen Turteltauben hier werden heiraten!“
„Wie schön! Wann?“, fragte Tessa aufgeregt.
„Gute Frage, mein cleverer Drachen. Habt ihr schon einen Termin vorgemerkt?“
Endlich erwachte Caroline aus ihrer Starre. Sie löste sich aus Giancarlos Umarmung und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nein, haben wir nicht, Alberto. Ich denke, wir sollten das Thema erst einmal auf sich beruhen lassen. Es ist alles noch in Planung.“
„Gut, wir reden später. Vielleicht beim Dinner. Ein Festessen – mit Champagner. Und ich will nichts davon hören, wie schädlich Alkohol ist. Heute Abend wird gefeiert!“
„Tja …“, ließ Giancarlo sich vernehmen, als Alberto und Tessa sich auf den Weg zum Frühstück auf der Terrasse machten. „Was hätte ich denn tun sollen? Das erste Wiedersehen mit meinem Vater nach Jahren. Soll ich da seine Gesundheit gefährden? Seine Hoffnungen enttäuschen? Du hast ihn doch gehört. Es gibt ihm etwas, auf das er sich freuen kann.“
„Was du hättest tun sollen?“, wiederholte sie fassungslos. Verlobung, Heirat … die Dinge, die ihr so viel bedeuteten … für Giancarlo war es nur ein leichter Ausweg aus einer peinlichen Situation.
„Meine Mutter hat häufig ihre Partner gewechselt“, stieß er plötzlich hervor. „Sie hat sich auch nie etwas dabei gedacht, mir ihre wechselnden Lover vorzustellen. Nach der gescheiterten Ehe war sie immer auf der verzweifelten Suche nach Liebe und Anerkennung. Damals wusste ich noch nicht, dass sie diese lockere Einstellung bereits lange vor der Ehe hatte. Sie war sehr schön und sehr flatterhaft. Mein Vater hat das Wort ‚amoralisch‘ nie benutzt, aber er muss es gedacht haben. Und hier bin ich also wieder, der verlorene Sohn, der versucht, eine Beziehung zu seinem Vater aufzubauen. Soll er denken, dass das zwischen uns nur ein harmloser Flirt ist? Wie hoch wird dann wohl seine Meinung von mir sein? Wie lange, bevor er Parallelen zwischen mir und meiner Mutter zieht?“
„Das ist doch albern, Alberto ist nicht so“, wandte sie leise ein. Doch Giancarlo war schließlich ursprünglich gekommen, um Vergeltung zu üben. Er befand sich jetzt auf unsicherem Grund, seine Pläne hatten sich alle in Luft aufgelöst. Unbequeme Wahrheiten waren ans Licht gekommen, die Geschichte war umgeschrieben worden. Caroline konnte verstehen, wieso er alles daransetzte, das brüchige Gleichgewicht nicht in Gefahr zu bringen.
Doch zu welchem Preis?
Und sie Närrin hatte sich in etwas hineingestürzt, das absolut keine Zukunft hatte. Statt Abstand zu nehmen und sich zurückzuziehen, hatte sie sich
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