Verfuehrt von einem Highlander
brauchen wir die Schleuder?«, wisperte John und reichte Tristan seine nächste Gabe zu dieser guten Sache.
»Ich werde es dir zeigen.« Tristan kniete sich an der Tür hin und befestigte die Schleuder ungefähr auf Knöchelhöhe mit je einem Ende an den gegenüberliegenden Seiten des Türrahmens. Dann nahm er die Beutel und schüttete das, was sich darin an stechenden Pflanzenteilen noch befand, vor die Tür und schloss sie dann behutsam.
John konnte sich schnell ausmalen, wozu die Schleuder dienen sollte, und zupfte an Tristans Ärmel.
Ehe er etwas sagte, beugte sich Tristan hinunter und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Hab keine Angst, er trägt ja ein Nachthemd! Die Stacheln werden ihm kaum schaden können.«
John nickte grinsend, dann gingen sie davon.
Tristan kehrte nicht in sein Zimmer zurück, sondern stieg in die Küche hinunter, um etwas zu essen aufzutreiben. Er fand einen Apfel, rieb ihn an seinem Hemd sauber und schaute dabei aus dem Fenster. Vorwitzig schimmerte ein Licht von der Scheune herüber. Wer war denn so spät in der Nacht außer ihm und John noch wach? Er biss in den Apfel und verließ die Küche. Arbeitet Patrick auch noch des Nachts?, fragte er sich und schloss die Haustür hinter sich. Er war vermutlich der Letzte, den Patrick sehen wollte, aber Tristan würde ihm seine Hilfe anbieten, und vielleicht könnten sie beginnen, einige Dinge zwischen ihnen zu klären.
Er zog das knarrende Tor auf und betrat die Scheune. Es war nicht Patrick, der zusammenzuckte, sondern Isobel. Tristan blieb wie angewurzelt stehen, als er sie sah. »Was tut Ihr hier?«
Sie wandte sich ab und widmete sich wieder ihrer Arbeit. Ihr Profil hob sich gegen den sanften Schein der Laterne neben ihr ab, sie wirkte nachdenklich und besorgt. »Ist es nicht offensichtlich, dass ich eine Ziege melke?«
Er ging näher. »Um diese Zeit?«
»Ich bin heute nicht dazu gekommen, und Glenny musste dringend gemolken werden.« Sie versetzte der Ziege einen sanften Klaps auf die Flanke. »Sie mag es nicht, wenn ihr Euter voll ist. Und was wollt Ihr hier noch so spät?« Sie bedachte ihn mit einem kurzen Blick, als er sich einen zweiten Schemel heranzog und sich neben sie setzte.
Er lächelte und hielt seinen Apfel hoch, zog ihn jedoch zurück, als die Ziege versuchte, danach zu schnappen. »Wir können ihn uns teilen, Glenny. Es besteht kein Grund, sich unzivilisiert zu benehmen.« Tristan biss noch einmal von seinem Apfel ab, dann überließ er der Ziege den Rest.
»Das hättet Ihr nicht tun sollen«, tadelte Isobel, die flink weitermolk. »Jetzt wird sie jedes Mal etwas zu fressen erwarten, wenn sie Euch sieht.«
»Dann werde ich ihr etwas mitbringen«, versprach Tristan und tätschelte Glenny den Kopf.
»Das werdet Ihr von Eurem eigenen Teller nehmen müssen«, stellte Isobel klar. »Falls Ihr es noch nicht bemerkt habt: Die meisten unserer Nahrungsmittel produzieren wir selbst. Aber es gibt nicht immer genug, um gut damit auszukommen. Ich bin sicher, dass ist ein Grund für Euch, Glenny nicht so oft zu besuchen.«
Bis zu diesem Moment war Tristan das ganze Ausmaß der Last, die die Verantwortung für die Familie Patrick und Isobel aufbürdete, nicht klar gewesen. Auf Camlochlin gab es viele Hände, die bei den täglichen Pflichten mit anpackten, und mit seinem Bruder Rob, der immer bereit war, die meisten davon selbst zu übernehmen, hatte Tristan sich ganz und gar nicht gebraucht gefühlt. Doch hier gab es niemanden sonst, der die Aufgaben übernehmen konnte, niemanden, auf den man sich verlassen konnte, sollte man selbst ausfallen. Wenn ihre Brüder leben sollten, dann lag es bei den beiden ältesten Geschwistern, dafür Sorge zu tragen. Mehr als zuvor bedauerte Tristan es, dass sein Vater ihnen den ihren genommen hatte.
»Dann werde ich sie melken und ihr aufregende Geschichten erzählen, die sie das Fressen völlig vergessen lassen werden.«
Isobel lächelte ihn im trüben Licht an, sehr zum Entzücken seines Herzens, das einen Freudenhüpfer machte.
»Gibt es denn niemanden, der Eurem unübertrefflichen Charme widerstehen kann?«
Er schüttelte ernst den Kopf, auch wenn sie ihn mit dieser Frage geneckt hatte. »Nein, niemanden.«
Ihr Lächeln wurde eine Spur kühler. »Ihr denkt also, Ihr könnt meine Brüder für Euch einnehmen?«
»Ich hoffe, dass es mir mit der Zeit gelingt«, erwiderte er aufrichtig. »Es ist der einzige Weg, Frieden zwischen unseren Familien zu schließen.« Warum wollte sie
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