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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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darauf eine Antwort. Er hatte keine.
    „Denn“, fügte sie nun merklich ungeduldig hinzu, „wenn ich mit meiner Mutter gesprochen hätte, hätte sie darauf bestanden, mit nach draußen zu kommen, und so hübsch Sie auch sind, wäre es mir doch schwergefallen, Sie als Grace Eversleigh zu verkleiden.“
    Er wartete, bis sie fertig war, und murmelte dann: „Schon wieder so sarkastisch, Amelia?“
    „Wenn es erforderlich ist“, erwiderte sie nach einem Augenblick gereizten Schweigens. Sie schaute ihn an und hob beinahe trotzig die Brauen.
    Er musterte sie und unterdrückte dabei seine Belustigung. Den Wettstreit, wer von ihnen arroganter sein konnte, würde sie nie gewinnen.
    Und wirklich, nachdem sie ein paar Augenblicke versucht hatte, ihn niederzustarren, schöpfte sie Atem, und dann war es, als hätte sie überhaupt nie innegehalten mit ihrer Erzählung. „Und so verstehen Sie sicher, dass ich jetzt noch nicht nach Burges Park zurückkehren kann. Ich kann unmöglich schon nach Belgrave gefahren sein, besucht haben, wen auch immer ich besucht haben sollte, und nach Hause zurückgekehrt sein.“
    „Mich“, sagte er.
    Verständnislos sah sie ihn an. „Wie bitte?“
    „Sie werden mich besucht haben“, stellte er klar.
    Nun wurde ihre Miene eher ungläubig. „Mutter wäre natürlich im siebten Himmel, aber sonst glaubt das doch kein Mensch.“
    Thomas wusste nicht recht, warum ihn das verletzte, aber sein Ton wurde gleichwohl eisig. „Wären Sie wohl so freundlich, mir diese Bemerkung näher zu erläutern?“
    Sie begann zu lachen, und als er nichts sagte, nahm sie sich zusammen und sagte: „Oh, Sie meinen das ernst.“
    „Habe ich durch irgendetwas angedeutet, dass ich es nicht ernst meinen könnte?“
    Sie presste die Lippen zusammen, und einen Augenblick sah sie fast demütig aus. „Natürlich nicht, Euer Gnaden.“
    Diesmal machte er sich nicht die Mühe, sie zu bitten, ihn Thomas zu nennen.
    „Aber Sie müssen doch verstehen, was ich meine“, fuhr sie fort, gerade als er gedacht hatte, sie sei nun fertig. „Wann hätte ich Sie je auf Belgrave aufgesucht?“
    „Sie sind doch andauernd dort zu Besuch.“
    „Und bekomme Sie zehn Minuten lang zu sehen, fünfzehn, wenn Sie gerade großzügig gestimmt sind.“
    Ungläubig starrte er sie an. „Sie waren zuvorkommender, als Sie noch dachten, ich wäre betrunken.“
    „Sie waren betrunken.“
    „Trotzdem.“ Er neigte den Kopf und drückte die Nasenwurzel zusammen. Verflixt, was sollte er nur unternehmen?
    „Bereitet Ihr Kopf Ihnen wieder Probleme?“, fragte sie.
    Er sah auf.
    „Sie tun das immer …“, sie imitierte seine Geste, „… wenn Sie Kopfschmerzen haben.“
    Während der letzten vierundzwanzig Stunden hatte er das so oft gemacht, dass er eigentlich auch einen blauen Flecken hätte haben müssen. „Ich habe eine ganze Menge Probleme“, sagte er knapp, doch sie wirkte so verletzt, dass er hinzufügte: „Sie meine ich damit aber nicht.“
    Sie öffnete den Mund, enthielt sich aber eines Kommentars.
    Er schwieg ebenfalls. Eine ganze Weile herrschte Stille, und dann sagte sie vorsichtig, beinahe kläglich: „Ich glaube, wir sollten jetzt fahren. Nach Belgrave“, ergänzte sie, als sie seinen Blick auffing.
    „Bestimmt haben Sie dasselbe gedacht wie ich“, fuhr sie fort, „nämlich dass wir einfach irgendwo ins Grüne fahren und uns dort ein, zwei Stunden die Zeit vertreiben könnten, ehe Sie mich nach Hause bringen.“
    Das hatte er tatsächlich. Wenn sie erwischt wurden, wäre das natürlich Gift für ihren guten Ruf, aber irgendwie war das im Augenblick noch seine geringste Sorge.
    „Aber Sie kennen meine Mutter nicht“, fügte sie hinzu. „Nicht so gut wie ich. Sie wird jemanden nach Belgrave schicken. Oder vielleicht selber hinfahren, unter irgendeinem Vorwand. Vermutlich wird sie sich noch ein paar Bücher von Ihrer Großmutter ausleihen. Wenn sie dort ankommt, und ich bin nicht da, wäre das eine Katastrophe.“
    Beinahe hätte er gelacht. Er verkniff es sich nur, weil es wirklich eine bodenlose Beleidigung gewesen wäre, und gewisse ehrenhafte Regungen konnte er einfach nicht aufgeben, selbst wenn rings um ihn die Welt zusammenstürzte.
    Aber wirklich, nach den gestrigen Ereignissen – sein neuer Vetter, der mögliche Verlust seines Titels, seines Heims, vermutlich sogar der Kleider, die er am Leib trug – schienen ihm die Konsequenzen eines heimlichen Schäferstündchens vergleichsweise trivial. Was konnte denn schon

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