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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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durch eine Terrassentür ins Innere traten. Sie kam sich beinahe vor wie eine Diebin, so verstohlen, wie sie herumschlich. Belgrave war auf der Rückseite so ruhig, dass man sich jedes Geräusches, jedes Schrittes bewusst war.
    „In diesem Trakt halte ich mich nur selten auf“, erklärte Thomas.
    „Ich kann gar nicht verstehen, warum nicht.“ Sie sah sich um. Sie hatten einen langen, breiten Korridor betreten, von dem eine Reihe Räume abging. Vor ihr lag befand sich eine Art Studierzimmer, mit einer Wand voller Bücher, die alle ledergebunden waren und nach Wissen rochen. „Wunderbar. So still und friedlich. Diese Räume müssen die Morgensonne abbekommen.“
    „Gehören Sie zu den Unermüdlichen, die immer schon im Morgengrauen aufstehen, Lady Amelia?“
    Er klang so förmlich. Vielleicht lag es daran, dass sie wieder auf Belgrave Castle waren, wo es immer förmlich zuging. Sie fragte sich, ob es schwer war, unbefangen daherzureden, während all die Pracht auf einen herabstarrte. Burges Park war ebenfalls prächtig – das konnte man nicht abstreiten –, aber es war dort doch eine gewisse Wärme zu spüren, die Belgrave abging.
    Vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass sie Burges Park kannte. Sie war dort aufgewachsen, hatte dort gelacht, mit ihren Schwestern herumgetobt, ihre Mutter geärgert. Burges Park war ein Zuhause, Belgrave eher ein Museum.
    Wie tapfer Grace sein musste, jeden Morgen hier aufzuwachen.
    „Lady Amelia“, mahnte Thomas.
    „Ja“, sagte sie abrupt. Sie hatte seine Frage ganz vergessen. „Ja, zu denen gehöre ich tatsächlich. Ich kann nicht schlafen, wenn es hell ist. Im Sommer ist es besonders schwierig.“
    „Und im Winter ist es leicht?“ Er klang amüsiert.
    „Keineswegs. Da ist es noch schlimmer. Ich schlafe dann viel zu viel. Wahrscheinlich sollte ich an den Äquator ziehen, da sind Tag und Nacht das ganze Jahr gleich lang.“
    Neugierig sah er sie an. „Interessieren Sie sich für Geografie?“
    „Ja.“ Amelia schlenderte in das Studierzimmer und ließ die Finger leicht an den Büchern entlanggleiten. Ihr gefiel die Art, wie sich jeder Buchrücken nach außen rundete, sodass ihre Finger an den Büchern eher entlangruckelten als -glitten. „Ich würde mich gern näher damit befassen, ich weiß nicht viel darüber. Unsere Gouvernante hielt Geografie für entbehrlich, und auch meine Eltern fanden sie nicht besonders wichtig.“
    „Wirklich?“
    Er klang interessiert. Das überraschte sie. Trotz aller Annäherung war er immer noch … nun ja, er selbst; sie war es einfach nicht gewohnt, dass er sich für ihre Wünsche und Ideen interessierte.
    „Gesellschaftstanz“, erwiderte sie, denn das würde seine unausgesprochene Frage sicher beantworten. „Zeichnen, Pianoforte, genug Mathematik, um uns das Addieren beizubringen, damit wir die Kosten eines Maskenkostüms zusammenrechnen können.“
    Das entlockte ihm ein Lächeln. „Ist so etwas denn teuer?“
    Sie warf ihm einen koketten Blick zu. „Oh, schrecklich. Wenn wir im Jahr mehr als zwei Maskeraden veranstalten, werde ich Sie in den Ruin stürzen.“
    Mit beinahe reuiger Miene sah er sie an, und dann deutete er auf ein Regal an der hinteren Wand des Studierzimmers. „Die Atlanten sind da drüben, falls Sie Ihrem Interesse nachgehen möchten.“
    Sie lächelte ihn an, ein wenig überrascht und auch erfreut von seiner Geste. Anmutig durchquerte sie den Raum. „Ich dachte, Sie kämen nicht oft in diesen Teil des Hauses.“
    Er grinste, was nicht recht zu seinem blauen Auge passen wollte. „Oft genug, um zu wissen, wo ich einen Atlas finde.“
    Darauf nickte sie und zog wahllos einen hohen, dünnen Band aus dem Regal. Sie sah auf die goldenen Lettern. Atlas über die ganze Welt . Als sie den Band aufschlug, knackte der Rücken. Auf dem Innentitel war die Jahreszahl 1796 vermerkt. Sie fragte sich, wann der Atlas wohl zum letzten Mal geöffnet worden war.
    „Grace mag Atlanten“, sagte sie; der Gedanke war ihr ganz plötzlich gekommen.
    „Ja?“
    Sie hörte ihn näher kommen. „Ja. Ich glaube, sie hat es einmal erwähnt. Oder vielleicht hat es mir auch Elizabeth erzählt. Sie waren schon immer gut befreundet.“ Vorsichtig blätterte Amelia eine Seite um. Das Buch war nicht besonders kostbar, aber etwas an ihm flößte ihr Ehrfurcht und Sorgfalt ein. Auf der neu aufgeschlagenen Doppelseite war eine große, rechteckige Karte zu sehen, mit der Überschrift: Mercator-Projektion unserer Welt, im Jahre des Herrn

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