Verfuehrt zur Liebe
noch nicht begriffen haben.«
Charlie schnaubte. »Wenn das Schweigen am Frühstückstisch heute Morgen etwas war, nach dem man urteilen kann, dann haben das die meisten erkannt - sie vermeiden es nur, darüber nachzudenken.« Nach einem Moment fügte er hinzu: »Nicht jeden Tag nimmt man an einer Hausgesellschaft teil und findet sich in einen Mord verstrickt.«
Simon fuhr über die Auffahrt und blieb vor dem Eingang stehen; ein Pferdeknecht kam gelaufen. Simon warf ihm die Zügel zu und half Portia dann aus der Kutsche. Die ersten der anderen Kutschen trafen langsam ein; Simon wechselte einen Blick mit ihr, dann sah er Charlie an - zusammen gingen sie den Weg in Richtung Wäldchen.
Die Route, die sie und Simon genommen hatten, ehe sie im Haus die Leiche der armen Kitty gefunden hatte ... Portia unterbrach sich selbst. Arme Kitty?
Nach einem Moment hakte sie sich bei Simon unter; er sah sie an, sagte aber nichts. Sie schlenderten unter den Bäumen entlang, Charlie folgte ihnen ebenso gedankenversunken mit etwas Abstand.
In ihrer Empörung darüber, dass ihre Freunde unverdient in Verdacht geraten waren, hatten sie - und- vermutlich auch alle anderen - völlig vergessen, dass Kitty wirklich Mitleid verdiente. Kitty war tot. Sie konnte nicht länger mit einem Mann an ihrer Seite unter den Bäumen spazieren gehen, in seinen Armen aufwachen ...
Sie hatte das alles - und Kitty nichts.
Arme Kitty, wirklich.
»Wir müssen herausfinden, wer der Mörder ist.« Sie schaute auf, sah nach vorne. »Sicher müssen wir doch etwas tun können, um Stokes zu helfen.«
»Können wir das?«, fragte Charlie. »Ich meine ... wird er uns lassen, meinst du?«
»Er war bei der Beerdigung«, warf Simon ein. »Er hat alle beobachtet, aber er vermutet nur, während wir genug wissen, um sicher zu sein.« Er fing Portias Blick auf. »Vielleicht sollten wir unsere Dienste anbieten?«
Sie nickte nachdrücklich. »Auf jeden Fall.«
»Aber bevor wir das tun« - sie waren am Weg zum See angekommen; Charlie trat neben sie - »gehen wir besser wieder zurück zum Haus und lassen uns bei dem Trauerempfang sehen.«
Was sie taten. Der Empfang fand im Salon statt, die Vorhänge vor den hohen Fenstern waren halb zugezogen. Mit einem bedeutungsvollen Nicken zu ihnen beiden begab sich Charlie zu James, der mit einem Glas in der Hand ein wenig abseits stand.
Simon und Portia gingen im Salon auf und ab; nur wenige Gentlemen aus der Nachbarschaft waren nach der Beerdigung nach Glossup Hall gekommen - so bestand die Gesellschaft zum Hauptteil aus den Hausgästen. Portia blieb bei den Hammond-Schwestern stehen, um sich mit ihnen zu unterhalten, da sie niedergeschlagen und lustlos wirkten. Simon ließ sie dort und kam schließlich zu Stokes.
Der »Gentleman von der Bow Street« lehnte an der Wand und verzehrte ein Stück Kuchen. Er schaute Simon an. »Lord Netherfield hat vorgeschlagen, dass ich teilnehme.« Er nahm noch einen Bissen, blickte wieder weg. »Scheint ein netter alter Kauz zu sein.«
»Sehr. Und nein, ich denke nicht, dass er es war.«
Stokes grinste. »Gibt es dafür einen besonderen Grund?«
Seine Hände in die Taschen steckend sah Simon auf die andere Seite des Raumes. »Er gehört zu einem Typ Mensch und einer Generation, in der sich dazu herzugeben, jemanden zu ermorden, der so einflusslos ist wie Kitty - Mrs. Glossup -, als schlechter Stil angesehen würde.«
Stokes kaute seinen Kuchen, dann erkundigte er sich leise: »Ist schlechter Stil< noch von Bedeutung?«
»Nicht für alle, nicht wirklich, aber für alle seiner Art, ja.« Simon erwiderte Stokes’ fragenden Blick. »Für ihn wäre es eine Frage der persönlichen Ehre, und die, das kann ich Ihnen versichern, bedeutet ihm sehr viel.«
Nach einem Augenblick nickte Stokes, zog ein Taschentuch hervor und wischte sich die Finger. Er schaute nicht auf, als er sagte: »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie willens sind ... mir bei meinem Ermittlungen zu helfen?«
Simon zögerte, dann antwortete er: »Vielleicht dabei, gewisse Fakten zu deuten, auf die Sie stoßen, und Dingen, die Sie hören, das angemessene Gewicht zu geben.«
»Ah so.« Stokes’ Lippen kräuselten sich. »Sie sind ein guter Freund von Mr. Glossup, wie ich höre.«
Simon nickte. »Was der Grund ist, weshalb Miss Ashford, Mr. Hastings und mir sehr daran liegt, den Mörder - wer auch immer der wahre Mörder ist - entlarvt zu sehen.« Er blickte Stokes ins Gesicht. »Sie brauchen uns, um überhaupt
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