Verfuehrt zur Liebe
stürmen.
Wütend fauchend ließ Ambrose die Schnur los - brachte sie aus dem Gleichgewicht. Sie stolperte; er fasste das hinuntergerutschte Ende ihres Seidenschals.
Schlang ihn um sie, um ihren Hals.
Sie dachte nicht nach - dazu blieb ihr keine Zeit. Ihr gelang es, eine Hand zwischen die Falten zu schieben, in dem Moment, als er zuziehen wollte. Sie lehnte sich nach vorne zu ihm, schob den Schal gleichzeitig weg und tauchte ab.
Befreite ihren Kopf aus der Schlinge.
Sie kniete nun Ambrose zu Füßen, dicht am Rand des Sees. Stokes kam näher. Ambrose war zu nahe, stand wütend schnaubend über ihr, den Schal in den Händen.
Sie warf sich zur Seite, in den See.
Das schwarze Wasser schloss sich über ihr - das Ufer war steil, unter ihren Füßen spürte sie keinen Grund. Aber das Wasser war kühl, nicht eiskalt, da die Sonne es im langen Sommer gewärmt hatte. Sie musste weder gegen Wellen noch gegen Strömungen kämpfen, sodass es leicht war, an die Oberfläche zu stoßen und zu schwimmen.
Als sie das tat, sah sie Ambroses verdutzte Miene - dann hörte er Stokes. Erkannte ihn, begriff ...
Sein Gesicht verzerrte sich ...
Sie schwamm rasch weiter. Hinter sich hörte sie einen dumpfen Aufprall und einen erstickten Ausruf, als Stokes mit Ambrose zusammenstieß. So gut ihre Röcke es ihr erlaubten, schwamm sie weiter vom Ufer weg, drehte sich erst wieder um, als sie in sicherem Abstand von den beiden war.
Charlie eilte hinzu. Henry kam ebenfalls, um zu helfen. Simon war auf dem Weg gewesen, die anderen zu unterstützen, war aber am Seeufer stehen geblieben, das ihr am nächsten war. Jetzt wartete er dort, beobachtete alles, bereit, jederzeit einzugreifen ...
Sobald er bei Stokes und Ambrose angekommen war, mischte Charlie sich ein, versuchte Stokes zu helfen, den sich wehrenden Ambrose festzuhalten. Der kämpfte wie ein Wahnsinniger, riss sich los.
Und sprang in den See.
Ihr Herz machte einen Satz, und Portia wandte sich ab, um zu Simon zu schwimmen.
Sie sah Simon, doch der machte keine Anstalten, ins Wasser zu springen.
Hinter sich hörte sie Platschen - das war zu viel Wasserplatschen, oder? - und blickte zurück.
Und erkannte wie all die anderen, dass Ambrose angenommen hatte, der See sei nur zur Zier und nicht viele Meter tief.
Er konnte nicht schwimmen, oder wenigstens nicht gut genug.
Innerhalb weniger Züge geriet er in Schwierigkeiten, drohte unterzugehen.
Sie ließ sich treiben, schaute zu, wie Ambrose, der nun in Panik war und wild um sich schlug, sank.
Wasserspuckend kam er wieder hoch. »Hilfe! Ich ertrinke, ihr Schweine! Helft mir!«
»Warum sollten wir?«, wollte Stokes wissen.
»Weil ich ertrinke - ich werde sterben.«
»So, wie ich die Sache sehe, wäre das gar nicht so schlimm. Es spart uns jedenfalls eine Menge Ärger.«
Erstaunt blickte Portia zu Stokes. Das ging so nicht - es musste allgemein bekannt werden, dass Ambrose der Mörder war ...
Aber Stokes kannte seine Pappenheimer.
Ambrose ging erneut unter, tauchte wieder auf und japste: »Gut. Ist ja gut! Ja, ich war es. Ich habe die kleine Schlampe erdrosselt!«
»Sie meinen Mrs. Glossup, nehme ich an?«
»Ja, verdammt!« Ambrose schrie inzwischen aus Leibeskräften. »Jetzt holen Sie mich raus!«
Stokes schaute zu Charlie, dann zu Henry, der verblüfft näher gekommen war. »Haben Sie es gehört?«
Charlie nickte; als Henry begriffen hatte, dass Stokes ihn auch gemeint hatte, nickte er ebenfalls.
»Gut.« Stokes blickte zu Ambrose. »Ich kann auch nicht schwimmen. Wie holen wir ihn raus?«
Vom Wasser aus rief Portia: »Nehmen Sie meinen Schal.« Er lag auf der Erde, wo Ambrose ihn hatte fallen lassen. »Drehen Sie ihn zu einer Schnur und verknoten Sie auch die Fransen -dann müsste es reichen. Es ist Seide - wenn sie nicht eingerissen ist, wird es halten.«
Sie wartete, beobachtete, wie sie ihren Anweisungen folgten, hörte vom Ufer ein Stück hinter sich die geknurrten Worte: »Denk nicht einmal daran, ihm zu Hilfe zu kommen.«
Zum ersten Mal seit Stunden musste sie fast lachen.
Glücklicherweise beruhigte sich Ambrose, da Rettung in Sicht war, so weit, dass er sich notdürftig über Wasser halten konnte, bis ihm der Schal zugeworfen wurde.
Er griff danach, bekam die verknoteten Fransen zu fassen und hielt sich fest. Sein wiederholtes Untergehen und seine Todesangst hatten allen Kampfeswillen in ihm erstickt. Als er zitternd an Land gezogen wurde, wandte Portia sich ab und schwamm zum nahen Ufer.
Wo Simon
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