Verfuehrt zur Liebe
Blick auf den Boden gerichtet, seine Miene war ernst. Er dachte über das nach, was sie gesagt hatte.
Nach einem Moment merkte er, dass sie ihn anschaute, und sah auf, erst zu ihr, dann auf den sorgfältig gestutzten Rasen vor ihnen. »Ich glaube, du hast Recht. Ohne Vertrauen ... kann es nicht gehen. Nicht für uns - Menschen wie uns. Nicht bei der Art Ehe, wie du - oder ich - sie aushalten könnten.«
Wenn jemand selbst noch vor einer Woche behauptet hätte, sie würde so ein Gespräch über dieses Thema mit Simon führen, hätte sie sich vor Lachen ausgeschüttet. Doch jetzt schien es vollkommen richtig. Sie hatte lernen wollen, was zwischen einem Mann und einer Frau war, besonders in Bezug auf die Ehe. Das Gebiet ihrer Studien hatte sich ungeahnt verbreitert.
Vertrauen. Die Ehe drehte sich weitestgehend darum.
Vertrauen befand sich auch im Mittelpunkt dessen, was zwischen ihr und Simon entstand; das war nicht Vertrauen an sich, aber was es auch war, es war gewachsen - vermutlich konnte es nur wachsen, weil sie einander bereits vertrauten -, unbewusst und ungeprüft.
»Sie - Kitty - wird nie finden, was sie sich wünscht.« Plötzlich wusste sie das vollkommen zweifelsfrei. »Sie sucht nach etwas, aber sie möchte es erst haben und dann entscheiden, ob sie den Preis zahlen will. Aber bei dem, was sie will, spannt sie den Wagen vor das Pferd.«
Simon dachte nach, nicht nur über ihre Worte, sondern über das, was es bedeutete; er spürte ihren Blick und nickte. Er verstand sie, nicht so sehr Kitty, aber was Portia sagte. Sie war es, die seine Gedanken beherrschte, in seine Träume drang.
Ihre Vorstellung von Ehe war ihm überaus wichtig. Und was sie sagte, stimmte - Vertrauen kam an erster Stelle. Der ganze Rest, alles, was er von ihr wollte, was er sich wünschte, dass sie es auch von ihm wollte, das alles wurde erst jetzt klar - es war wie ein Baum, der groß und stark werden konnte, fest verwurzelt und mit sicherem Stand, wenn er in Vertrauen gepflanzt war.
Er schaute sie an, wie sie in Gedanken versunken neben ihm schritt. Er vertraute ihr vollkommen und absolut, viel mehr, als er irgendeiner anderen Seele vertraute. Es war nicht nur Vertrautheit, das Wissen, dass er sich auf sie verlassen konnte, dass er sich immer darüber im Klaren war, was sie dachte, wie sie reagieren würde, wie sie sich benehmen würde. Was sie fühlen würde.
Das Wissen, dass sie ihn nie wissentlich verletzen würde.
Sie würde sein Selbstbewusstsein ohne Gewissensbisse ins Wanken bringen, ihm widersprechen, ihn ärgern, mit ihm streiten, aber sie würde ihm nie ernsthaft schaden - das hatte sie schon bewiesen.
Er holte tief Luft, schaute nach vorne und war sich mit einem Mal bewusst, wie kostbar so ein Vertrauen war.
Vertraute sie ihm? Sie musste es bis zu einem gewissen Grade, aber wie weit genau, konnte er nicht sicher sagen.
Die Überlegung war müßig. Falls ... wenn er sich so weit durchsetzte, dass sie ihm weit genug traute, würde dieses Vertrauen es überstehen, wenn sie später herausfand, dass er nicht vollkommen aufrichtig mit ihr gewesen war?
Würde sie verstehen, warum er das getan hatte? Genug, um Nachsicht walten zu lassen?
Für ihn war sie wie ein aufgeschlagenes Buch; sie war - und war es immer schon gewesen - zu direkt, zu selbstbewusst und sich ihrer Stellung, ihrer Fähigkeiten zu sicher und zu willensstark, um sich mit Täuschung abzugeben. Es war schlicht nicht ihre Art.
Er wusste genau, wonach sie suchte, was sie durch ihre Zusammenarbeit mit ihm erlangen wollte. Das Eine, was er nicht wusste, war, wie sie reagieren würde, wenn sie erkannte, dass zusätzlich zu dem, was sie wollte, er fest entschlossen war, ihr noch eine Menge mehr zu geben.
Würde sie glauben, dass er sie in die Falle zu locken versucht hatte, ihr Verantwortung aufzubürden, sie einzuengen ... oder gar einzusperren? Und entsprechend reagieren?
Trotz allem, was er über sie wusste - oder besser, wegen all dessen -, war das unmöglich für ihn vorauszusagen.
Sie kamen an einen langen, mit Glyzinien überwachsenen Gang, der zum Haus zurückführte. Schweigend nebeneinander hergehend schlugen sie den Weg unter den Holzbögen ein. Portia verlangsamte ihre Schritte.
»Oh je.«
Er folgte ihrem Blick zu dem angrenzenden Rasenstück. Kitty stand in der Mitte einer Gruppe Offiziere und junger Gecken, ein Glas in der Hand, Lachen perlte von ihren Lippen. Sie redete, gestikulierte und war allgemein übertrieben fröhlich; man konnte
Weitere Kostenlose Bücher