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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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sich einen Ruck und trank sie in einem Schluck leer. Anschließend wischte er sich über den Mund.
    »An Ihrer Stelle würde ich die alte Via Flaminia und, von Rom aus, die Via Appia auf gar keinen Fall nach Neapel nehmen.«

    Manchmal kamen Giacomo die Soldaten in der Feste Santa Maria wie Bienen in einem Bienenkorb vor. Trotz des eintönigen, langweiligen Tagesverlaufs schien eine ständige Ruhelosigkeit um sie zu sein, ein beunruhigtes Summen, das sich mit jedem Tag verstärkte. Umso merkwürdiger erschienen ihm zwei Gestalten, die sich ihm mit betonter Langeweile näherten. Der eine war Sergio, der einzige unter den Soldaten, der genau seine, Giacomos, Größe hatte. Sein Begleiter, den er nicht kannte, war sogar noch eine Handbreit größer und damit sicher der Längste im Lager. Bepe fiel ihm sofort ein, und er wünschte sich, er hätte nicht so lange gewartet, seine Flucht in die Tat umzusetzen.
    Als sie ihn ganz nebenbei fragten, ob er sie zu den Latrinen begleiten und auf dem Weg dahin noch eine seiner Geschichten zum Besten geben wolle, wusste er, dass der Vorschlag schlecht abzulehnen war. Er versuchte, sich damit zu beruhigen, dass die beiden am helllichten Tag und bei all den Zeugen, die ständig um die Latrinen schwirrten, nicht gleich einen Mordplan umsetzen konnten.
    Während er eine seiner beliebten Märchen über Ancilla, der wohl berühmtesten Kurtisane Venedigs, erzählte, weil er nicht auf ihren Wunsch eingehen wollte, mehr über Donna Giulia zu erzählen, zermarterte er sich den Kopf über das, was sie planten und wie er dem begegnen konnte.
    Ganz gleich, er musste sich etwas einfallen lassen. Auf der Latrine sah er keine Möglichkeit zur Flucht und schlug vor, zum Stall zu gehen, wo es wenigstens Pferde gab. Ihm sei gerade noch eine schöne Geschichte aus Venedig eingefallen, die er ihnen auf dem Weg dorthin erzählen würde, versprach er den beiden, ein berühmt-berüchtigter Skandal.
    »Ein Onkel meines Vormunds hatte fünfzigsten Geburtstag. Er war Senator, eitel von der Haarspitze bis zur Schuhsohle. Es wurde viel geredet, viel übertrieben. Der Höhepunkt des Festes war aber die Aussage dieses Senators, er habe bestimmt hundert Ehemännern Hörner aufgesetzt, worauf alle staunend, aber etwas betreten zu seiner Frau schauten. Die wirkte keinesfalls beeindruckt und sagte ganz trocken: Da kann ich nicht mithalten, schließlich habe ich nur einen Ehemann, bei dem ich das tun konnte! Prompt hatte sie die Lacher auf ihrer Seite.«
    Die zwei brauchten einen Moment, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus. In diesem Moment hatte Giacomo endlich eine Idee, wie er sich aus seiner schwierigen Situation befreien konnte. Eines der größten und stärksten Laster der Menschheit war die Gier. Gier nach Essen, Gier nach Körpern, Gier nach Gewalt, alles nutzlos gerade jetzt, aber da gab es auch noch die Gier nach …
    Geld. Die Gier nach Geld, dachte Giacomo und bemühte sich sehr, nicht tief einzuatmen, war im Zweifelsfall immer noch am stärksten, aber er brauchte auch Glück. Und ein Zufall musste ihm in die Hände spielen, was eventuell im Stall möglich war. Er hatte schon so oft Dinge erfunden, die geglaubt wurden, so unwahrscheinlich sie auch klangen. Warum nicht hier, nicht jetzt.
    »Ihr seht mir so aus, als ließe sich mit euch etwas umsetzen, für das ich bisher noch keine Möglichkeit gesehen habe.«
    Der stumpfe Blick der beiden hatte sich nicht geändert, wenn auch etwas Aufmerksamkeit aufzuflackern schien.
    »Man sieht gleich, dass ihr kräftiger seid als die anderen Zwerge hier, und ohne Muskelkraft wäre da nichts zu machen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Habt ihr euch noch nie gefragt, warum ich niemandem erzählt habe, was ich von der Contessa weiß?«
    Ihren Augen war durchaus anzusehen, dass sie sich sehr wohl diese Frage gestellt hatten, aber noch waren sie nicht genügend abgelenkt, um sich auf andere Dinge als auf ihren Auftrag zu konzentrieren.
    »Gold, und nicht gerade wenig. Die Dame ist wahrlich mit Schätzen gesegnet. Das würde für jeden von uns dreien reichen, wenn ihr mir helft.«
    »Schneiden Sie nicht so auf. Woher wollen Sie wissen, wo die Contessa ihr Gold versteckt hat?«
    »In schwachen Stunden spricht eine Frau von so manchem. Und neigt dazu, vergesslich zu sein.«
    »Die reichen Leute, die kriegen ihr Geld doch von ihren Bankiers«, meinte der zweite Soldat misstrauisch. »Und sie zahlen ihren Bediensteten nur einmal im Jahr Sold. Das weiß ich, weil mein

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