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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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erbosten Blick zu, doch er nahm den Brief entgegen und stapfte mit ihm davon ins Innere des Palazzo. Sie wollte ihr Glück nicht überreizen und suchte das Weite, zumal ihr Streit mit dem Pförtner Petronio die Möglichkeit gegeben hatte, sich durch das Portal zu schmuggeln, wie sie es verabredet hatten.
    Im Brief hatte sie versucht, so genau wie möglich den hochmütigen Ton der Contessa zu imitieren, und Caffarelli mehr befohlen als gebeten, ihr nach dem Empfang am heutigen Abend zur Verfügung zu stehen. Für einen einfachen Mann aus Bari sei es ein Privileg, ihr in jeder Weise zu Diensten zu sein. Wenn der Pförtner ihm außerdem noch von der Drohung gegen die nächste Aufführung berichtete, dann sollte das genügen, um einen stolzen Kastraten wie Caffarelli zur Weißglut zu bringen.
    In der Stunde, bis Petronio wieder im Palazzo des Herzogs auftauchte, hatte Calori viel Zeit, sich auszumalen, was alles schiefgehen konnte, angefangen damit, dass die Contessa schneller gewesen und Caffarelli vorher eine Botschaft gesandt hatte, eine echte. Es endete damit, dass Petronio dabei erwischt wurde, einen der Überröcke von Caffarellis Lakaien zu entwenden. Sie hätte ihn am liebsten gar nicht eingeweiht, aber die Gefahr, von Mitgliedern des Haushalts der Contessa erkannt zu werden, war bei ihr einfach zu groß, ganz gleich, ob sie als Mann oder Frau dort auftauchte; daher war es an Petronio, einen Diener aus dem Haushalt Caffarellis zu verkörpern und seinerseits eine Botschaft zu übergeben.
    Maria hatte geschworen, dass die Contessa Caffarelli noch nie begegnet sei, und Calori konnte nur hoffen, dass die Zofe sich nicht irrte. Dagegen war sich Maria sicher, dass der Herzog und die Contessa zwar nicht Freunde, aber sehr wohl alte Bekannte waren, und auch das war für das Gelingen von Caloris Plan sehr wichtig. In dem zweiten gefälschten Brief, der an die Contessa ging, ließ sie Caffarelli prahlen, der Herzog habe ihm erzählt, was für eine allgemein zugängliche Dame sie doch sei, wie bedürftig nach ungewöhnlichen Erfahrungen, und wenn sie sich sehr um ihn bemühe, dann sei er geneigt, sich mit ihr nach dem Empfang den Rest der Nacht zu verkürzen.
    »Dieser Ton wird sie wünschen lassen, er sei nicht schon kastriert«, sagte Maria und begann, Caloris Haar für den Abend einzudrehen. »Aber ist es denn dann nicht erst recht besser, wenn Sie heute Abend auf Ihrem Zimmer bleiben? Am Ende lenkt Ihr Anblick die beiden davon ab, sich gegenseitig zu zerfleischen, und dann war Ihr ganzer Plan umsonst.«
    »Du vergisst den Herzog, und wie wichtig es ist, keine Angst zu zeigen. Niemandem gegenüber. Der Plan ist dazu da, die Gefahr für mich zu verringern. Aus der Welt schaffen kann er sie nicht. Außerdem …« Calori schenkte Maria im Spiegel ein kleines Lächeln, das wesentlich tapferer war, als sie sich fühlte. »… habe ich Caffarelli noch nie singen gehört. Wie könnte ich da nicht neugierig sein?«
    »Sie werden ihn auch nie hören, wenn alles entdeckt wird und wir alle hinausgeworfen werden und auf der Straße landen«, gab Maria zurück und flocht ein rotes Seidenband in Caloris Haare.
    »Maria, wer in einer Welt voller Katzen immer nur die Maus spielt und sich ins nächste Loch verkriecht, wird früher oder später gefressen.«
    »Und wenn man versucht, selbst eine Katze zu sein, ohne die Krallen einer Katze zu haben, wird man ebenfalls gefressen«, entgegnete das Mädchen.
    »Ich weiß nicht, ob ich die Krallen habe, aber ich bin schon immer gut darin, so zu tun, als ob, und das ist das Nächstbeste.«
    Trotzdem waren ihre Knie weich, bis Petronio zurückkehrte und triumphierend erklärte, die Contessa sei bereits mitten in den Vorbereitungen für den Empfang gewesen, habe sich aber dennoch die Zeit genommen, den angeblichen Brief Caffarellis persönlich entgegenzunehmen.
    »Du hast ihn ihr selbst übergeben?«, fragte Calori entgeistert. »Aber Petronio, das solltest du nicht! Ihrem Haushofmeister solltest du ihn übergeben. Was, wenn sie ihre Wut gleich an dir ausgelassen hätte?«
    »Das hat sie aber nicht. Ich bin hier. Außerdem war sie nicht wütend. Sie ist nur sehr still geworden, und dann hat sie gesagt, ›Gut, ich werde deinem Herrn meine Antwort persönlich geben‹, und hat mich fortgeschickt.«
    »Das sieht Donna Giulia aber überhaupt nicht ähnlich«, warf Maria beunruhigt ein. »Sie hätte dir wenigstens ins Gesicht schlagen müssen. So hat sie es bisher immer gehalten, wenn jemand ihr

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