Verfuehrung auf Probe
nicht begreifen oder willst du nicht?“
„Also, erstens haben wir doch schon vereinbart, was du ihnen erzählst: du und ich, wir sind ein Paar. Zweitens finde ich deinen Job nicht verwerflich. Was Isabelle und ich tun, das ist viel anrüchiger.“
Das sehe ich genauso, hilft mir aber auch nicht aus dem Schlamassel. „Und was erzähle ich meiner Mutter in der nächsten Woche, wenn wir nicht mehr zusammenarbeiten? Du hättest mich verlassen?“
„Ich an deiner Stelle würde ihnen erzählen, dass du mich wegen meiner anrüchigen Arbeit zum Mond geschossen hast.“
Damit könnte ich leben, wenngleich mir lieber wäre, wenn wir wirklich ein Paar wären und wir beide unsere Tätigkeitsfelder ein wenig verlagern würden. Aber das kann ich mir nach seiner Rede wohl ganz abschminken. Er hängt immer noch an Isabelle, trotz ihrer Vorstellung im Club. Mir kommt allerdings eine Idee. „Könnte die Zeitung nicht eine Gegendarstellung bringen?“
„Wie stellst du dir das vor?“ Eric schlürft seinen Café. Wie er so dasitzt, die Tasse mit beiden Händen umfassend, sieht er so umwerfend süß aus, dass ich aufpassen muss, dass ich meinen Kummer nicht auf die leichte Schulter nehme.
„Ich meine, d ass sie drucken sollen, was du gesagt hast: Wir wären ein Paar.“
Der Bistro-Stuhl macht ein schabendes Geräusch, als Eric aufsteht. „Das werden sie nicht tun. Und wenn, dann wäre es ein Zweizeiler, den ohnehin kein Mensch liest. Außerdem stimmt es nicht.“
Natürlich nicht. Wir sind kein Paar. Hatte ich das etwa schon geglaubt? „Ich dachte nicht an eine Richtigstellung, sondern an einen richtigen Artikel.“ So schnell lasse ich mich nicht abwimmeln. Außerdem gefällt mir die Vorstellung von der Schlagzeile: Journalisten irren – Cheval und Schöne in Wirklichkeit ein Liebespaar. Nicolette Poison studiert französische Geschichte. Ihr angeblicher Job als Escort-Lady ist nur ein böses Gerücht. Stattdessen bewegt Poison den in Liebe entbrannten Cheval, in Zukunft Krankenhäuser für Flüchtlingskinder in Afrika zu errichten. Das wäre doch fast wie eine Hochzeit.
Eric räumt den Tisch ab.
„Oder willst du keine Richtigstellung? Hast du Vorteile von den schlechten Nachrichten, nach dem Motto: Besser miese Schlagzeilen als gar keine. Soll ich nur im Geheimen erzählen, was angeblich richtig ist?“
„Blödsinn. Wolltest du nicht telefonieren?“
„Du hast Angst vor Isabelles Reaktion,“ ich schlage mir an die Stirn, „das ist es! Aber das ist Quatsch. Je echter unsere Beziehung wirkt, desto eifersüchtiger wird sie, desto mehr begehrt sie dich. Das hat man gestern ganz eindeutig gesehen.“
„Gestern das war etwas anderes“, Eric steht in der Tür, „ meinst du, wir könnten nachher mal eine Unterrichtsstunde einschieben? Bist du dazu in der Lage? Natürlich nach deinen Telefonaten.“
„Natürlich “, entgegne ich giftig. „Ich bin ein Profi. Wann?“
„Ruf mich über das Haustelefon an, wenn du soweit bist. Ich bin oben.“
Eric verschwindet in der Wand. Ich nehme den Aufzug.
Im Grunde kann man sich keinen besseren Auftraggeber wünschen. Eric zahlt unglaublich gut, ist äußerst sympathisch und hilfsbereit, er lässt mir viele Freiheiten. Auf der Negativliste steht einfach nur seine fixe Idee, sich eine BDSM-Lady zu krallen. Ach, ja, heiraten will er sie auch noch. Das hätte ich beinahe vergessen. Na ja, vermutlich habe ich diesen Teil seines Planes abgehakt, weil er sowieso nicht klappt und ich die Erfolgsprämie bereits abgeschrieben habe. Ach Mann, alles könnte so schön sein, wenn da nur die Sache mit dem Zeitungsartikel nicht wäre.
Als ich mein Zimmer betrete, fällt mir sofort die schwarze Lederaktenmappe auf, die auf dem Sekretär liegt. Der Vorvertrag. Dass er da liegt, zeigt mir, dass Eric zu seinem Wort steht. Bei all der Aufregung wegen des Zeitungartikels und des Schmucks, hatte ich daran schon gar nicht mehr gedacht. Nicht dass diese Vergesslichkeit noch zur Marotte wird. Oder in Wirklichkeit die ersten Vorboten von Alzheimer sind. Zumindest könnte es mir passieren, dass ich Monsieur Tintin verhungern lassen, wenn der jetzt immer so still und leise ist.
„Was ist denn mit dir los, Tintin? Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Vorsichtig stecke ich einen Finger in den Käfig, bereit ihn beim ersten Anzeichen eines Angriffs zurückzuziehen und somit vor den Bissen des gefiederten Sadisten zu retten. Doch Monsieur hüpft ganz friedlich über seine Lieblingsstange und
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